Kapitel 8

995 76 6
                                    

[Harry]
Nachdem ich um 16:00 Uhr bei Paul im Büro war und wir auf Louis gewartet haben, der es noch immer für nötig hält sich um genau 20 Minuten zu verspäten, sind wir schließlich gemeinsam mit einer riesigen Limousine zum Flughafen gefahren. Obwohl es erst 17:00 war als wir ankamen, rannten uns ein Haufen kreischender Fans entgegen. Jetzt stehe ich hier inmitten von aufgedrehten, eigentlich nur weiblichen Fans, die sich alle um ein Foto mit Louis reißen. Meine Aufgabe ist es, die Fotos von Louis, mit seinem selbstverliebtem Grinsen, das irgendwie mehr auf mich als auf die Kamera gerichtet ist, zu schießen.  Und so läuft es eigentlich ganz gut für mich als Fotograph. Es bringt mich sogar ein bisschen zum Grinsen, wie leicht man Louis zufriedenstellen  kann: es reicht schon, dass sich ein paar Mädchen mit ihm und nicht mit mir fotografieren lassen wollen und schon ist er super drauf. Mir soll es recht sein, immerhin muss ich ganze 3 Stunden mit einem gut oder schlecht gelaunten Louis in seinem Privatjet, ja seinem Privatjet, verbringen und so wie es aussieht, werde ich die bessere Option, den gut gelaunten Louis, bekommen. Es sieht auch weiterhin alles gut für mich aus, als mir eine große Blondine ihr Handy in die Hand drückt: "Kannst du ein Foto mit mir und Louis machen, Harry?", fragt sie mich mit einem breitem Lächeln im Gesicht. Ein bisschen perplex, dass sie meinen Namen kennt, nehme ich ihr das Handy aus der Hand und mache ein Foto. Doch dann passiert etwas, was mich zwar zur einen Seite total freut, mich zur anderen Seite aber mit ziemlicher Sicherheit in den Abgrund, namens schlecht gelaunter Louis, befördert. Die hochgewachsene Blondine dreht sich mit Louis Hand auf ihrer Schulter zu ihm um und lächelt ihn zuckersüß an. "Machst du jetzt noch eins mit mir und Harry?" Louis schiefes Grinsen versteinert sich und seine ganze Haltung verliert ihre Lockerheit.  Obwohl er eine ganze Weile einfach nur dasteht und ich schon damit rechne, dass er dem Mädchen gleich eine Standpauke darüber hält, wer von uns beiden der Star ist, setzt er sich ganz plötzlich in Bewegung, geht schnurstracks auf mich zu und nimmt mir das Handy aus der Hand. Das Mädchen tritt an meine Seite und ohne groß darüber nachzudenken beuge ich mich zu ihr hinunter und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Als ich wieder aufschaue, sehe ich, dass ihre Wangen rot angelaufen sind und ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Auf einmal kommen ganz viele andere junge Mädchen, die auch unbedingt ein Foto mit mir, auf dem ich ihnen einen Wangenkuss gebe, haben wollen. Nach der Reihe drücken sie jetzt Louis ihr Handy in die Hand, der versucht, mich mit seinem Blick zu töten, und obwohl ich weiß, dass der Flug wohl nicht sehr angenehm für mich werden wird, genieße ich es. Nach ein paar weiteren Minuten kommt Paul schließlich herbei, um uns darauf hinzuweisen, dass wir jetzt los müssen, also machen wir uns zu dritt auf den Weg.

Mit meinem Koffer steige ich die Stufen zu dem ziemlich klein wirkenden Privatjet hoch. Oben angekommen klappt mir meine Kinnlade herunter. Die Decke ist mit einem Muster von eingebauten Lichtern geschmückt und vor mir steht eine große Eckcouch aus weißem Leder, vor der sich ein riesiger Flachbildfernseher befindet. Als Louis, der vor mir hineingegangen ist und sich gerade an der Minibar neben der Couch bedient, mich mit einem arroganten Grinsen im Gesicht ansieht, schließe ich meinen Mund wieder und versuche möglichst unauffällig alles zu bewundern. Paul hingegen, der nach mir die Suite auf Rollen betritt, geht sofort mit seinem Handy in der Hand auf eine Tür ganz am Ende des Ganges zu. Ich nehme an, dahinter befindet sich sein Büro oder so etwas in der Art. Schließlich setzte ich mich auch in Bewegung, lasse mich in die Ecke der weichen Couch fallen und setzte mir meine Kopfhörer auf, um ein bisschen Musik zu hören. Allerdings werde ich nur wenige Sekunden später von blauen Laseraugen, die ich nicht einmal sehe, weil ich meine Augen geschlossen habe, aber definitiv spüre, dazu gezwungen meine Augen zu öffnen. Louis sagt irgendetwas aber ich verstehe ihn nicht, also nehme ich widerstrebend meine Kopfhörer ab. ,,Du sitzt auf meinem Platz, Hazza," faucht er mich an. ,,Die ganze Couch ist frei Lou," fauche ich mindestens  genau so frech zurück. ,,Wie hast du mich gerade genannt?" Ein gefährlicher Unterton hat sich in seine Stimme gemischt, der mir wohl klarmachen soll, dass ich nicht näher darauf eingehen soll, wenn ich diesen Privatjet, der mittlerweile schon in der Luft ist, lebend verlassen will. ,,Louis, wieso?", antworte ich also mit einem unschuldigen Lächeln. Louis hebt die Augenbrauen, geht aber auch nicht mehr darauf ein. ,,Hazza, such dir gefälligst einen anderen Platz," sagt er bemüht ruhig. ,,Nein.", antworte ich gelassen, weil das total kindisch von ihm ist. Seine Augen verengen sich zu kleinen Schlitzen. ,,Steh auf oder ich setze mich auf dich drauf," droht er mir. Sein Gesicht läuft genauso rot an, wie das der Mädchen, nur aus einem ganz anderen Grund, eher weil er nicht  damit gerechnet hat, dass ich einfach anfange zu lachen. Ich muss so viel lachen, dass ich schon Tränen in den Augen habe, als sich Louis auf einmal wirklich auf mich draufsetzt. Sofort höre ich auf zu lachen und versteife mich, während auch er kerzengerade auf meinem Schoß sitzt. Ich sollte unter ihm wegrutschen aber ich traue mich nicht, mich zu bewegen, also sitzen wir einige Minuten da. Solange, bis Paul aus seinem Büro kommt und uns mit einem Blick betrachtet, der bestätigt, dass er der Meinung ist, dass wir jetzt komplett den Verstand verloren haben. Sein Anblick reist mich aus meiner Starre und sofort rutsche ich unter Louis weg, stehe auf und setze mich auf das andere Ende der Couch. Den Rest des Fluges schweigen wir beide. Auch als wir aussteigen und in das Taxi, das uns schon erwartet und  zu unserem Hotel bringt, einsteigen, sagt keiner von uns beiden auch nur ein Wort. Sobald ich meine Zimmerkarte habe eile ich über die Stiege in den 3. Stock, stecke die Karte in den Schlitz und drücke die Klinke herunter. Ich schiebe meinen Koffer in die Ecke und nehme mir vor, ihn morgen auszuräumen. Dann schreibe ich Ember noch schnell eine Nachricht :,,Bin gerade erst in mein Zimmer gekommen und bin hundemüde. Wir telefonieren morgen, ja? Gute Nacht!" Erschöpft lasse ich mich aufs Bett fallen. Hoffentlich wird der Rest der Tour nicht so ... seltsam werden.

Tour De L'amourWo Geschichten leben. Entdecke jetzt