Angst

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Kapitel 17

Violets Herz fing an sich zu beruhigen, obwohl es dafür keinen Grund gab und für den Hauch einer Sekunde kämpfte sich ihr Temperament an die Oberfläche und sie öffnete dummerweise den Mund. Nur um ihn unverrichteter Dinge wieder zu schließen. Sie war froh aus diesem Gebäude heraus zu sein, aber wie schon an den Abend davor, drehte sich ihr Kopf und sie würde alles dafür geben, dass es in ihrem Hirn leiser wurde. Aber das, was sie erfahren hatte einfach zu ignorieren, half nicht. Nicht wenn das, was sie sich bei dem Gespräch zwischen Nicolas und Margareta zusammengereimt hatte, stimmten könnte.

„Ihr tötet Geborene", begann sie, als sie bereits einige Minuten im Wagen saßen und Nicolas seine Finger so fest um das Lenkrad legte, dass seine Knöchel weiß hervortraten. Er wartete so lange mit einer Erwiderung, dass sie kurz glaubte, er würde wieder in dieses nervige Schweigen verfallen aber das tat er nicht.

„Ja. Das ist das Einzige, worin sich die Protektoren auf der ganzen Welt einig sind. Wenn man einen Geborenen findet und dazu fähig ist ihn zu beseitigen, tut man es. Wenn nicht, geht man zu jemanden der es kann. Wenn man es nicht tut, verliert man seinen eigenen Kopf. Also ja, wir töten Geborene."

„Ich bin eine Geborene."

Das Schweigen dauerte länger. Er wand sich innerlich, bevor er antwortete.

„Nicht so. Du bist", er zögerte. „Deine Eltern sind Menschen. In deinem ganzen Stammbaum gibt es keinen Vampir. Du bist...ein Chance."

Sie hatte keine Ahnung, was er damit meinte, aber die Richtung in die das ging, gefiel ihr nicht. „Und die anderen Geborenen?"

„Überbleibsel aus einer anderen Zeit. Keiner von den Wenigen, die noch da sind, ist jünger als zweitausend Jahre. Und die noch viel Wenigeren, die es sind, wurden von diesen Fossilien erzogen und quasi bereits von Anfang an korrumpiert. Es werden keine mehr geboren. Dachten wir zumindest." Violet ließ sich tiefer in den Sitz sinken und wurde sich schmerzlich darüber bewusst, dass sie mitten in eine Fehde geraten war, die seit zweitausend Jahren anhielt. Und das ihre Seite, die Seite der Geborenen, dabei war zu verlieren. Offensichtlich.

Margareta hatte gemeint, Geborene wären einfach zu töten und Nicolas hat gerade bestätigt, das es nicht mehr viele gab. Also starben sie aus, diese Überbleibsel.

„Keine Häppchen, Nicolas. Ich habe genug von Halbwahrheiten und Anspielungen. Warum hasst ihr Erschaffenen die Geborenen? Was ist passiert und nur um es sehr deutlich zu machen: Diese Erklärung wird mir auch sagen, was zum Teufel du von mir willst!" Denn das er etwas wollte stand außer Frage. Er hatte sie sicher nicht aus reiner Liebenswürdigkeit aufgenommen und auch nicht aus Mitleid. Mit diesem Geborenen von letzter Nacht hatte er auch kein Mitleid gehabt.

Nicolas hielt vor der Gasse, kam um den Wagen herum und hielt ihr die Tür auf noch bevor Violet es geschafft hatte den Gurt zu öffnen. Er trat nicht zurück als sie ausstieg, was sie das zwang den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm trotzig ins Gesicht zu sehen. Sie würde sich nicht einschüchtern lassen und weiterhin fordern was ihr zustand. Eine verdamme Antwort. Als sie sich kennenlernten hatten, er sie gehasst. Sie wusste es. Hatte es gespürt als würde man mit einem Schild vor ihrer Nase herumwedelte und nun glaubte sie auch den Grund dafür zu kennen.

„Du bist nicht in der Position um Forderungen zu stellen, Violet", sagte er geduldig, aber so schneidend als hätte er eine Klinge über ihre Haut gezogen. Sein Arm legte sich auf das Autodach direkt neben ihrem Kopf und er beugte sich zu ihr herunter.

„Du irrst dich. Ich habe nichts zu verlieren. Denn so wie es aussieht, bin ich sowieso schon so gut wie tot."

„Ich habe nicht vor dir etwas anzutun. Zumindest nicht wenn du dich benimmst."

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt