34 ✔️

377 25 13
                                    

Drei Stunden später hatte sich meine belegte Stimmung nicht geändert. Der einzige Unterschied bestand jedoch nun darin, dass ich betrunken war und mir niemand übel nahm, dass mein schlaffer Körper nur noch still in der Ecke der Wohnzimmercouch saß und, mit einem roten Plastikbecher in der linken Hand, benommen in den restlichen Raum starrte.

Ich beobachtete die Gäste. Darunter auch David, der sich zwar lautstark mit Toni zu unterhalten schien, man ihm jedoch ansah, dass er, und auch meine beste Freundin selbst, alles andere als guter Laune waren. Sie beide hatten den ganzen Abend bisher nur jeweils ein Bier zwanghaft getrunken und vor den anderen Gästen so getan, als wären sie in bester Feierlaune. Ich sah ihnen an, dass sie am liebsten mit mir gesprochen hätten. Über alles, was vor wenigen Stunden dort im Restaurant zwischen uns Drein passiert war, aber sie wussten auch, dass dies hier der unpassendste Moment von allen war. Spätestens morgen wüsste es sowieso jeder aus meiner Familie und dann würde es nicht mehr viel länger dauern, bis es Anis und Hussein auch wussten. Das ließ sich ab diesem Zeitpunkt gar nicht mehr vermeiden.

Mein Blick wanderte dann langsam weiter. Einige Meter neben meinem Bruder standen ein paar Leute vom Label, die auch schon ziemlich gut bei der Sache waren. Besonders Lukas und Sergen spiegelten meinen Promillestand ziemlich gut wieder, da man sehen konnte, wie schwer es ihnen fiel, sich weiterhin zu balancieren. Sie schienen sich zu amüsieren und stießen mit jedem weiteren Shot, den sie sich die Kehle hinunterschütteten, ein kleines bisschen lauter auf mich an.

Nebenbei waren noch einige Unifreundinnen von Antonia da, die in einem süßen kleinen Kreis ganz hinten in der Wohnung standen und vorsichtig zurückhaltend von ihren viel zu alkoholleichten Getränken nippten. Dabei zupften sie an ihren viel zu teuren Oberteilen herum und checkten jede Sekunde, ob ihre Haare gut über die Stoffe fielen. Ich musste automatisch wieder meine Augen verdrehen, da ich immer noch nicht wusste, wieso sie zu meinem Geburtstag eingeladen worden waren. Ich vermutete, damit die Wohnung voller aussah und man kaum Luft bekommen konnte. Wie in einem richtig schlechten, amerikanischen Teeniefilm eben.

Wenn ich mir daneben Anis und seine Frau ansah, die zusammen aus einem Glas Wein tranken, hätten die Kontraste nicht größer sein können. Sie passten irgendwie gar nicht in die Menge von jungen Zwanzigern, die zwanghaft versuchten, sich den Alkohol schmecken zu lassen. Sie waren eher die Eltern, die indirekt darauf aufpassten, dass niemand ins Waschbecken kotzen würde. Dennoch war ich froh, dass sie gekommen waren. Sie waren mit Abstand meine Lieblingsgäste.

Ich grinste, schüttelte meinen schwer gewordenen Kopf und trank den letzten Schluck von meinem Jäger-Energie-Mix, den ich endlich froh war, los geworden zu sein. Währenddessen vernahm ich von der Seite, wie sich jemand neben mich fallen ließ und seinen Arm um meine Schulter legte. Nachdem ich den Becher aus meiner Hand auf das Fensterbrett neben dem Sofa abgestellt hatte, wandte ich mich zu Hussein, der jedoch gar nicht mich musterte, wie er es immer tat, sondern die anderen Gäste um uns herum.

"Schon komisch, dass es niemanden gestört hat." Ich runzelte die Stirn, wusste dann jedoch, was der Rapper mit dieser Aussage meinte.

"Ich schätze durch Vladislav und später Anis haben es sowieso alle mitbekommen. Besonders die vom Label und Toni hatte eh schon diese Vermutung, da hat sie es bestimmt auch David getratscht." Wir lachten und doch konnte ich es immer noch nicht glauben, dass ich mit diesem Mann dort neben mir nun offiziell zusammen war. Es war so unrealistisch, besonders nach den Monaten, die nur so von Hochs und Tiefs überfüllt gewesen waren. Es fühlte sich gut an und doch irgendwie so, als sollte es nicht so sein.

"Ich kenne trotzdem Personen, die das hier zwischen uns nicht mögen werden. Und nein, dieses Mal fällt deine kritische Freundin Antonia weg." Er zeigte mit seinem Finger zwischen uns hin und her. Ich legte den Kopf schief, da mir nichts daraufhin einfiel. Wir blickten uns in die Augen, auch wenn mir seine schon relativ verschwommen vorkamen. Dann sah man seine Zähne, die durch das Lächeln auf seinen Lippen zum Vorschein kamen.

Arrhythmie [Rap-FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt