Kapitel 29

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[Louis]
Nein! Absolut nein! Ich starre Harry an, er hält mich immer noch am Arm zurück. Ich will nicht darüber reden... Harrys Hand streicht über meine Wange und wischt damit eine meiner Tränen weg. Seid wann bin ich so ein Weichei geworden? Seid wann weine ich denn bitte? Ich reiße meine Hand aus Harrys Griff. Ich will nicht darüber reden. Hör verdammt nochmal auf, für mich da zu sein! Hör auf! Ich reibe mir die Augen. Versuche meine Tränen zurück zu halten. Du hilfst mir mit deiner Fürsorglichkeit nicht! ,,Was ist los mit dir? Du kannst mit mir reden, wirklich," sagt Harry und setzt sich wieder auf die Coach, nicht freiwillig, dass kann ich ihm ansehen. Ihm muss wohl wieder schwindelig geworden sein, sein Fieber ist wohl wieder gestiegen. Instinktiv drücke ich meine Handfläche gegen seine Stirn, doch Harry entfernt sie sofort wieder. ,, Lou! Du kümmerst dich um mich und ich mich um dich, hast du das verstanden? Ich kann das nicht einfach so hinnehmen, wenn ich weiß, dass es dir schlecht geht," sagt er als wären wir schon Jahre lang dicke Freunde und reißt meine Hand nach unten. Jetzt sitze ich wieder neben ihm. ,,Es ist wegen meinem Geburtstag," sage ich und starre dabei auf meine Hände. ,,Was ist mit deinem Geburtstag?" ,, Meine Mum und ich haben den Weihnachtsbaum immer gemeinsam an meinem Geburtstag geschmückt." ,,Oh... Und wann war dein Geburtstag?", fragt er und ich kann es ihm ansehen wie peinlich es ihm ist, dass er meinen Geburtstag nicht weiß. ,,Um genau zu sein ist er,-" Mein Blick sucht die Uhr, die an der Wand hängt ,,- heute." ,,Du hast heute Geburtstag!?Es-" Er muss husten ,,-Es tut mir Leid.. ich wusste das nicht! Alles Gute Lou," sagt er lächelnd und streichelt über meinem Oberarm. Dann wartet er geduldig, dass ich weiter rede. ,,Meine Mutter ist vor drei Jahren an Blutkrebs gestorben." Es ist das erste Mal, dass ich diesen Satz sage, oder besser gesagt ist es das erste Mal, dass ich überhaupt mit irgendjemandem über ihren Tod spreche. ,,Seitdem habe ich mich immer mehr von meiner Familie abgewendet. Ich hatte das Gefühl, dass ich meine Familie zusammenhalten muss. Ich wollte sie beschützen und für sie da sein... Damit habe ich jedoch alles schlimmer gemacht. Wir sind irgendwie auseinander gebrochen, wir haben nur noch gestritten... Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Alles hat mich an meine Mum erinnert und ich war durch und durch in einem Trauerzustand, also bin ich ausgezogen und seit dem habe ich eigentlich so gut wie keinen Kontakt mehr mit meiner Familie," sage ich und spüre dabei eine Träne meine Wange runter laufen. ,,Ich war nicht immer so, weißt du!?" Harry sieht mich verwirrt an ,,Was meinst du?", fragt er leise. ,,Ein Egoist, arrogant und selbstverliebt!-", schreie ich weinend. ,,-Ihr Tod hat mich kaputt gemacht! Ich bin kaputt. Sieh mich an was aus mir geworden ist!? Mein Charakter, ich -." Harry lässt mich nicht weiter reden. Er zieht mich wieder in eine Umarmung. ,,Lou hör auf. Hör auf!" Ich schluchze in seine Schulter. Noch nie habe ich soviel geweint. Ich wollte immer stark sein, ein Vorbild für meine Schwestern sein. Ich wollte ihnen zeigen, wie man mit so einer Situation umgehen soll, doch im Endeffekt haben es alle besser geschafft damit umzugehen, als ich. ,,Louis deine Mum ist bestimmt unendlich stolz auf dich," sagt er und streichelt mir langsam über den Kopf. Mittlerweile liege ich mehr auf ihm, als dass wir nebeneinander sitzen. Mein Kopf liegt auf seiner Brust und er lehnt an der Coach. ,,Du hast deinen Traum verwirklicht. Du hast weiter gemacht nach ihrem Tod, auch wenn du das nicht glaubst. Natürlich hast du Fehler gemacht, aber du kannst das wieder hinkriegen. Trete wieder mehr in Kontakt mit deiner Familie und sei der, der du bist. Ich weiß, dass du kein schlechter Mensch bist." Ich antworte nicht. Stattdessen kuschle ich mich nur mehr an seinen Brustkorb. Ich kann seinen Herzschlag spüren, was mich beruhigt. Wieder fühle ich mich wohl. Langsam beruhige ich mich wieder, jedoch habe ich nicht vor aufzustehen. ,,Es tut mir leid," sage ich. ,,Was tut dir Leid?" ,,Dass ich so ein Arschloch zu dir war," meine ich. Harry lächelt, dass kann ich spüren. ,,Schon okay." Es tritt wieder Stille ein und langsam fallen mir auch wieder die Augen zu. Obwohl mir immer wieder bewusst wird, dass ich, mehr oder weniger, auf Harry liege und dass sich das anders anfühlt, als es sich anfühlen sollte. Trotzdem schlafe ich schließlich ein.

Ich öffne meine Augen. Irgendetwas bewegt sich unter mir. Langsam hebe ich den Kopf und sehe in Harrys strahlende grüne Augen. Man kann sofort sehen, dass es ihm heute um einiges besser geht wie gestern. ,,Guten morgen," sagt er fröhlich wie immer. ,,Morgen," versuche ich genauso motiviert zu sagen wie er, jedoch scheint es mir nicht zu gelingen und sehr ironisch zu klingen, da Harrys Grübchen wieder zum Vorschein kommen. Ich liebe das. Warte was?! Als ich realisiere, dass Haz aufstehen will, springe ich sofort von ihm runter und stehe auf. Erst jetzt wird mir wieder bewusst, was gestern, oder besser gesagt heute, passiert ist. Peinlich! Ich streiche mir über mein Gesicht. ,,Wie geht's dir?", frage ich um mich auf andere Gedanken zu bringen. ,,Besser. Ich glaube, das Fieber ist wieder weg," meint er und steht nun auch auf. Um ihm nun in die Augen sehen zu können, muss ich meinen Kopf leicht heben. Warum ist er soviel größer wie ich!? Ich will auch so groß sein! Wieder lege ich meine Handfläche auf seine Stirn. Diesmal reißt er sie nicht wieder von seinem Gesicht, sondern lehnt sich sogar etwas dagegen. ,,Ja ich glaube es ist weg. Was nicht heißt, dass du dich jetzt nicht mehr ausruhst," sage ich und zeige dabei auf die Coach. ,,Vielleicht sollten wir mal wieder in einem richtigen Bett schlafen," sage ich, währenddessen ich mich strecke, wobei mir meine Rückenschmerzen mehr als deutlich bewusst werden. Dann denke ich über den Satz genauer nach. Ich muss an die Zeit im Hotel denken, als wir beide im selben Bett geschlafen haben. Seitdem habe ich eigentlich nicht mehr alleine geschlafen. Ich weiß, dass es sich nicht gut anfühlen sollte, jedoch kann ich trotzdem nicht leugnen, dass mich seine Anwesenheit mehr als beruhigt. ,,Das ist eine wirklich gute Idee," meint er und bringt mich damit total aus meinen Gedanken. Er dreht sich um und geht in die Küche. Ich folge ihm nicht, sondern gehe direkt in mein Zimmer. Schnell hole ich mir ein neues T-Shirt und eine Jeans aus dem Koffer, den ich immer noch nicht ausgepackt habe und ziehe mich um. Dann hole ich mir den Autoschlüssel und gehe Richtung Tür. ,,Wo gehst du hin?", fragt Harry fast etwas hysterisch. ,,Keine Sorge ich komme wieder. Ich wollte nur etwas Anständiges zu essen für uns kaufen. Oder willst du wieder nur Brot und Gemüse essen?", frage ich. ,,Gemüse ist gesund," meint er und hält mir dabei eine Tomate hin. Ich muss lachen. ,,Ich fahre einkaufen!", schreie ich, währenddessen ich die Türe hinter mir zufallen lasse.

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