Drei Tage nachdem Evan gemeinsam mit Alex seine Mutter gesprochen hatte, saß Maverick mit gerunzelter Stirn hinter seinem Schreibtisch. Langsam hatte er es endgültig satt, zu warten, bis sein Sohn endlich verwertbare Informationen aus dem Todesfürsten rauskriegen würde. Gut, er hatte sich bereits einmal eingemischt und das war zugegebenermaßen nicht ganz so verlaufen, wie er erwartet hatte. Für seine eher schmächtige Erscheinung, war Alex trotzdem nicht gerade das, was man sich unter einer halben Portion verstand. Maverick hatte vermutet, dass der bloße Anblick der Peitsche dem Nekromanten die Zunge lockern würde, aber der Mann war zäh. Angesichts der Tatsache, dass Evan ihn offenbar geheilt hatte, weshalb sein Vater immer noch von Wut bebte, würde er vermutlich auch weiterhin Probleme machen.
Maverick war nicht gerade ein empathischer Mann, aber dumm war er nicht. Er hatte sehr wohl begriffen, dass Alex es ernst meinte, als er sagte, er wolle lieber sterben, als mit seinem Clan zu arbeiten. Sterben durfte der Mann in keinem Fall, aber Maverick wollte ihn leiden sehen. Allein schon, um ihn wegen seiner unbändigen Unverschämtheit ihm, dem Clanoberhaupt, gegenüber auszutreiben. Aber er war sich zum ersten Mal bei einem Gefangenen nicht sicher, ob Gewalt ihn weiterbringen würde. Vermutlich nicht, nein! Er musste psychischen Schmerz erzeugen. Aber selbst das gestaltete sich in diesem Fall als schwer. Maverick wusste, dass Alex oft seinen Wohnort wechselte, um kein Aufsehen zu erregen. Also hatte er vermutlich auch nicht gerade viele Freunde, mit denen man ihn Druck setzen konnte.
Wütend schnaubend dachte Maverick nach. Vielleicht sollte er es doch noch einmal mit dem Keller versuchen und Evan verbieten, den Todesfürsten überhaupt noch zu sehen. Sein Sohn war ja schon immer zu weich gewesen, aber bei diesem Mann schien er es wirklich auf die Spitze treiben zu wollen.Er wurde aus seinen Gedanken gerissen, als Jeffrey das Zimmer betrat: „Du siehst unzufrieden aus, was ist los?"
Der Vampir knurrte unwillig: „Warum hast du mich dazu überredet, den Nekromanten Evan zu überlassen?! Er vermasselt es mal wieder auf ganzer Strecke!"
„Dieser Alex ist auch eine harte Nuss, aber Evan wird das schon noch lernen... Wenn er deinen Platz einnimmt, muss er das auch schaffen! Du wolltest dich doch langsam zurückziehen...", gab der Magier zu bedenken.
„Ja, aber offensichtlich ist er noch nicht so weit! Er versucht sich mit diesem Todesfürsten anzufreunden, anstatt ihn zu unterwerfen.", echauffierte Evans Vater sich, „seit einer Woche ist der Nekromant schon hier und was hat mein Sohn herausgefunden?! Es ist ein Todesfürst! Ohne Samuel wüssten wir selbst das nicht mit Sicherheit! Und das, obwohl ich ihn nicht einmal davon abgehalten habe, diesem Mann in seinem Bett schlafen zu lassen! Weißt du, was das für Gerüchte geben wird, wenn das rauskommt?! Der Sohn vom Clanoberhaupt, eine dreckige kleine Schwuchtel? Ein Schwanzlutscher? Soweit kommt es noch!"
Während Jeffrey versuchte, sowohl Evan als auch Homosexuelle so vorsichtig zu verteidigen, dass sein Kopf nicht rollte, hatte Maverick nicht einmal den Hauch einer Ahnung, dass sein Sohn im Begriff war, ein entsprechendes Geständnis Alex gegenüber abzulegen.
Alex lag lässig auf Evans Bett und hatte ein Buch in der Hand. Nekromant und Vampir hatten seit dem Besuch im Totenreich eine Art freundschaftliche Beziehung aufgebaut. Alex' Stimmungen waren etwas weniger sprunghaft, vielleicht, weil er Evan ebenso verletzlich gesehen hatte, wie dieser ihn. Jedenfalls beobachtete der Brünette den anderen schon eine Weile etwas nervös. Dass er schwul war, hatte Evan schon vor Jahren realisiert, aber er hatte es nie ausgesprochen. Nicht einmal sein bester Freund Clayton wusste etwas davon. Und die Haltung seines Vaters zu diesem Thema kannte er, weswegen er nie auch nur mit dem Gedanken gespielt hatte, sich ihm anzuvertrauen. Doch dieses Geheimnis brannte ihm bereits so lange auf dem Herzen, dass er es endlich jemandem erzählen wollte. Und schließlich wusste Evan, dass Alex mindestens einmal mit einem Mann geschlafen haben musste, mit Samuel.
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Das Flüstern des Todes
FantasiaEs war ein ganz normaler Tag im Leben des Nekromanten Alex Martin, solange bis er einen Schlag auf den Hinterkopf bekam und von Vampiren entführt wurde. Sein Leben als Einzelkämpfer, wie er sich selbst gerne nannte, war vorbei und auf einmal musste...