friedliches Zusammensitzen

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Kapitel 29


Naklar hatte definitiv dieses gewissen etwas, denn selbst über das Wissen hinaus, das sie diesem Mann nicht trauen konnte, fühlte sie den unwiderstehlichen Drang ihm gefallen zu wollen. Während Re sich von einer dieser jungen Frauen in Dienstmädchenuniformen die Schultern massieren ließ, erhob sich Naklar und kam mit wenigen Schritten auf sie zu und streckte ihr die Hand entgegen als wolle er sie willkommen heißen. Doch als sie reflexartig ebenfalls die Hand hob, um den Handschlag entgegenzunehmen, griff Nicolas nach ihrem Arm und zog ihn wieder zurück. Sie warf ihm einen verwirrten Blick zu, musste dann aber feststellen, dass seine Aufmerksamkeit alleine Naklar galt.
Naklar verlor nicht einen Millimeter seines breiten Lächelns, auch nicht als seine Augen so kalt wurden, dass Violet ein wahrer Schauer über den Rücken lief und sie nach Nicolas Hand griff, die ihren Arm immer noch umklammert hielt. Nicht um sie zu lösen, sondern um sich daran festzuhalten.
„Du warst schon immer ein kranker Bastard, Nic. Dir deine Spielzeuge selbst zu erschaffen bevor du sie zerstörst ist aber selbst für dich ein neues Level", sagte er, aber Nicolas verzog nicht einmal eine Miene und drückte Violet nur weiter von ihm weg, bis Naklar es aufgab und sich Sofia zuwandte.
„Hallo, Schwesterchen. So hübsch wie immer und wie ich sehe fürst du immer noch deinen Rotweiler Gassi", grinste er spöttisch und blickte demonstrativ zu Björn, der trotz der Beleidigung die Ruhe selbst war und nur einmal kurz die Augenbraue nach oben zog.
„Wann verlässt du ihn endlich und lässt dich mal wieder von mir verwöhnen?", fragte er und da war wieder dieser unendlicher Charme, von dem Sofia vorhin geredet hatte. Nur leider schien Violet nicht die einzige zu sein, die dagegen immun schien. Sofia lächelte zwar als hätte sie ein wunderschönes Kompliment bekommen und dennoch war die Ablehnung äußerst deutlich, als sie die Hand ihres Mannes griff.
„Wie du dich sicherlich erinnerst, habe ich einen Gefährten Naklar", säuselte sie süßlich und Naklar wandte sich geradezu angeekelt von ihnen fort.
„Ach diese Gefährten Sache habe ich nie verstanden. Treue bis in alle Ewigkeit? Wie langweilig! Was ist aus unserer Familie geworden, Re? Haben deine Erziehungsmethoden nachgelassen? Warum bin ausgerechnet ich hier der, der anscheinend nicht ein Verstand verloren hat?" fragte er und drehte sich überschwänglich zu seinem Meister um , der sich gerade ein Glas Blut von einer der Frauen reichen ließ.
Violet musste zugeben, dass es tatsächliche ein merkwürdiger Anblick war. Ein Biker der sich umschmeicheln ließ wie ein Pascha und das, obwohl er in ihren Augen gerade noch so Bodenständig gewirkt hatte. Aber viel außergewöhnlicher war: Sie waren Menschen.
Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Nicht das sie Menschen waren, sondern das diese Frauen hier waren und sie sich alle so freimütig unterhielten. Diese Mädchen wussten, dass Re ein Vampir war und offensichtlich war es ihnen vollkommen egal.
„Setzt dich, Naklar!", befahl Re knapp und schob eines der Mädchen zu seinem Nachkommen, der sich darauf hin breit grinsend mit dem Mädchen auf dem Schoß wieder in den Sessel fallen ließ.
„Und ihr auch, wir müssen uns Unterhalten. Und ich will unser jüngstes Mitglied offiziell willkommen heißen!", verkündete Re und wie befohlen setzten sich alle. Nicolas und Violet direkt ihm gegenüber während sich Sofia und Björn sich direkt neben ihn begaben.
„Können wir die Oberflächlichkeit lassen und dieses Kopfgeld aus der Welt schaffen?", fragte Nicolas mit seiner typischen kalten Effektivität, die Re lediglich ein gutmütiges Lächeln offenbarte.
„Oh ja, diese Auftragsmörder, die dich dazu zwingen in diesem Hotel unter meinen Schutz, zu verweilen und dich nicht wieder abzusetzen. Sehr nervig für dich, Nicolas . Und überaus praktisch für mich und mein großes Vorhaben."
Praktisch. Obwohl Violet nicht wirklich überrascht sein sollte, das die Sache mit Margareta anscheint nicht so bald aus der Welt geschafft ist, versteifte sie sich und sie spürte wie Nicolas neben sich das Gleiche tat, während Sofia sich verwundert an ihren Erschaffer wandte.
„Re? Was soll das?"
„Welches Kopfgeld?", fragte Naklar dazwischen und zu aller Überraschung war es Björn der Naklar in Bild setzte. Der Mann redetet so wenig, dass jedes Wort Violet in erstaunen versetzte.
„Margareta hat auf Violet ein Kopfgeld ausgesetzt. Sie bietet ihre DeuxMacina für denjenigen, der sie tötet."
„Mein Gott, das die Frau auch immer so übertreiben muss. Ich weiß noch das sie ihr kleines Königreich einmal demjenigen versprochen hat der mich umbringt, nur weil ich sie verlassen habe. Als würde sie tatsächlich jemals ihre Krone abgeben oder ihren beschissenen Gruselspiegel." Murrte Naklar und flüsterte dem Mädchen aus seinem Schoß etwas zu, dass diese aufkichern ließ.
Sofia überging die kurze Unterhaltung der beiden Männer und wechselte einfach wieder zum eigentlichen Thema.
„Re!", forderte sie und ihr Meister tätschelte beruhigend Sofias Knie und sah Violet bedauernd an.
„Tut mir leid, meine Liebe, ich wünschte wirklich es würde mir nicht so gut in die Hände spielen, aber ich möchte euch verkünden, dass ich beschlossen habe wieder hier in der neuen Welt Fuß zu fassen, mit mehr als nur diesem Hotel und Margareta Gebiet grenzt an NewYork, also..."
„Es ist eine verdammte Kleinstadt ohne Bedeutung, die wenigen Vampire hier würde dir ohne zu murren ausweichen. Warum musst du dich ausgerechnet jetzt ernsthaft mit Margareta anlegen? Amerika ist groß genug!", stieß Nicolas auf und plötzlich begannen wieder alle durcheinander zu reden, so das Violet nicht mitbekam, wer was sagte.
„Das ist doch verrückt..."
„Das bedeutet Krieg!"
„Du hast geschworen nie wieder ein Stück Land in Amerika zu regieren."
„RUHE!", schimpfte Re und brachte seine Nachkommen mit einer Dominanz in der Stimme zum Schweigen, die jeder Anwesende bis in die Knochen spürte. Alle schwiegen. Zumindest für einen Augenblick dann knurrte Nicolas:
„Was genau ist los, Re? Was ist passiert? Das kommt doch nicht aus einer Laune heraus!" Und damit traf er offenbar ins Schwarze, denn Res Stimme wurde wieder so sanft wie vorher als er begann zu erklären.
„Nein. Keine Laune, eine Notwendigkeit. Ich war immer sehr stolz darauf so vielen Generationen an Vampiren die Schrecken der Revolution ersparen zu können. Wir dachten ehrlich, wir hätten die Geborenen besiegt und ich weiß nicht wie es möglich sein kann. Aber Vorfälle, wie du Nicolas sie vor wenigen Tagen hattest, häufen sich. Einzelne, manchmal kleine Gruppen von Geborenen, die sich mit Erschaffenen anlegen. Als würden sie aus dem Nichts auftauchen. Wir haben seit einigen Jahrzehnten so viele Vorfälle gemeldet bekommen, wie seit den ersten Jahren nach ihrem direkten Fall nicht mehr und wir befürchten das Schlimmste."Für einige Sekunden war es bedrückend still und Violet spürte wie ihr Herz heftig gegen die Brust schlug. Geborene die aus dem Nichts auftauchen? Konnte es sein, das sie doch nicht alleine war? Und wenn sie nicht so einzigartig war, wie Nicolas glaubte, was bedeutete es dann für ihr eigenes Schicksal? Was passierte mit einem Sammlerstück, wenn es plötzlich nicht mehr selten, sondern eher eine Plage war? Noch heute Morgen hatte sie sich kurz gewünscht nichts Besonderes zu sein. Normal zu sein, lediglich eine von vielen. Und wie bei ihren letzten naiven Wunsch, nach Einzigartigkeit, hatte sich auch dieser Wunsch erfüllt. Und wieder könnte es tödlich für sie enden.


Beta: Geany :)

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt