Drogen

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Kapitel 33


Violet blieb lange in der Umkleide und wartete geduldig, bis alle anderen gegangen waren und sie sich, ohne mitleidige Blicke auf sich zu spüren, in das Apartment flüchten konnte, wo sie sich dann kurzer Hand doch noch unter die Dusche stellte und versuchte alles zu verarbeiten.
Eine Orgie. Der Bastart zog sie nicht nur in einen Krieg mit hinein, sondern auch in eine Orgie. Violet war nicht naive, sie hatte genug Pornos gesehen um sich vorzustellen, was sie da alles zu sehen bekommen würde. Aber wenn sie ehrlich war, konnte sie darauf verzichten von fremden Kerlen angefasst zu werden und vor den Augen aller anderen Sex zu haben. Das würde sie schlicht und ergreifend nicht machen und dabei war es ihr egal, was man erwartete. Sollten sie die Leute doch für zugeknöpft halten, sie würde an diesem Abend nicht aktiv teilnehmen und sich bei der ersten Gelegenheit zurückziehen, um auch nicht unfreiwillig Zeuge zu werden wie Nicolas es mit einer anderen, oder mehreren Frauen, trieb.Ihr blödes Herz hatte bereits genug Messerstiche abbekommen, diese konnte sie sich ersparen! Während sie sich die Haare wusch und sich die Schweißreste abwischte, blieb sie weiter unter dem Strahl stehen, bis ihre Muskeln sich etwas entspannten und aufhörten zu schmerzen. Vielleicht würde sie morgen ein Muskelkater haben und damit eine Ausrede, gar nicht erst hinzu müssen. Aber sie bezweifelte, das Nicolas sie damit würde durchkommen lassen. Also dachte sie tatsächlich ernsthaft darüber nach, was sie anziehen sollte.
Zumindest zu Beginn einer Orgie würden die Leuten noch etwas anhaben, oder? Zugegeben: einen Dresscode hatte sie aus Pornos nie herauslesen können. Vielleicht sollte sie Sofia fragen, die würde ihr sicherlich etwas Passendes leihen, aber dann musste Violet ihr in die Augen sehen und das konnte sie nicht. Nicht nachdem Nicolas ihr vor Sofia und Björn so brüsk zu verstehen gegeben hatte, sie könne ruhig mit einem anderen Kerl ins Bett gehen.
Dieser Mistkerl. Sie wusste selbst, dass ihre Wut irrational war, schließlich hatten sie ja nicht wirklich etwas miteinander und war damit auch nicht wirklich vor den Kopf gestoßen worden. Aber dieser Sinneswandel seinerseits verärgerte sie dennoch, schließlich hatte er ihr erst bei ihrer Ankunft hier im Hotel zu verstehen gegeben, dass er sie umbringen würde, falls sie Res schamlose Einladung eingehen würde.
Doch eigentlich passte es dennoch zusammen: Er hatte sie davor gewarnt zu Re zu gehen, diesen Ausbruch seinerseits war damit nicht automatisch einer gewissen Eifersucht geschuldet. Auch wenn sie sich das kurz eingeredet hatte. Und töten konnte er sie ja auch nicht, mussten sie ja jetzt ganz besonders darauf achten, dieses Zögling-Meister-Verhältnis so gut wie möglich zu verkörpern.
Anstatt sich weiter dummen Gedanken hinzugeben, drehte Violet das Wasser ab und trocknete sich ab, während sie sich einen Schlafanzug aus feiner Seide anzog, den sie sonst niemals tragen würde. Aber sie war eben ein braver Zögling und trug das was ihr Meister ihr besorgte. Und weil sie ihm gefallen wollte – zu ihrem Leidwesen musste sie das nicht einmal spielen, sie wollte ihm tatsächlich gefallen und sie ließ diese Schwäche zu, weil sich so eben in Zögling verhielt.
Während sie sich im Spiegel betrachtete und ihre Haare trocken rubbelte, wurde ihr dann klar, dass ein Zögling auch in ihren Meister verliebt sein durfte. Das konnte doch unmöglich etwas Seltenes sein, schließlich kam das, was Nicolas in seiner Ansprache gesagt hatte, von der natürlichen Ergebenheit eines Erschaffenen gegenüber seinem Erschaffen, doch sehr nahe. Sie musste sich nicht für ihre Gefühle geißeln, was dazu führte, dass der Schmerz sie mit voller Wucht traf und ihr tatsächlich eine blutige Träne die Wange herablief. Sie fand diese Eigenschaft immer noch ekelhaft und hatte beim Training befürchtet, sie würde Blut auch schwitzen aber merkwürdigerweise wiesen lediglich ihre Tränen diese makabere Eigenschaft auf.
Sie wischte sie fort und verschanzte ihre Gefühle wieder. Ergebenheit hin oder her, sie würde keinem Kerl nachweinen, der sie nicht wollte! Vielleicht war diese Party doch gar nicht so schlecht. Vielleicht würde sie ihr die Gelegenheit geben eine exzessive Nacht zu erleben, die sie Nicolas ein für alle Mal vergessen ließ.
Fertig angezogen, trat sie aus dem Bad und blieb in ihrem Zimmer während sie bereits die lähmende Schwäche spürte, die der anbrechende Tag bei ihr verursachte.
Vielleicht hatte sie es genau dieser Antriebslosigkeit zu verdanken, dass sie nicht sehnsüchtig, sondern eher verärgert auf Nicolas Anwesenheit reagierte. Er saß in ihrem Zimmer, so tief in Schatten des Raumes versteckt, dass sie ihn nicht wahrgenommen hätte, wenn sie nicht das Glas mit dem Blut in seiner Hand gerochen hätte. Er trat aus der Dunkelheit und reichte es ihr wortlos und Violet nahm sich vor es genauso wortlos anzunehmen und auszutrinken, als sie unter dem Duft seines Blutes noch etwas anderes wahrnahm. Die schweren Vorhänge in ihrem Zimmer, die jeden Lichtstrahl davon abhielten in ihr Zimmer zu gelangen, waren längst zugezogen, konnten aber nicht aufhalten, dass Violets Lieder immer schwerer wurden.
„Was ist da noch drin?", fragte sie etwas zickig, die dahinsiechende Nacht machte sie launisch.
„Das Pulver einer Pflanze, die morgen auf er Party als Räucherzutat in der Luft hängen wird. Die Vampire werden es einatmen und damit eine gewisse Gelassenheit erreichen. Ich will sehen, wie du darauf reagierst."
„Ich weiß nicht was mich mehr schockiert. Das Vampire high werden können oder das du mir diese Droge so unverblümt in meine Getränke mischst", stichelte sie, trank es aber aus und legte den Kopf etwas schief. Sie glaubte kurz etwas zu spüren, aber das lähmende Gefühl konnte auch vom anbrechenden Tag herrühren.
„Es schmeckt, als wärst du etwas zu eifrig mit den Gewürzen gewesen, sonst nichts. Wenn du mich nun entschuldigst? Ich muss gleich schlafen." Versuchte sie ihn loszuwerden als sie ihn das Glas zurückgab und auf ihr Bett zusteuerte.
„Ich will nur dafür sorgen, dass wir keine ungebetene Überraschung morgen Abend erleben. Das Kleid werde ich dir übrigens besorgen", erklärte er und sie war schon erstaunt, dass er sein Handeln überhaupt erklärte. Sie setzte sich auf den Rand ihrer Matratze, begann damit ihre dunklen Haare zu einem Zopf zu flechten und sah ihn mit schweren Liedern an. Langsam prickelte es in ihren Körper und sie spürte, wie ihr Gesicht warm würde.
„Ich fühle mich beschwipst", gab sie dann zu und schüttelte etwas den Kopf, während Nicolas zufrieden nickte. „Gut. Eine normale Reaktion. Schlaf gut!" gab er noch von sich und verließ dann endlich ihr Zimmer. Violet blickte noch lange auf die Tür, aus der er verschwunden war und hatte plötzlich nicht übel Lust ihn abermals mit etwas zu bewerfen. Aber da begann sich ihr Kopf zu drehen und sie ließ sich in ihre Kissen fallen und schloss die Augen, bevor der Tag seinen Tribut forderte.  

Beta: Geany <3

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt