Arrhythmie [Rap-FF]

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An einem Sonntagnachmittag sollte man sich eigentlich ausruhen, den Gedanken freien Lauf lassen und so möglichst viele Kohlenhydrate zu sich nehmen, wie man nur konnte. Eigentlich sollte ich genau das tun oder vielleicht mit Toni und David auf der Couch abhängen und einen Filmemarathon starten. Wenn ich an morgen dachte, drehte sich alles in meinem Kopf, da ich schon wusste, dass ich einen Schlaf über drei Stunden nicht geschenkt bekommen würde und auch die restliche Woche wäre bepackt mit Terminen. Sei es wegen EGJ oder Red Bull.

Die Jungs vom Label freuten sich über meinen Deal mit dem Unternehmen des Energiedrinks, aber besonders Anis sah mir schnell an, dass ich das nicht tat, weil es so entspannend war. Auch heute, nachdem ich um kurz vor neun aufgestanden war und dem Rapper versichert hatte, dass ich trotz des Sonntags bei ihm Zuhause vorbeischauen würde, klang er nicht gerade erfreut. Schon meine Stimme höre sich graunhaft an, so meinte er. Ich wollte dennoch nicht zugeben, dass ich langsam mit meinen Reserven, nach über zwei Wochen, am Ende war. Ich wollte Anis wirklich helfen, dafür war er mir zu wichtig, und da konnte er mir Vorwürfe machen, wie er wollte.

Nun saß ich also, zusammen mit Sergen, in seinem Heimstudio und versuchte mir, wie schon die letzten Tage, irgendeine Idee aus den Fingern zu ziehen. Ich trank bereits meinen fünften Cappuccino, Sergen schüttelte nur den Kopf. Der Grundgedanke bestand darin, etwas mit der Bedeutung von Anis' Tattoo, das er am Hals trug, zu verbinden. Bushido war japanisch und stand für 'Der Weg des Kriegers'. So weit waren wir zumindest schon einmal. Der Fotograf meinte, man könne vielleicht etwas mit einem Samurai, eben einem japanischen Krieger machen, aber mir sprang keine Idee vor Augen und ich begann meine Schläfen zu massieren.

"Luisa, wir sitzen her seit nicht einmal zwei Stunden und du siehst aus, als hättest du schon seit drei Tagen nicht mehr geschlafen. Bist du dir sicher, dass du dich nicht einmal etwas ausruhen willst?" Sergen hatte ja keine Ahnung, dass er recht mit seiner Aussage hatte, doch er wusste auch nicht, dass ich zu ehrgeizig war, um einfach auszuruhen und wir wieder einen Schritt näher am Tag der Veröffentlichungen des Albums waren. Zumindest der stand schon fest. Am Geburtstag von Anis.

Ich antwortete nicht auf ihn, sondern widmete mich meinem Handy. Gerade war die 21. Nachricht von Capi eingegangen und sie bereitete mir Kopfschmerzen. Nein, ich hatte keine Einzige davon durchgelesen und hatte es auch erst einmal nicht vor. Gestern und heute war ich vollkommen mit Anis beschäftigt und das sollte auch so bleiben. Schließlich war ich wegen ihm hier und nicht wegen Vladislav. Dass ich demnächst auch noch das Cover seiner neuen Single designen soll, die den Titel des Liedes trug, den der Rapper für mich geschrieben hatte, verdrängte ich so gut es ging. Es war nicht so, dass mich das nicht schmeichelte, aber es überforderte mich ungemein. Genauso wie der Freitag im Studio. Genauso wie die Sache mich Hussein.

Wieso musste das alles gerade jetzt passieren? Warum war es die letzten drei Jahre nie vorgekommen, dass ich in innerhalb kürzester Zeit mit zwei Rappern des Labels Probleme hatte? Wollte mich Gott dafür bestrafen, dass ich meiner Kündigung nicht treu geblieben war? Dass ich alles meinem Bruder verheimlichte, als auch einen großen Teil meiner besten Freundin? Dass ich ihnen so wie gestern und heute vorgegaukelt hatte, dass ich Überstunden an meinem Design für Red Bull machen würde und mich dafür natürlich mit einem Mitarbeiter treffen müsse? Das Schicksal wollte mich so richtig vergewaltigen, so kam es mir vor.

"Lu? Erde an Lu?" Sergen rüttelte an meiner Schulter, während ich die 22. Message auf WhatsApp erhielt und sie anstarrte, als hätte man mir gerade eine Morddrohung geschickt. Wieso verstand er nicht, dass ich erst einmal meine Ruhe brauchte und zudem nicht gerade faul, wie ein Hamster in meiner Wohnung chillte, sondern mit meiner Arbeit beschäftigt war?

"Lu, jetzt mach das Ding aus. Was ist denn zur Hölle nochmal los?" Die Stimmefarbe meines Kollegen wurde strenger, ich legte das Smartphone zur Seite und schaute ihm ins ernst dareinschauende Gesicht. Seine Hand legte sich auf meinem Oberarm, so als würde er mich bedauern.