Unauffällig stand ich Abseits in der Menge des Clubs zwischen all den Menschen, die sich Richtung Bühne drängten. Sie waren betrunken, hielten keinen Abstand zu ihrem Nebenmann und bejubelten den Mann dort vor ihnen, der versuchte, die Masse für sich zu gewinnen. Seine Stimme so, wie ich sie kannte und etliche Male im Studio gehört hatte. Sein Outfit noch der derselbe Stil, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Es war ihm anscheinend egal, wie sehr er durch den dicken Hoodie im viel zu erhitzen Club schwitzen mochte.
Wie ich ihn kannte, wollte er nur möglichst schnell fertig werden, um sich Daheim in sein Bett fallen zu lassen. Es war die letzte Zugabe seiner Tour und ich konnte nur ahnen, wie gerne er wieder in seinen eigenen vier Wänden schlafen wollte. Darüber hatte er mir immer berichtet, sobald wir telefonierten. Dann hatte ich gelacht und er sich nur darüber beschwert, dass ich ihn nicht ernst nehmen würde. Aber natürlich tat ich das.
Die letzten Beats klangen schließlich ab. Er bedankte sich bei dem Publikum für die tolle Stimmung, überreichte dem Dj das Mikrofon und verschwand auch schon im nächsten Augenblick hinter der Bühne. Er war kein Typ der großen Verabschiedungen und Worte. Bis heute wusste er nicht wirklich, wie er seine Shows richtig beenden sollte, weshalb er einfach ohne großes Getue abging, auch wenn das manchmal etwas desinteressiert herüberkam. Mich dagegen hatte er den ganzen Auftritt lang nicht bemerkt und wäre sicherlich überrascht, mich heute Abend hier zu sehen. Wir waren zwar in Berlin, doch er ging davon aus, dass ich immer noch zu Besuch bei meiner Tante in München war. So konnte er nichts davon ahnen.
Die Leute um mich herum entfernten sich nach und nach von der Bühne und verteilten sich wieder überischtlich im Rest des Clubs. Das war für mich die Chance hinter die Bühne zu gelangen. Dahin, wo er sich mit den anderen des Teams aufhielt und unauffällig das Gebäude verlassen würde. Ich fühlte mich wie ein Groupie, der die Hoffnung hatte, sein Idol zu treffen, doch der Unterschied darin lag, dass mich alle im Backstagebereich sofort erkannten, begrüßten, umarmten. Es war ein kleiner Parcours sich durch die ganzen Männer zu kämpfen, bis ich endlich vor ihm zum Stehen kam.
Er war mit dem Rücken zu mir gewandt, ehe ich meine Hände vorsichtig von hinten auf seine Augen legte und abwartete, bis er sie von seinem Gesicht abnahm. Langsam drehte er sich zu mir um, in der nächsten Sekunde erfüllte ein Lächeln seine Lippen und er zog mich in eine erfreute Umarmung. Er hob mich hoch, wirbelte mich einmal herum und setzte mich daraufhin wieder auf dem Boden ab.
"Lu, was machst du hier? Solltest du nicht noch in München sein?" Er musterte mich, als hätte er mich einen Monat nicht mehr gesehen, was im Grunde auch der Fall gewesen war. Wieder nahm er mich in seine Arme, drückte mich ganz fest an sich. Weg war seine harte Fassade, die er immer bei seinen Auftritten trug.
"Was ich nicht alles für meinen Lieblingsrapper mache." Wir lachten, vergaßen, dass uns gerade etwa sechs weitere Augenpaare beobachteten und sich über uns frech grinsend unterhielten.
Das taten sie immer, aber uns beide störte das nicht. Es störte uns nicht, weil wir nur uns brauchten. Die anderen gar nicht miteinbezogen oder beachteten. Wir brauchten nur unseren nicht aufhören wollenden Augenkontakt, die kleinen Berührungen, die wir uns hin und wieder gaben und den Duft des jeweils anderen in unseren Nasen, damit wie uns auch ganz sicher sein konnten, dass der andere noch anwesend war. Immer in der Nähe.
Gemeinsam verließen wir den vollen Club durch den unauffälligen Hintereingang und stiegen in seinen Wagen. Wir hatten uns von den anderen verabschiedet, die eigentlich noch auf das Ende der Tour anstoßen und den großen Erfolg dieser feiern wollten. Aber wir beide konnten uns geschickt rausreden und folglich gehen. Wir wollten jetzt erst einmal Ruhe haben. Reden. Wein trinken. Die Zweisamkeit, die durch diese Touren immer verloren ging, wieder aufbauen. Noch mehr reden. Noch mehr trinken.
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Arrhythmie [Rap-FF]
FanfictionNach einem Jahr ohne Kontakt, wird Luisa von ihrem ehemaligen Chef, Anis Ferchichi, alias Bushido, zu den HipHop.de Awards eingeladen. Die Grafikdesignerin wird schnell in ihr früheres Leben zurückkatapultiert und bekommt die Chance, abermals für...