Kapitel 41

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[Louis]
Die Interviewerin sieht mich verwirrt an. ,,Ich finde den Text sehr besonders und...-" Paul unterbricht mich mit seinen Worten : ,,Das wars. Das Interview ist jetzt beendet." Der Kameramann wendet seine Kamera von uns ab und die Dame steht auf. Sie widerspricht Paul, jedoch verfolge ich deren Gespräch nicht weiter, da meine ganze Aufmerksamkeit auf Harry liegt, der immer noch wie erstarrt ist. Ich weiß ganz genau, dass wir jetzt in wirklich großen Schwierigkeiten stecken. Paul muss sie überreden die unangenehmen Momente des Interviews herauszuschneiden und nicht zu veröffentlichen und ich hoffe wirklich, dass sie dem zustimmen, sonst haben wir ein echtes Problem, oder besser gesagt Harry hat eins und das hat vor allem er nicht verdient. ,,Geht's dir gut?", frage ich besorgt und Harry nickt nur kurz darauf. ,,Lasst uns gehen Jungs," sagt Paul und Harry springt sofort auf. Ich folge ihm und wir verlassen das Gebäude so schnell wir können.

Kaum sind wir in die Limousine eingestiegen, beginnt Paul dumm zu lachen. ,,Also was denken die eigentlich wer die sind!? Das ist doch komplett lächerlich! Warum sollte ein Star wie du Harry,-" Er versucht mit Harry Blickkontakt aufzunehmen, dieser starrt aber nur beschämt aus dem Fenster, was Paul natürlich nicht auffällt. ,,-schwul sein. Ich meine sieh dich an!", ruft er, während er sich ein Bier aus der Minibar holt. ,,Ich frage mich, wie die Leute auf sowas kommen," immer noch lachend nimmt er einen Schluck. ,,Schwul! So lächerlich, ich-" ,,Halt verdammt nochmal deine Klappe Paul!", schreie ich ihn wütend an. ,,Es ist genug, verstanden!?" Paul sieht mich verwirrt an. Erst nach ein paar Sekunden scheint er die Lage zu verstehen. Mein Blick wandert zu Harry, der sich immer noch keinen Zentimeter, seit dem wir weggefahren sind, bewegt hat. ,,Du bist... Es ist also wahr?" Paul scheint den Ernst der Lage nun endlich verstanden zu haben. Harry schluckt. Am liebsten würde ich ihn jetzt in meine Arme nehmen. Ihn trösten, für ihn da sein, aber ich kann nicht. Es ist schon genug, wenn Paul erfährt, dass er schwul ist, er braucht nicht auch noch, das zwischen mir und Harry erfahren, vor allem wenn wir selber nicht einmal wissen, was das zwischen uns ist, oder besser gesagt ob überhaupt noch etwas zwischen uns ist. Den Rest der Fahrt zum Studio, wo wir die letzten Lieder unseres Songs aufnehmen, herrscht komplette Stille. Erst als wir aussteigen und das Studio betreten werden wir zurück in die Realität geholt und zwar in unseren Job. Wir müssen singen, wir haben einen Zeitplan der eingehalten werden muss, auch wenn wir und vor allem Harry gerade nicht in der Stimmung dafür sind. Harry richtet seine Sonnenbrille, nimmt sie aber nicht ab, auch nicht, als wir bereits im Tonstudio neben unseren Mikros stehen. Ich kann seinen Schmerz spüren. Es tut mir wirklich im Herzen weh, ihn so zu sehen, aber ich kann leider im Moment so gut wie nichts für ihn machen.

Die vier Stunden, die wir hier verbringen, vergehen nicht wirklich schnell. Harry hat kein einziges Wort geredet. Paul ist die Situation von vorher mehr als peinlich, weswegen auch er nicht wirklich viel gesprochen hat. Und dann gibt es noch mich, an dem das Ganze auch nicht einfach so vorbei gegangen ist. Mir kommt immer wieder in den Sinn, wie verdammt knapp es war. Wäre das Foto in einem anderen Winkel geschossen worden, dann hätten wir jetzt noch ein viel größeres Problem. Dann wäre ,,Larry" offiziell real und bevor ich selber nicht weiß, was das zwischen uns ist, möchte ich nicht, dass die Öffentlichkeit etwas davon erfährt. Die Worte des Mannes, der vor uns steht und uns die letzten Informationen über das neue Album, das am Sonntag veröffentlicht wird, gibt, gehen total an mir vorbei, wie auch an Harry, der starr nach vorne blickt. Es tut weh ihn so zu sehen, so verdammt weh. Am liebsten würde ich ihn jetzt in die Arme nehmen, ihm sagen, dass alles wieder gut wird, aber das wären leere Versprechungen und das weiß er ganz genau. Nachdem der Mann auch endlich die Klappe hält, gehen wir Richtung Ausgang. Während der Autofahrt sieht Harry wieder nur aus dem Fenster und trägt dabei stets seine schwarze Sonnenbrille. Wir fahren bereits mehr als fünf Minuten, erst dann meldet sich unser Manager zu Wort. ,,Harry das tut mir so Leid wegen vorhin. Hätte ich das gewusst, hätte ich nicht so reagiert," meint Paul und versucht dabei Blickkontakt mit Harry aufzubauen. ,,Ist schon okay," sagt er leise, eher zu sich selbst als zu Paul. Er nickt, immer noch total beschämt. ,,Es tut mir Leid, das jetzt fragen zu müssen, aber wie soll es jetzt weiter gehen? Ich meine hast du dich schon geoutet? Willst du dich vor der Öffentlichkeit-" ,,Paul, ich denke das reicht für heute, darüber können wir auch morgen reden," unterbreche ich ihn und er nickt nur. Mein Blick wandert wieder zur Harry. Er sitzt verkrampft auf seinem Platz, den Blick weiterhin aus dem Fenster gerichtet. Die Stimmung lockert sich auch nicht im Laufe der Fahrt auf, sondern bleibt angespannt und kühl. Als wir vor unserer Villa ankommen gibt mir Paul noch einige Informationen wegen dem Konzert morgen Abend und dann steigen wir aus.

,,Es tut mir so Leid. Es tut mir wirklich so unendlich Leid," sage ich sofort, als wir das Haus betreten und folge Harry der geradeaus auf die Coach zugeht. Er setzt sich und ignoriert mich weiterhin. ,,Was kann ich tun damit es dir besser geht?", frage ich und setze mich neben ihn. Ich fühle mich so schlecht. Ich habe die ganze Zeit nicht für ihn da sein können. Er sieht mich an, trägt aber immernoch seine Sonnenbrille. Er schluchzt. Vorsichtig nehme ich ihm seine Sonnenbrille ab. Rechne damit, dass er sich wehrt, mich abstoßt, so wie ich es an seiner Stelle getan hätte. Jedoch lässt er es über sich ergehen. Seine Augen sind rot und wässrig. Ein Stich durchzieht mein Herz. Eine Träne läuft seine Wange hinunter und ich wische sie mit meinem Daumen weg. Ich will etwas sagen, aber ich weiß nicht was, also ziehe ich ihn in eine Umarmung. Ich drücke ihn ganz fest an mich und streichle sanft über seinen Rücken. Ich weiß nicht wie lange wir so verharren, aber die Sonne geht bereits unter. ,,Danke." ,,Für was?" ,,Für das hier. Ich habe jetzt ... einen Freund gebraucht," meint er immer noch an mich gelehnt. Autsch. Das tat jetzt auch weh. Entschlossen seine Worte zu ignorieren, entreiße ich mich unserer Umarmung und sehe ihm tief in die Augen. Mein Bauch kribbelt, was daran liegen könnte, dass wir nur wenige Zentimeter von einander entfernt sind. Ich kann seinen mittlerweile ruhigeren Atem deutlich spüren und seine Wärme, die sich durch meine an seine angelehnte Stirn, zieht und meine Wangen vermutlich rot anlaufen lässt. Harry greift nach meiner Hand und diesmal entziehe ich ihm meine nicht. Ich streiche leicht mit meinem Daumen über seinen Handrücken und so verharren wir eine Weile. ,,Ich-" ,,Sag lieber nichts," unterbreche ich Haz sofort. Seine Augen werden wieder wässrig und ich streiche die darauf folgenden Tränen sanft von seinen Wangen. Anstatt meine Hand jedoch wieder mit seiner zu vereinen, verharrt sie an seiner Wange. Wieder durchzieht mich dieses Kribbeln. Wir kommen uns immer näher, unsere Nasenspitzen berühren sich bereits, ich schließe die Augen und dann........

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