15 ✔️

503 28 3
                                    

Triumphierend klatschte ich laut lachend in die Hände und beobachtete Toni, die erst jetzt bei ihrem letzten Schnapsglas angekommen war und dieses krampfhaft, mit ihrem Kopf im Nacken liegend, austrank. Sie verzog angewidert ihr hübsches Gesicht und schüttelte sich einmal, während sie das kleine, leere Glas vor sich auf den Bartresen stellte. Die Studentin schenkte mir genervt rollende Augen, nachdem ich mit einem mir fremden Typen eingeklatscht hatte und musste daraufhin ebenfalls lachen.

Ich konnte sagen, dass wir beide uns schneller ausgesprochen hatten, als ich es mir erträumt hätte. Nachdem ich ihr gestern den Kuchen vorbeigebracht hatte, erkannte ich meine beste Freundin gar nicht mehr wieder. Ihre kalte Art mir gegenüber, die ich zwar schon ab und zu gespürt hatte, es den letzten Monat jedoch so schlimm, wie noch nie zuvor gewesen war, war wie weggeblasen. Stattdessen stand sie mir in ihrem pinken Kuschelpyjama gegenüber. An ihren Füßen trug sie ihre flauschigen Tigerschuhe, die man eigentlich nur zu Gesicht bekam, wenn Toni krank war. Ihre Nase angeschwollen, als hätte sie tausendmal in ein raues Taschentuch geschneutzt und ihre Augen glänzend, wie nach einem Tränenausbruch.

David hatte nicht übertrieben indem er meinte, Antonia würde mich vermissen, auch wenn sie noch immer wütend auf mich wäre. Diese Wut bekam ich an diesem Abend nicht mehr zu spüren. Wir aßen einfach den Kuchen von unserer Lieblingsbäckerei, zeigten meinem Bruder zwei weitere Favoriten an Filmen, die einfach immer gingen und quatschten bis zwei Uhr früh über die letzte Woche, in der wir uns nicht gesehen hatten, sodass es selbst David zu viel wurde und er sich schließlich ins Bett verabschiedet hatte. Erst nachdem ich bei Toni die Geschichte mit der Kleidung erwähnte, die mir eigentlich nur so ausrutschte, merkte ich, dass es besser war, wenn wir die Unterhaltung ab diesem Punkt beenden sollten.

Doch Toni hielt mich auf und hörte sich alles an. Ich erzählte ihr besonders viel über Vladi, da ich glaubte, dass sie ihn zuerst am meisten von den Rappern mögen würde. Ich lag nicht falsch mit meiner Annahme und beichtete ihr nach den Stories über die langen Nächte, in denen wir uns getroffen hatten und über die lustigen Vorfälle, die zusammen mit den anderen Jungs passiert waren, das mit dem Kuss, der beinahe geschehen war. Ich glaubte, einen Anflug von Unverständnis in ihren Augen gesehen zu haben, aber ich schob es auf die Tageszeit, die bereits drei Uhr früh betrug und den zwei Gläsern Wein, dass Antonia anders reagierte. Das erste Mal seit langem hatte ich das Gefühl, meine alte beste Freundin wieder vor mir sitzen zu sehen.

Den Grund für dieses 'Dilemma', wie sie es sofort betitelte, erwähnte ich jedoch nicht. Ich wollte es langsam angehen. Ich wollte Sie nicht sofort mit allem zuschütten, nur weil ich plötzlich wieder jemanden zum reden hatte. Antonia hatte seitdem nichts mehr zu Dienstagmorgen gesagt. Ich wusste auch noch an diesem Samstagabend nicht, ob sie damit noch einmal auf mich zukommen wollte, doch jetzt genossen wir einfach nur unseren Mädelsabend in einem der moderneren Clubs in Kreuzberg. Um ehrlich zu sein war es der Club, in dem wir beide zusammen nach meiner Kündigung waren. Ich hatte meine Bedenken über diese getroffene Wahl seitens Toni und Angst, irgendetwas zwischen diesen Wänden würde mich an Hussein erinnern, doch ich hatte gar keine Zeit, mir viele Sorgen darüber zu machen.

Toni hatte uns sofort zwischen den vielen Menschen, die sich aneinanderdrängten, an die Bar geführt und seitdem betranken wir uns, auf Kosten irgendwelcher Idioten, um den Verstand. Wenn ich die letzten Tage reflektierte, war dieser Samstag der beste Tag der Woche gewesen. Wie immer wollte ich mich an diesen Stress gewöhnen, der mich mit den beiden Aufträgen heimsuchte, aber ich konnte nicht sagen, dass das von Erfolg gekrönt wurde. Am Ende hätte ich alles auf meinen Job schieben können, wie auf die gute Freundin namens Droge, doch ich konnte mir einfach nicht eingestehen, dass meine Stimmung nach Dienstag, spätestens durch Freitag noch mehr in den Keller gesackt war.

Auch noch während ich Capi geschrieben hatte, dass ich mich bei ihm bedanken wollte für die Gastfreundschaft, doch nun wieder in meiner Wohnung leben würde, hatte ich Heidi's Zettel fest in meiner Hand gehalten, als wäre es ein Barren Gold gewesen. Letztlich hatte ich ihn tief in meinem Geldbeutel verschwinden lassen, dennoch sprang er mir immer in meine Augen, wenn ich etwas bezahlen musste. Er ließ mich nicht los. Michael ließ mich nicht los.

Arrhythmie [Rap-FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt