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Kapitel 24

Violet war immer davon überzeugt gewesen das kein Mann so anziehend sein konnte wie Nicolas, denn in der Regel war Attraktivität nicht alles. Das hatte sie an Margaretas Bruder Lucius bereits bemerkt. Es war die Aura die einen Mann umgab, die zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Macht bestand. Deswegen fand sie Nicolas, trotz seiner äußerlichen Mängeln, wesendlich heißer als Lucius aber dieser Typ. Wow...
Violet schluckte den Klos in ihrem Hals herunter und blinzelte einige Male verwirrt. Vor ist stand ein Mann, der einfach alles miteinander verband. Er war groß und, ähnlich wie Björn, ein Mann der wuchtigen Sorte, wenn auch nicht ganz so zugepackt mit Muskeln wie Sofias stiller Ehemann. Er trug eine abgewetzte Lederjacke und eine zerrissenen Jenas mit schweren Boots und hatte sich die Haare an beiden Seiten des Kopfes kurz geschoren. Den Rest der langen dunklen Haare trug er geflochten zu einem Zopf. Sein Gesicht hatte markante maskuline Züge, schienen aber nicht so grob zu sein wie Nicolas und seine Augen blitzten in einem ähnlichen grünton wie ihre eigenen Augen. Er war wohl etwas älter als Nicolas, soweit man das Alter eines Vampirs an den Augen ablesen konnte. Denn die Lachfältchen waren tiefer ausgeprägt als bei ihrem angeblichen Erschaffer – nicht das Nicolas so etwas wie Lachfältchen besitzen würde. Er blickte im allgemeinen zu ernst, um überhaupt welche zu bekommen.
„Sie hat Angst dir auf die Füße zu treten, Re.", sagte Nicolas mit einem leichten verstimmten Knurren. Violet riss erstaunt die Augen auf. Natürlich war das hier genau der Mann von dem sie gerade gesprochen hatten. Ein mächtiger und alter Vampir der in keinem Punkt dem entsprach was sie sich vorgestellt hatte. Sie hatte einen ebenso kalten und distanzierten Mann erwartet wie Nicolas. Einen altmodischen Anzugträger und keinen verdammten Biker. Sie besah sich ihn noch einmal und musste feststellen, dass dieser Kerl eher den Männern entsprach, die Violet sonst hinterher sah. Sie hatte schon immer eine Schwäche für die bösen Jungs gehabt und war ja auch selbst eher der Lederjacken und Jeans-Typ. Der einzige Grund warum sie momentan einen edlen Kaschmir Pullover trug und eine enganliegende, dunkel eingefärbte Hose, war alleine Nicolas zu verdanken.
„Weswegen denn?", fragte er und blickte amüsiert und ganz und gar nicht bösartig auf Violet herab. Erst jetzt bemerkte Violet den Seesack über seine Schulter, das Lederarmband um seine starken Handgelenke und ...oh... er trug Tunnel. Definitiv nicht das was sie sich vorgestellt hatte. Wenn das hier Nicolas Erschaffer war, wie konnte er dann so...spießig geworden sein? Nicolas kaufte man den Vampir ab. Er erfüllte das sexy Klischee von einem anzugtragenden Geschäftsmann. Und hatte Nicolas nicht erwähnt, das Re sich gerne bedienen ließ?
„Sie hat eine ziemlich zickige Ader und benimmt sich wie ein trotziges Kleinkind", sagte Nicolas schnell und Re fing schallend an zu lachen, während Violet peinlich berührt zur Seite blickte. Wie konnte Nicolas ihm das einfach sagen wie konnte er...
„Wunderbar!", sagte Re noch immer breit vor sich hin grinsend, „ich hatte schon befürchtet, sie ist so zugeknöpft und hat einen Stock im Hintern genauso wie du." Re trat in den Fahrstuhl und schob Violet mit seiner Statur etwas näher an Nicolas heran, der seinem Meister versuchte mit Blicken zu töten.
„Ich versuche seit Jahrhunderten dafür zu sorgen, dass er sich mal etwas entspannter gibt. Vielleicht hast du da mehr Chancen als sein alter Herr", wisperte Re Violet zu und zwinkerte verschwörerisch. Violet konnte nichts dagegen tun das sich ihre Mundwinkel vergnügt hoben.
„Ich befürchte, dass der Stock zu tief steckt!", flüsterte sie zurück im vollen Bewusstsein, dass Nicolas sie hören konnte. Der nächste tödliche Blick galt damit ihr. Re grinste hocherfreut und seine Augen blitzten, während er Violet interessiert musterte. So lange, dass sie Stille fast unangenehm wurde. Doch noch bevor sich Violet fragen konnte, warum es plötzlich so merkwürdig wurde, packte Nicolas ihren Arm und zog sie aus dem Fahrstuhl in die vorletzte Etage.
„Ganz oben wohne ich, du bist immer willkommen, Violet.", sagte Re und als sie einen Blick über ihre Schultern zu ihm wagte, schienen seine Augen regelrecht zu glühen. Sie kannte diesen Blick, hatte ihn unzählige Male bei Männern gesehen. Re war an ihr interessiert und das nicht auf die Art und Weise wie man an der Geliebten seines Zöglings interessiert sein sollte.
Die Fahrstuhltür verschloss sich und bis zur letzten Sekunde blieb Res Blick auf ihr liegen, solange und so eindeutig das Nicolas hinter ihr ein warnendes Knurren ausstieß. Wie betäubt blieb Violet stehen und blinzelte einige Male verwirrt. Das war nicht annähernd so gut gelaufen, wie sie in der Sekunde gedacht hatte. Sie wusste nicht, womit aber irgendwie schien sie Res Interesse auf sich gezogen zu haben und das definitiv auf die falsche Art und Weise.
„Wenn du auch nur daran denkst auf dieses Angebot einzugehen, leg ich dir das Malus in dein Bett!" fauchte Nicolas ungehalten. Er hatte selbstverständlich ebenfalls den Unterton in Res Stimme bemerkt und vielleicht auch etwas von der Tatsache, das Re wesentlich mehr Violet Typ war als Nicolas.
Sie wandte sich von dem Fahrstuhl ab und sah zu Nicolas auf. Er sah geradezu monströs wütend aus und es lag ihr auf der Zunge ihn weiter zu necken, aber sie schluckte den bissigen Kommentar herunter und nickte nur wie es für einen gehorsamen, kleinen Zögling gehörte. Dennoch brannte ihr eine weitere Frage auf der Zunge.
„Er meint es nicht ernst, oder? Das hat er doch nur gesagt um dich zu kränken?", meinte sie, denn sie konnte nicht glauben, dass sie es mit nur wenigen Worten geschafft haben sollte einen so mächtigen, alten und attraktiven Vampir wie Re auf sich aufmerksam zu machen. Es wäre zwar schmeichelhaft aber sie war nicht blöd. Die Wahrscheinlichkeit war größer, dass er das nur getan hatte, um Nicolas auf die Palme zu bringen. Obwohl sie kurz geglaubt hatte es wäre nicht so schlimm zwischen den beiden. Das Aufziehen war dafür irgendwie zu liebevoll gewesen. Dennoch: Wenn es stimmte was sie vermutete, dann gab es definitiv sehr viel mehr böses Blut zwischen ihnen als Violet gedacht hatte.
„Versuch es nicht herauszufinden. Dass er sauer ist, lässt sich nicht von der Hand weisen. Er ist beleidigt, weil ich nicht zu ihm gekommen bin wegen deiner angeblichen Verwandlung." Und diese Beleidigung, die auch Sofia schon erwähnt hatte, beruhte auf nichts anderem als einem Missverständnis.
„Das hättest du getan, oder? Wenn dir ein Mensch so viel bedeutet hätte, dass du ihn verwandeln wolltest. Du wärst zu ihm gegangen." Weil er noch nie einen Menschen verwandelt hatte und es Übung benötigte, damit kein Gehirnloses Monster herauskam, wie Margareta sie sich hielt.
„Wahrscheinlich, ja. Ich werde ihm mein Verhalten definitiv erklären müssen, damit er sich wieder beruhigt. Wenn sein ‚Interesse' dann verschwindet, hast du deine Antwort."


„Und wenn es nicht verschwindet?" fragte sie und während Nicolas sie zu einer Apartmenttür zog sah er ernsthaft bösartig zu ihr herab. „Du gehörst mir, Violet. Wenn du mich hintergehst, töte ich dich!" 

Beta: Geany

Violet (Bd 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt