3|CHAPTER THREE

292 25 2
                                    

Der Himmel war von Sternen übersäht. Die drei Monde zogen im Sichelmond, Halbmond und Dreiviertelmond über den Himmel und tauchten die Wiesen in kaltes Licht. Ich schloss die Augen und genoss den warmen Wind auf meiner Haut. Hätte ich eine Wahl, würde ich für immer hier sitzen bleiben. Doch die Nacht blieb nie für ewig und das Leben ging weiter. Vielleicht wäre es aber besser wenn die Zeit für eine Weile stehen blieb.

Seit Kuros Rückfall waren jetzt vier Tage verstrichen, und egal was die Heiler für ihn taten, nichts half für längere Zeit. Seine Mutter, Lavera, bangte jeden Tag mehr um ihren einzigen Sohn. Ihr Mann war vor zwei Yael verstorben, und Kuro war so das einzige was ihr noch von ihm geblieben war. Ich kannte diese Art Trauer nur geringfügig, da ich durch die Krankheit sämtliche Erinnerungen an mein früheres Leben verloren hatte. Keiner hatte sich erklären können wieso, aber über diese Krankheit war so wenig bekannt, dass es auch ganz normal sein könnte, sein Gedächtnis zu verlieren. Das einzige was mir in Erinnerung geblieben war, war mein Name gewesen: Alexis. Die Beschützerin.

Ich atmete tief ein und aus. Irgendwie war ich das Gefühl nie losgeworden, meine leiblichen Eltern, wenn sie denn noch lebten, zu enttäuschen. Ich hatte eine Krankheit die verhinderte, dass meine Magicae zum Vorschein kamen. Ich war im Grunde also eine Gewöhnliche, ohne jegliche magischen Kräfte. Und wie jeden Tag überlegte ich, welches Element wohl am wahrscheinlichsten war. Immer wieder kam ich auf die gleiche Schlussfolgerung: Wasser, welches bei Kälte zu Eis wurde und sich nicht mehr bewegte. Ich fühlte mich zum Wasser hingezogen, schwamm gerne und tauchte im Sommer an Balbonjas Küsten zusammen mit Athalia. Die Welt unter dem Meeresspiegel war mindestens genauso faszinierend wie die Welt hier oben. Die Stille dort war entspannend und die Tiere zu beobachten stimmte mich irgendwie immer glücklich. Ich wünschte mir mit jeder Faser meines Körpers irgendwann diese Krankheit besiegen zu können und die Fähigkeiten des Elements Wasser selbst zu erleben. Den Bändigern zuzusehen war zwar interessant, aber nicht das gleiche.

Ich ließ mich wieder auf den Rücken fallen. Hinter mir lag der Stadtrand, und die Dächer des Palastes waren bis hier gut zu sehen.

Von Joel und Athalia wusste ich dass das üblich war – der Palast eines Königreiches überragte sämtliche andere Gebäude des Reiches und der Hauptstadt. Ich selbst hatte Balbonja noch nie verlassen dürfen, zu gefährlich sei es für mich, wie Lakeisha es gerne formulierte. Aaron stimmte ihr immer zu.

Die beiden wollten unbedingt herausfinden was für ein Element ich beherrschen konnte, denn sie vermuteten eines am meisten: wenn ich die zweite bekannte Person mit solch einer Krankheit war, musste mein Element stark sein, sehr stark. Und das Königspaar stand total auf starke Makari und Maori. Sie führten das Königreich an oberster Stelle des mächtigsten Kontinents, da brauchte man so viele starke Kämpfer wie nur irgendwie möglich. Ganz besonders, weil uns Seeplon, das Königreich zweiter Stelle, seit Yael im Nacken saß. Seeplon war gefährlich und unberechenbar. Die Makari des Reiches gingen aufs volle Risiko und steckten ihre Verluste ohne Umschweife ein. In den letzten fünf Yael wurde Adaon drei Mal angegriffen, und einer von denen, der letzte, ging nur ganz knapp gut für uns aus. Viele Krieger und Wächter waren den Kämpfen zum Opfer gefallen. Viele Familien hatten in diesen Tagen wertvolle Mitglieder verloren, und Kinder ihre Eltern.

Ich schüttelte den Kopf. Ich schüttelte den Kopf und hob den Blick wieder zum Himmel.

Wie konnte etwas nur so friedlich und still sein? Warum konnten wir das nicht auch hier unten haben? Pretosia benötigte dringend wieder ein paar Yael Frieden. Jetzt schon seit zwei Yael hielt der Krieg zwischen Tarlon und Yiradac an. Die Kontinente hatten sich vor einiger Zeit unschön verstritten und hatten sich geschworen den jeweils anderen zu zerstören. Und um ehrlich zu sein sah es für Tarlon besser aus. Ein Kontinent wurde immer vom Königreich an oberster Spitze geführt, bei uns war das Adaon, und so hatte Aaron beschlossen, regelmäßig Makari und Maori nach Glenn, Yiradacs Hauptstadt in Batay, zu schicken. Er wollte es sich nicht mit diesem Kontinent verscherzen, da von dort die meisten Händler Pretosias kamen. Sie reisten in alle Kontinente, in alle Königreiche, und verkauften dort ihre wertvolle Ware. Ohne diese müssten wir auf vieles verzichten. Aber was niemanden von hier entging: immer, wenn die Yirasner nach Adaon kamen, benahmen sie sich irgendwie komisch, so als würde irgendwas nicht stimmen. Als würden sie sich in Adaon unwohl fühlen. Yiradac hatte sich vor Jahrhunderten auf den Handel spezialisiert, und ließen die Kampffertigkeiten dabei ein bisschen sausen, was ihnen jetzt zum ersten Mal richtig zum Verhängnis werden sollte. Tarlon war nur halb so groß wie Yiradac, zwang sie aber dennoch in die Knie. Und ich wollte nicht wissen was passieren würde, wenn Yiradac den Krieg verlor. Wie würden dann hier die Märkte aussehen? Wesentlich leerer, soviel wusste ich.

Tief die Luft ausstoßend erhob ich mich wieder auf die Beine und entfernte mich mit langsamen Schritten weiter von der Stadt, weiter weg von den Lichtern, die den Himmel erhellten. Und umso weiter ich wegging, desto mehr strahlende Sterne konnte ich sehen, einige größer als andere. Die Monde hatten ihren nächtlichen Höchststand erreicht und spendeten zusätzliches Licht. Bald konnte ich sogar das Silbervlies erkennen, das sich wie eine breite Schlange über das Himmelszelt wand. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich das mir gebotene Bild in meinen Augen widerspiegelte, und meine Faszination mit ihm.

Das leichte Kleid wurde gegen meine Beine gepresst als der Wind über die Wiesen wehte. Hinter mir wehte es dann mit der leichten Brise.

Meine nackten Füße streiften das kühle Gras, welches sich im Wind zu grünen Wellen verwandelte. Mein Gesicht wandte ich gen Himmel.

Wie es wohl mit dem Element des Windes wäre? Ich könnte schneller reagieren, hätte ein besseres Gehör und würde schneller sein. Aber das wäre nichts für mich. Nicht in diesem Leben.

Ich wollte die Gewalt des Wassers in meinen Adern spüren, mich beweisen und Turniere gewinnen. Ich wollte endlich richtigen Respekt und Ansehen gewinnen. Und dies würde mir ohne Magicae nie gelingen.

Ich ging weiter bis zum Waldrand. Die Bäume ragten hoch in den Himmel. Aus der Entfernung hatten sie einen Teil des Himmels verdeckt, und jetzt wirkten die hohen Bäume nur noch gigantischer.

Ich seufzte und wandte mich wieder zur Stadt. Sie war in die Ferne gerückt, aber dank der ganzen Lichter immer noch gut zu erkennen. Wenn es nach mir ginge würde ich ab einer gewissen Zeit die Lichter in der ganzen Stadt ausmachen lassen, unter anderem, um so Leuten wie mir, die Chance zu bieten, die Sterne zu sehen.

Nach einer Weile drehte ich dann um, wieder zurück zur Stadt, zurück zum Palast.

Nächtliche Gedankengänge der lieben Alexis.
Rückmeldungen gerne in die Kommis💕

xoxo
Ash

Legend ~ High Queen {Band I}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt