Kapitel 26

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[Harry]
,,Welcher Idiot hat dir denn einen Führerschein gegeben?!", schreie ich Louis an, während ich versuche meine Todesangst unter Kontrolle zu bringen. Eigentlich sieht die Straße vor uns ziemlich gerade aus, aber Louis schafft es trotzdem, sie so zu fahren, als ob es ein Slalom-Parkour wäre. ,,Du hast doch einen Führerschein oder?", frage ich ihn nach einer Weile, als er nicht antwortet. Lou grinst nur und macht eine scharfe Linkskurve, die man definitiv nicht so scharf hätte fahren müssen. Entgeistert schaue ich ihn an. Lou blickt noch immer grinsend auf die Straße und ich kann sehen, dass er sich nur schwer ein Lachen unterdrückt. ,,Ich brauche keinen Führerschein, ist doch kinderleicht," meint er mit einem Schulterzucken und hebt dabei beide Hände vom Lenkrad. ,,Ist das dein Ernst?" Meine Stimme ist mehr ein Hauchen, als eine Frage. Jetzt kann Louis sich nicht mehr beherrschen und bricht in schallendes Gelächter aus, was mich nur dazu bringt, ihn noch fassungsloser anzustarren. ,,Mann, natürlich habe ich einen Führerschein, du Idiot!", sagt er, als er sich wieder halbwegs beruhigt hat. Innerlich seufze ich auf vor Erleichterung, dass ich doch nicht komplett verloren bin. Diese Hoffnung gebe ich bei der nächsten scharfen Rechtskurve allerdings schon wieder auf. ,,Was hälts du davon, wenn ich fahre?", schlage ich nach ein paar weiteren turbulenten Stunts vor. ,,Sei nicht so ein Schisser Hazza. Ich habe einen Führerschein, glaub mir," entgegnet Lou nur. ,,Merkt man nicht", flüstere ich eher zu mir, als zu ihm, aber er scheint es trotzdem zu hören, denn sein Blick huscht kurz zu mir, bevor er wieder die Straße fixiert. Um mich von dem wirklich schrecklichen Fahrvermögen von Lou und meinen Mordgedanken an seinem Fahrlehrer abzulenken, starre ich Lou fast schon zwanghaft an. Als Lou nach einer Weile seinen Kopf in meine Richtung dreht, wende ich den Blick aber sofort ab und starre stattdessen auf meine Füße. ,,Und?", fragt er mich mit einem neckenden Unterton. ,,Und was?" ,,Mein Profil ist der Hammer oder?" Ist jetzt nicht sein Ernst! ,,Ja, ganz toll Lou", schnaube ich, auch wenn ich es sogar zur Hälfte ehrlich meine. Vielleicht auch ein bisschen mehr als die Hälfte... ,,Was hättest du eigentlich gemacht, wenn ich nicht gekommen wäre?", lässt Lou das Thema mit seinem Profil wieder fallen, wofür ich ihm sehr dankbar bin. ,,Mhhm..." Das ist tatsächlich eine gute Frage. Wie lange hätte ich auf ihn gewartet beziehungsweise wäre ich ohne ihn gefahren? Nein. Jetzt erst realisiere ich, dass ich mein "Natürlich nicht" von vorhin wirklich ernst gemeint habe. Ich meine ja nicht, dass ich es keine Minute ohne ihn aushalte, aber ich denke ich wäre wirklich nicht ohne ihn gefahren. ,,Ich habe einfach darauf vertraut, dass du kein komplettes Arschloch bist," antworte ich ihm, bevor ich mich noch mehr mit dieser Erkenntnis beschäftigen kann. ,,Bin ich nicht?" Ok, auf dieses Gespräch werde ich mich jetzt nicht einlassen, also beuge ich mich nach vorne, um den Radio einzuschalten, wobei meine Hand seinen Unterarm streift, was mich kurz zum Stocken bringt. Was ist eigentlich los mit mir? Schnell reiße ich mich zusammen, schalte den Radio ein und lasse mich in meinem Sitz zurück fallen. ,,I am just like you. Even though my problems look nothing like yours do..." Ich blicke im selben Moment zu Louis, in dem auch er in meine Richtung sieht. Dann fangen wir beide an zu lachen. Ich lache, bis mir die Tränen kommen und als ich wieder zu Louis blicke, dem vor lauter Lachen auch schon die Tränen gekommen sind, hebe ich reflexartig die Hand und wische vorsichtig mit den Fingern über seine Wange, um die Tränen wegzuwischen. Lous Lächeln verblasst und jetzt sehen wir uns einfach nur in die Augen. Sobald ich realisiere was ich da gerade getan habe, ziehe ich meine Hand schnell zurück. ,,Sorry" flüstere ich verlegen. ,,Schon okay. Tränen passen einfach nicht zu meinem Image," winkt Lou überraschend gelassen ab. Ich lache leise. Die restliche Fahrt herrscht angenehmes Schweigen. Vielleicht liegt es daran, dass ich damit beschäftigt bin, meine Aktion gerade eben abwechselnd peinlich und lustig zu finden, aber am aller schlimmsten: nicht zu bereuen, oder daran, dass ich mich schon langsam an Lous sehr spezielle Fahrweise gewöhne.

Als wir auf einem Parkplatz, der nicht weit vom Weihnachtsmarkt entfernt ist, aussteigen, weht ein eisiger Wind. Bereits auf dem Weg zum Weihnachtsmarkt beginne ich zu zittern und vergrabe meine Hände tiefer in den Taschen meines Mantels, was aber reichlich wenig nützt. Endlich angekommen gehen wir sofort in die Richtung, wo Tannenbäume zu kaufen sind. Mir steigt der angenehme Geruch der Tannen in die Nase und ich kann ein zufriedenes Seufzen nicht zurückhalten, das allerdings eher in ein Husten ausartet. ,,Der sieht doch perfekt aus," meint Lou und bleibt vor dem ersten Baum, den er finden kann stehen. ,,Schon klar, du hast jetzt keinen Bock einen Christbaum zu suchen." Lou verzieht seine Lippen zu einem Grinsen, das meine Feststellung bestätigt. ,,Teilen wir uns auf, dann sind wir schneller fertig okay?" Lou nickt nur, dreht sich um und geht zum nächsten Baum, wo er sich wieder zu mir umdreht und mich fragend ansieht. Ich schüttle grinsend den Kopf, drehe mich ebenfalls um und mache mich selbst auf die Suche. Bereits nach ein paar Minuten habe ich den perfekten Baum fürs Haus gefunden. Suchend schaue ich mich nach Louis um und kann ihn schließlich neben dem zweiten Baum, den er vorgeschlagen hat, mit seinem Handy in der Hand stehen sehen. War ja nicht anders zu erwarten. Ich will ihn schon rufen, aber dann habe ich doch eine bessere Idee. Ich bücke mich, nehme etwas von dem Kunstschnee, den sie extra um die Bäume herum aufgestreut haben, in die Hand und forme ihn zu einem Schneeball. ,,Wow, ich hätte nicht gedacht, dass das funktionieren wird," sage ich zu mir selbst und sehe begeistert den fake Schneeball in meiner Hand an, der nicht wie erwartet wieder in tausend Flocken zerfällt. Ich richte mich wieder auf, ziele und treffe Louis genau am Kopf! Erschrocken zuckt er zusammen und blickt von seinem Handy auf. Als er mich erblickt, wie ich versuche nicht laut los zu lachen, weicht sein erschrockener Blick einem wütenden, der mich aber nur dazu bringt doch anzufangen zu lachen. Ich lache, bis mir plötzlich auch ein gefakter Schneeball an den Kopf geworfen wird. Als ich zu Lou blicke, hat er ein zufriedenes Grinsen aufgesetzt. Ich will mich ein zweites Mal bücken, um noch einen Schneeball zu machen, als auf einmal Gekreische ertönt. ,,Louis, Louis, kannst du ein Foto mit mir machen? ... Harryyy! ... Oh mein Gooott!" Ja, das war irgendwie zu erwarten...

Nachdem wir mit den paar Mädchen ein Foto gemacht haben, bezahlen wir schnell den Baum und tragen ihn gemeinsam zurück zum Auto, wo wir ihn in den Kofferraum legen. Wir können von Glück reden, dass der Baum überhaupt hinein passt. Lou schließt den Kofferraum und geht auf die Fahrertür zu. ,,Lou?", frage ich. ,,Was?" ,,Eh, was machst du da?" ,,Einsteigen, damit wir endlich wieder nach Hause fahren können?" Er öffnet die Tür, setzt sich ins Auto und sieht mich erwartungsvoll an. ,,Ehrlich gesagt, müssen wir nochmal zurück und Schmuck für unseren Baum kaufen," meine ich. Louis lacht auf. ,,Nein, auf gar keinen Fall!" ,,Bitte Lou!" ,,Ohne mich." ,,Ach komm schon! Bitte bitte bitte bitte bitte bitte ... " ,,Okay!", unterbricht er mich. ,,Gehen wir!"

Zurück am Weihnachtsmarkt kaufen wir in Rekordzeit ein paar Christbaumkugel und Kerzen. Louis kann ja richtig organisiert sein! Aber es scheint sich sehr schnell herumgesprochen zu haben, dass Lou und ich hier sind, denn mit der Zeit werden es immer mehr Fans und auch einige Paparazzis haben sich unter die Menge gemischt. Wir versuchen mit jedem Fan ein Foto zu machen, aber es werden einfach immer mehr und mehr und mit der Zeit reicht es den Paparazzis auch nicht mehr nur Bilder von uns zu schießen, sondern beginnen uns mit Fragen zu bombadieren. ,,Harry, hast du noch einmal mit Eleanor gesprochen? Was sagt du zu den Gerüchten über deine Alkoholsucht Louis? " Lou und ich machen noch ein paar letzte Fotos und bewegen uns dabei langsam auf das Tor zu, das aus dem Weihnachtsmarkt führt, was sich allerdings als etwas kompliziert herausstellt. Nach sicher 30 Minuten stehen wir endlich vor den Tor, noch immer von Fans und Paparazzis umringt. Plötzlich greift jemand nach meiner Hand und zieht mich zu sich. Ich stolpere, fange mich aber gleich wieder. Als ich aufsehe, erkenne ich, wer es ist, der meine Hand hält. Louis. Er lehnt sich zu mir nach vorne: ,,Lauf!"

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