Geschwister

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Kapitel 10

Auf Nicolas zu fallen wäre keine große Sache gewesen. Aber der große, harte Körper unter ihr gehörte nicht ihm. Er roch nicht nach ihm und er hatte auch nicht seine Statur. Nicolas Brust, seine hochgewachsene, sehnige Gestalt mit den fein definierten Muskeln und den breiten Schultern würde sie überall wieder erkennen. Dieser hier gehörte nicht ihm. Der Körper unter ihr war... wuchtiger. Ein anderes Wort fiel ihr dazu nicht ein. Sie hob den Kopf, strich sich ihre langen, schwarzen Haare beiseite die ihr die Sicht versperrten und betrachtete den Mann, den sie sich als Fallunterlage ausgesucht hatte.
Breite Schultern, ein mächtiger Brustkorb und Oberarme so dick wie Baumstämme. Ein wahrer Hüne von einem Mann. Mit so vielen Muskeln bepackt,dass es einfach schon wieder zu viel des Guten war.
„He, Babe. Das ist nicht wonach es aussieht", erklang ein tiefer Tenor aus diesem mächtigen Lungen und Violet hob den Kopf weiter, bis sie sein Gesicht sah oder besser sein Profil. Denn der Mann sah sie nicht an. Seine Aufmerksamkeit lag auf etwas anderes.
Violet folgte den Blick des Hünen und sah als erstes zarte Fußknöchel in wirklich hübschen Ballerinas. Schlanke, lange Beine, den Saum eines femininen Rockes, der so eng saß, dass sie ihre schmalen Hüften und ihren schmalen Körperbau betonten und ...wow. So viel Oberweite bei einer so schmächtigen Figur war definitiv nicht gesund. Sie könnte Violets Körbchengröße haben. Aber in Gegensatz zu dieser Frau hatte Violet die dazu passenden breiten Hüften, die ihr zusammen die Sanduhrenfigur gaben, die heutzutage nicht mehr all zu schick war. Heute musste alles dünn sein. Alles und auch wenn Violet niemals dick, nicht mal mollig gewesen war, war sie dennoch zu viel für die heutige Modeindustrie. Diese Frau nicht. Sie war perfekt. Selbst ihr Gesicht war wunderschön.
In perfekter Symmetrie mit warmen, braunen leicht schräg stehenden Augen und einen kurzen raffinierten Haarschnitt der ihre Wangenknochen betonte.
„Es sieht so aus, als wäre das Malus wieder aufgetaucht und wäre mit Nicolas kleinem Findling auf Tuchfüllung gegangen. Und als Nicolas das kleine Techtelmechtel unterbunden hat, ist sie panisch auf dich drauf gefallen", meinte die Frau nur und der Mann unter Violet stöhnte resigniert.
„Okay. Dann ist es doch das wonach es aussieht."
Die Frau lächelte sarkastisch und blickte dann Violet direkt zu Violet.
„Hi. Ich bin Sofia und ich will wirklich nicht unhöflich sein, aber wärst du bitte so gut von meinem Gefährten herunterzusteigen? Danke", sagte sie in einer Stimmlage, die so eiskalt war, dass Violet dachte Sofia würde gleich auf sie losgehen, wenn sie nicht sofort tat was diese ihr aufgetragen hatte.
Zu ihrem Glück,schlang sich da auch schon ein Arm um ihre Taille und hob sie mühelos von dem Mann herunter, als wäre sie nur so schwer wie eine Puppe. Uund als sie nun einen männlichen, harten Körper an ihren Körper spürte, wusste sie sofort das es Nicolas war.
Noch immer verwirrt und definitiv zu wacklig auf den Beinen um sich selbst halten zu können, klammerte sie sich an Nicolas Hemd fest und war froh , als er auch keine Anstalten machte sie wieder loszulassen. Kurz rief sich Violet ins Gedächtnis, dass sie sich nicht so an ihn heranmachen sollte und dass es ihr schon gar nicht so gut gefallen sollte. Aber sie vertrieb den Gedanken mit den Argumenten, dass sie nicht stehen konnte, dass sie am ganzen Leib zitterte und der Nachhall der Schreie in ihren Kopf sie definitiv verstört hatte.
Dann fiel ihr der Grund für ihre missliche Lage wieder ein und sie linste an Nicolas hochgewachsenen Gestalt vorbei in Richtung der Wand, wo das Buch hätte sein sollen.
„Es ist weg!", rief sie geradezu panisch aus und widerstand dem Bedürfnis an Nicolas hoch zu klettern oder auf das Sofa zu springen, um einen möglichen weiteren Angriff zu entgehen.
„Ach Mist. Wo ist das Ding hin?", fragte der Mann auf den Boden, der dabei war sich wieder aufzurichten. Er war riesig. Eine Berg, mit Schultern so breit wie ein Türrahmen und einen Körper von dem jeder Bodybilder nur träumen konnte. Sie hätte nie geglaubt, dass sie jemals noch einen Mann begegnen würde der so groß und einschüchternd war wie Nicolas. Aber hier stand er und in Gegensatz zu dem Mann, der sie festhielt, hatte dieser Riese ein offenes und freundliches Gesicht. Es wirkte sogar etwas jungenhaft als er sich mit der Hand durch die kurzen blonden Locken fuhr und mit gerunzelter Stirn da hinsah, wo Violet gerade noch hingesehen hatte, bevor sie begonnen hatte ihn anzustarren.
„He. Würdest du bitte aufhören ihn anzustarren? Er ist mein Gefährte, also so etwas wie mein Ehemann und damit vergeben!", fauchte Sofia und Violet blinzelte einige Mal und sah dann tatsächlich weg. Nicht, weil sie es ihr gesagt hatte, sondern weil sie ihn wirklich nicht anstarren wollte. Die Männer aber schien die gesamte Thematik ziemlich egal zu sein. Selbst Nicolas ignorierte sie und besah sich stattdessen die Stelle wo das Buch gerade noch gelegen hatte.
„Wahrscheinlich wieder verschwunden", sprach der Hühne das offensichtliche aus. Seine Frau verdrehte ihre Augen und massierte sich die Schläfen.
„Oh, ja. Ganz fantastisch. Das fehlte noch zu unserem Glück. Und darum, liebe Violet, fasst man keine DeuxMacinas an, denn man weiß nie ob sie dich grillen, vergewaltigen oder einfach nur ein Spieleabend mit dir machen wollen."
„Sofia!", fuhr Nicolas sie an. Wahrscheinlich ging ihm ihre Tonlage genauso auf die Nerven wie Violet , aber sie schien gar nicht anders zu können.
„Was denn? Ich weiß das kommt auf der Liste deiner Lektionen erst auf den hinteren Plätzen. Aber ich bin der Meinung man sollte jeden Unsterblichen gleich bei seinem erwachen sagen: Du nix anfassen DeuxMachinas . Das hätte allen eine ganze Reihe Aufregung erspart und den ein oder anderen Krieg verhindert. Wie hast du es überhaupt geschafft, dass sie nicht aussieht wie meine Großmutter Trudi nach ihrer Entschlackungskur?"
Violet runzelte die Stirn und sah Sofia wütend an, ohne zu wissen, was sie damit meinte. Die Frau lächelte boshaft und gab ein schlürfendes Geräusch von sich.
„Es saugt dich aus, meine Liebe. Dein Leben, deine Unsterblichkeit, einfach alles. Aber keine Sorge, du bist jetzt ein Vampir und das bedeutet dass dies nur eines von Milliarden von grausigen Dingen ist, die dich töten können." Violet starrte auf ihre Hand und sah winzige Fältchen auf ihren ihrer sonst so makellos jungen und glatten Haut. Falten, die allerdings dabei waren zu verblassen.
„Sofia. Es reicht. Du hast viel zu viel Spaß an der ganzen Situation." Bemerkte Nicolas, wagte es Violet loszulassen und sah sich im Zimmer um, wie es der Hüne schon eine Weile tat.
„Spielverderber. Lass mich doch ein wenig meinem Vergnügen frönen, ist ja nicht so als würdest du jeden Tag einen Streuner aufnehmen." Mit diesen Worten trat sie direkt vor Violet. Sofia war einen Kopf kleiner als sie und wie schon vermutet wesentlich schmaler. Es war ein wenig irritierend, wenn man bedachte wie ihr Ehemann gebaut war. Sie fragte sich wie die beiden das mit dem Sex hinbekamen, würde sich aber lieber die Zunge abbeißen, als ihr diese Frage laut zu stellen. Hemmungen, die Sofia definitiv nicht hatte.
„Also, Violet. Erzähl mal. Wie genau hat Nicolas dich eigentlich aufgegabelt? Warst du schon bei Margareta und warum riechst du nach ihm als würde er dich schon seit Monaten vögeln?"
„Was?", fragte Violet schockiert und sah peinlich berührt zu Nicolas der sichtlich kurz davor war die Geduld zu verlieren.
„Sofia verdammt, ich hab dir gesagt du sollst sie in Ruhe lassen. Hilf uns lieber das Malus zu finden und-„
„Es liegt unter dem großen Schinken da drüben. Homer, wenn ich es richtig identifiziere." Unterbrach Sofia ihn und deutete mit den Daumen hinter sich ohne sich umzudrehen. Woher wusste sie das?
Nicolas und Sofias Mann gingen zum großen Tisch und sahen nach. Nicolas schloss kurz resigniert die Augen, zog dann eines seiner Hemden von einer Stuhllehne und warf es über das Buch bevor er es berührte und den Stoff komplett herumwickelte.
„Nimmst du es bitte mit, wenn ihr geht?", fragte Nicolas, als würde er nur ein unliebsames Spielzeug loswerden wollen und kein Buch, das Violet fast umgebracht hätte.
„Was soll ich denn damit?", fragte Sofia schnaufend.
„Es zu den anderen bringen."
„Da war es, es wollte aber lieber hier sein. Offensichtlich. Ich kann es nicht fest binden, es ist eine DeuxMachina, kein Freundschaftsbuch. Wenn es hier sein will, wird es hier bleiben. Mein Tipp für den Umgang damit: Ignorieren und nicht anfassen! Ganz einfach."
„SOFIA!" entfuhr es Nicolas, der offensichtlich am Ende seiner Geduld angekommen war. Sofia stöhnte genervt, nahm das Bündel entgegen und ging Schnurstracks in Richtung Ausgang.
„Also wirklich, du wirst von Jahrhundert zu Jahrhundert griesgrämiger, Bruderherz." Rief sie aus dem Flur bevor mit einem schweren krachen die Metalltür hinter ihr und ihren Mann zufiel.  

Beta: Geany abc

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt