Verloren

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Kapitel 40

>>Ich liebe dich<<
Fuck.
Nicolas ließ von ihr ab, legte sie auf den Boden und musste wieder an sich halten, weil ein Schwung ihres Blutes sich frisch aus ihrer zerfetzen Kehle ergoss und ihn wieder fast verrückt machte. Er biss sich selbst ins Handgelenk und ließ sein Blut auf ihre Wunde regnen, bevor er ihren Kopf nahm und ihn an sein Handgelenk presste.
„Trink, Violet! Du musst trinken!" entfuhr es ihm und kurz blieb sein Herz stehen, als er bemerkte, wie kalt ihre Lippen bereits waren. Sie war jung. Zu jung um eine solche Verletzung zu überleben und was wusste er schon, wie verletzlich Königinnen in diesen Alter waren? Sie mochten den Legenden nach einen Scheiterhaufen überleben – das war es, womit Re hatte herausfinden wollen, was sie war. Aber sie waren nicht unsterblich. Konnte es sein, dass auch eine junge Königin nicht schwerer zu töten war als ein verdammter Zögling im gleichen Alter? Anscheinend, denn selbst als die Wunde begann sich zu verschließen und er hörte, wie Violets Herzschlag schwächer wurde, verzweifelte er. Panik kroch seine Wirbelsäule herauf und biss ihm so heftig ins Genick, dass er spürte wie sich seine Muskeln anspannten.
Nein. Nein. Nein. Das durfte nicht sein! Er konnte sie nicht umgebracht haben, er konnte sie nicht gewesen sein. Er hatte doch nie vorgehabt sie tatsächlich zu verletzen!
Ein Schrei ertönte. Violets Schrei, so unmenschlich und verzweifelt, dass sie eigentlich gar nicht mehr die Kraft dazu haben sollte und als Nicolas erschrocken zurückwich, sah er auch den Grund dafür.
Symbole, Buchstaben und merkwürdige Zeichen erschienen auf ihre Haut, zogen sich in einem tiefen schwarz über ihren Körper, ausgehend von ihrem Arm der – verdammt nochmal – das Malus berührte. Scheiße. Scheiße. Scheiße.
Nicolas dachte nicht darüber nach, er griff mit bloßen Händen nach diesem verdammten Buch und wurde daraufhin so heftig zurückgeschleudert, dass er einige Meter weiter weg von Violet landete. Seine Hand rauchte, Schmerz zog sich bis zu seiner Schulter herauf und auf den Fingerspitzen bildeten sich ebenfalls diese Zeichen. Verblassten aber fast sofort wieder. Den Schmerz ignorieren vernahm er wieder Violets Schrei aber darunter erkannte er auch ein leises wispernauch. Die Klänge des Malus. Er hatte diese Töne nur selten wahrgenommen, die meiste Zeit war das Malus ruhig gewesen. Aber der Klang war unverkennbar. Wie tausende kleine Stimme, die leise flüsterten erklang es im Zimmer. Flehen, Betteln und ...seine feine, schöne Stimme, die ihm versprach, dass es sie retten würde.
Ich rette sie. Ich mache sie zu der deinen, Sammler.
Nicolas erhob sich und glitt wieder zu Violet, die langsam aufhörte zu schreien, und sah dabei zu wie die Wunde vollkommen verheilte. Die Symbole sich auf ihrer gesamten Haut ausgebreitet hatten verblassenfast vollständig. Nicolas hatte schon einige Male gesehen, wie das Malus Haut beschrieb, aber in der Regel führte es dazu, dass die Haut abplatzte wie die Schale von einem Ei, austrocknete und diese dann zu Seiten wurden, die das Malus sich einverleibte. Bei Violet aber platzte nichts ab, ihre Haut blieb so ebenmäßig, makellos wie sonst, allerdings übersäht mit blassen Schriftzeichen, die man mit den bloßen Augen kaum erkennen konnte.
Selbst in ihrem Gesicht hatte sich ein schönes filigranes Muster ergeben, das sein Zentrum auf ihrer Stirn fand und auch auf ihren Lippen blasse Spuren aufwies. Nicolas konnte nicht umhin zuzugeben, dass das ihre weibliche Schönheit nur noch mehr betonte. Als es endlich wieder Still im Zimmer wurde, erfasste ihm aber eine katastrophale Gewissheit. Er spürte wie er begann zu zittern wärend sich die Erkenntnisah er lange einfach nur auf Violet herab,in seinen Verstand fraaß. Violet lag ohnmächtig auf den Boden und rührte sich nicht. Kein Herzschlag... Kein Leben. Er hatte sie getötet.
„Was hast du getan?", hauchte eine Stimme hinter ihm leise und entsetzt. Als Nicolas sich umdrehte, sah er einen von Res vertrauten, dessen Namen er irgendwann einmal gekannt hatte. Ein Mann, dessen mexikanische Wurzeln man deutlich erkennen konnte und dessen Blick dann ganz plötzlich hasserfüllt auf ihm lag.

Nicolas reagierte schneller als der Mann, schaffte es das Schwert zu erreichen, dass sich automatisch in eine Lanze verwandelte. Als dieser sie nach dem Mann warf und hielt den Mann davon ab, direkt auf ihn und Violet zuzustürzen. Er war gezwungen auszuweichen, während der Sperr in der Rückwand des Zimmers stecken blieb.

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt