Königin

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Kapitel 37
„Das ist kalt!", beschwerte Violet sich und ihre Stimme brach einige Male, als Naklar sie mit einem breiten Grinsen betrachtete. „Tut mir leid, Süße", meinte er ehrlich und gab sie dann in Nicolas Richtung frei. Violet ließ sich nicht zweimal bitten und ging direkt zu ihrem Meister.
„Keine Geborene, Re!" meinte Naklar nur und besah sich seinen Meister dann ebenfalls, als hätte er den Verstand verloren. Re sah aus, als würde er vollkommen verzweifeln!
„Das hat gar nichts zu bedeuten! Gebundene Geborene verlieren ebenfalls ihre Anfälligkeit für Silber!", presste er zornig hervor und sah Violet entgegen.
Sie presste sich gegen Nicolas Brust und war froh, als dieser einen Arm um sie schlang und sich einige Schritte von Re entfernte, als würde sein Erschaffer wirklich langsam den Verstand verlieren.
„Ach und an wen sollte sie bitte gebunden sein? An mich? Bist du jetzt vollkommen wahnsinnig geworden? Geborene können sich nur an andere Geborene binden und Paarungen eingehen. Es sei denn, du behauptest jetzt auch noch, dass ich ein Geborener bin!" entfuhr es Nicolas.
„Dann gibt es immer noch eine Möglichkeit!", knurrte Re langsam ernsthaft erzürnt über die Zweifel seiner beiden Familienmitglieder. Naklar lachte auf, so laut und so freudlos, dass es eine Spur Verzweiflung enthielt.
„Re? Geht es dir wirklich gut? Vielleicht brauchst du mal eine Auszeit. Sie ist nur ein Zögling, keine Geborene und schon gar keine Königin. Scheiße, was ist los mit dir?" fragte Naklar und trat beschwichtigend auf Re zu und dann sah Violet nur noch Björns breite Schultern vor sich und Sofia betrachtete Violet mit einem mitleidigen Blick.
„Was ist los?", fragte diese vollkommen entsetzt und nun fand Violet ihre Stimme wieder.
„Re sagt ich wäre eine Geborene", brabbelte Violet und Nicolas zog sie wieder an sich heran, bevor er an ihrer statt weiterredete.
„Er hat sie versucht umzubringen. Ich musste ihm den Arm abtrennen, damit er sie loslässt. Naklar hat seinen Silberdolch gegen ihren Arm gepresst, um es Re zu beweisen. Nun behauptet er sie wäre gebunden oder eine Königin." Knurrte Nicolas und klang dabei eher verzweifelt als belustigt.
„Das ist doch lächerlich! Die Königinnen sind bereits Jahrhunderte vor der Rebellion verschwunden, sofern es sie jemals wirklich gegeben hat. Ich für meinen Teil glaube, sie sind lediglich Teil der Entstehungsgeschichte, die sich die geborenen Vampire zurechtgelegt haben. Re! Was ist nur in dich gefahren?"
„Auch das lässt sich ausschließen!", meinte Re nun sehr entschlossen und für eine Sekunde war es einfach nur Still zwischen ihnen.
„Du bist wahnsinnig!", knurrte Nicolas und schob Violet hinter seinen Rücken und auch Naklar und Sophia schienen entsetzt.
„Das ist lächerlich, Re! Ich bitte dich, denk rational. Kein Vampir überlebt das!" entfuhr es Sofia und selbst Naklar, der sich beruhigend neben Re gestellt hatte machte einen Schritt von seinem Meister weg, als sei dieser wirklich verrückt geworden.
Violet aber stand einfach nur da und hatte keine Ahnung was sie denken wollte. Ihr eigenes Entsetzen war definitiv echt, denn sie wusste es und die Erkenntnis erschütterte sie, weil sie wusste das Re recht hatte. Sie war eine Königin. Sie war eine –
„Ich wette, sie tut es! Gib sie mir Nicolas, dann werden wir sehen ob..."
„SCHEIßE! GANZ SICHER NICHT! ICH WERDE NICHT TATENLOS DABEI ZUSEHEN, WIE DU MEINEN ZÖGLING VERSTÜMMELST UND DANN QUALVOLL TÖTEST NUR WEIL DU ZU STOLZ BIST DIE WAHRHEIT ANZUERKENNEN! DU BIST VERRÜCKT! PRANOID UND VERBLENDET VON MACHT UND DEINEM RECHTHABERISCHEN GETUE! SO SEHR, DASS DU EINEN ZÖGLING TÖTEST UM ZU BEWEISEN, DASS SIE EINE MYTISCHE KREATUR IST?", brüllte Nicolas und als Violet etwas Stimmengewirr um sich herum hörte, sah sie, das auch andere Vampire zu ihnen gefunden hatten. Vampire, die Re als seine Freunde betrachtete, die ihn als Herrscher unterstützen würden. Kurz hatte Violet Angst, vielleicht doch enttarnt zu werden, aber zu ihrem erstaunen betrachteten diese Vampire sie kaum, sondern sahen Re stirnrunzelnd an als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen
„Das war keine Bitte, Nicolas! Sondern ein Befehl deines Königs!" entfuhr es Re würdevoll und Nicolas schüttelte, ohne zu zögern, den Kopf.
„NEIN! Es gibt nicht viele Gesetzte die unser Volk als allgemein gültig betrachtet, aber dieses gehört dazu: Niemand kann einem Meister befehlen, seinem Zögling dem sicheren Tod auszuliefern. Violet ist neu in dieser Welt, sie ist mir nicht ganz gelungen und hat damit gewisse Eigenarten, die nicht selten auftreten. Naklar, dein ältester Nachkomme, hat selbst festgestellt, dass ich dich weder belogen habe noch etwas verberge. Violet ist keine Geborene, sie verbrennt nicht, wenn sie in Berührung mit Silber kommt und sie ist auch keine gebundene Geborene. Paare können sich nicht räumlich gerettet aufhalten, wie jeder weiß. Genauso wie ich nie ihr Partner sein könnte, weil ich von dir selbst erschaffen wurde. Aber das alles reicht dir nicht? Jetzt behauptest du, sie wäre eine verdammte Königin und willst sie umbringen? Was ist, wenn sie stirbt? Wirst du deine Schuld dann eingestehen oder immer noch blind auf deine Meinung verharren? Willst du alle Zöglinge diesen Test unterziehen? Meister dazu zwingen ihre Geschöpfe auszuliefern, weil du paranoid geworden bist? Ist das die Art wie du herrschen wirst?"
Es wurde wieder still und Violet sah, wie die Leute um sie herum Re plötzlich mit anderen Augen betrachteten. Sie sah auch, wie einige ältere Vampire andere, jüngere zu sich winkten. Die Meister riefen ihre Zöglinge zu sich, um sie zu beschützen. Weil sie Re als Bedrohung für ihre Geschöpfe betrachteten. Misstrauen lag in der Luft, dann trat eine Frau hervor. Sie war wunderschön, trug eine transparente Tunika und war über und über mit silbernem Schmuck behangen. An ihren Händen hielt sie zwei andere Vampire umklammert und versuchte sich selbst immer zwischen Re und ihren offensichtlichen Zöglingen zu halten. Violet fiel wieder ein was Nicolas ihr über die Verbindung von Meistern und Zöglingen gesagt hatte. Das Band war schwer zu durchtrennen und einem Meister konnte nichts Schlimmeres geschehen, als dass sie einen Zögling verloren.
„Ist es wahr Naklar? Hast du seine Behauptung überprüft?", fragte diese und Violet schob sich etwas hervor, um einen Blick auf den schwarzen Mann zu werfen, der alles andere als glücklich nickte und sich weiter von Re zurückzog.
Dieser schien nun vollkommen die Beherrschung zu verlieren.
„Niemand von euch hat zu befürchten, dass ich euren Zöglingen etwas antue!", versuchte er klarzustellen und sein feuriger Blick legte sich direkt auf Violet.
„Außer ihr benutzt diese heilige Verbindung, um einen Geborenen zu beschützen."
„Und wer stellt fest, ob es nur eine Behauptung ist? Du? Wirst du das an Beweisen fest machen oder willkürlich bestimmen wer ein Geborener ist und wer nicht? Denn wie wir gerade feststellen, hältst du an deiner Unterstellung fest, selbst wenn man den Silber-Test besteht. Somit könnten wir alle Geborene sein, inklusive dir selbst", hebelte Nicolas Res Worte ein weiteres Mal aus und Violet sah, wie einige Vampire in kleinen Gruppen den Raum verließen.
„Ich habe Geborene gejagt und getötet. Ich erkenne einen, wenn er vor mir steht!"
„Also sollen wir alle blind auf dein Urteil vertrauen?", fragte Nicolas weiter.
„Wir sollen dir vertrauen und dir, ohne Beweise, unsere Zöglinge ausliefern damit du sie quälen und töten kannst?"
Weitere Vampire gingen, vor allem diejenigen, die ihre Zöglinge mit gebracht hatten. Die Reihen von Res Unterstützern lichteten sich.
„Ich weiß genau was du versuchst, Nicolas! Aber es wird dir nicht gelingen! Ich werde die Territorien unter meiner Herrschaft vereinigen, genauso wie die anderen ehemaligen Anführer der Rebellion im restlichen Teil dieser Welt. Wir sind die ältesten Vampire auf diesen Planeten und wir werden eine neue Welt aufbauen in der wir nicht mehr am Rand der Geschichte herum vegetieren. Wir sind die Spitze der Nahrungskette und dazu werden wir uns erheben!"
„Ist das der wahre Grund für deine Mordlust gegenüber meinem Zögling? Ich habe die Geschichte unserer Zivilisation gesammelt und war immer kritisch gegenüber dieser grundlosen Auslöschung einer ganzen Spezies. Das ich dir Gefolgschaft geschworen habe und dennoch nach deinem Gesetz handle, reicht dir nicht, du willst auch meine kritische Meinung auslöschen. Und nun biete ich dir auch endlich mal eine Zielscheibe, ist es das?"
„Verdammt, es wird dir nicht gelingen meine Autorität in meinem eigenen Hotel zu untergraben."
„Das hab ich nicht vor. Ich bin hier, weil Margareta ein Kopfgeld auf meinen Zögling ausgesetzt hat und du meintest, du beschützt deine Familie. Aber ich habe mich geirrt.", sagte Nicolas und klang dabei so niedergeschlagen, das Violet für einen Moment tatsächlich Mitleid hatte.
Nicolas drehte sich von seinem Meister weg und betrachtete eingehend auch noch die letzten Vampire, die neugierig herumstanden und das Schauspiel beobachteten. Sie betrachteten nun auch Violet interessiert bevor Nicolas ihre Hand ergriff und sie dazu zwang den Saal zu verlassen. Die Leute machten ihm Platz und während Violet es sich immer noch nicht wagte irgendetwas dazu zu sagen, spürte sie wieder diesen eigenartigen Zug in ihrem Inneren, den sie bereits gehabt hatte, kurz bevor ein anderer Geborener vor Nicolas Tür erschienen war.Schnell blickte sie sich um und begegnete dem Blick eines dunkelhaarigen Mannes der weit abgeschlagen in einer dunklen Ecke stand und sie beobachtete. Seine Mundwinkel zuckten und er nickte ihr kurz zu, bevor Nicolas sie weiter zog und mit ihr in Richtung der Aufzüge ging.

Beta: Geany  

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt