Verraten

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Lucifer schaut auf die Uhr des Interfaces, als er seine Waffen in sein Inventar legt und sie von seinem Rücken verschwinden. „Noch eine Viertel Stunde, bis Kayaba seine Rede halten will." Mit einer einfachen Handbewegung schließt er sein Fenster wieder. „Warum die anderen mir auch immer eine Nachricht geschickt haben, dass wir uns am Stadtrand treffen.,,
Lucifer sprintet durch die Straßen der Stadt, und weicht dabei anderen Spielern in seinem Weg mit schnellen Drehungen aus.
„Das frühzeitige Trainieren meiner Agilität hat sich jetzt schon gelohnt." lacht er schließlich, als er einem Spieler ausweicht, der gerade ein neues Schwert schwingt.
Fast sieben Minuten rennt Lucifer durch die Märkte und Gassen, der Stadt der Anfänge und von mal zu mal werden es immer weniger Spieler denen er begegnet, bis er schließlich an dem genannten Punkt ankommt.
Die Häuserreihen enden abrupt an einem breiten, von Bäumen gesäumtem Kiesweg, der von einem kleinen Park kommen könnte. Auf einem Streifen Wiese wachsen leuchtende Blumen zwischen ein paar Parkbänken, die in Richtung eines niedrigen Geländers stehen. Das Geländer reicht mit seinen spitzen Metalstangen bis zu Lucifers Hüfte.
Gelassen läuft er langsam auf die menschenleere Straße und zu dem Geländer hin. Leicht hält er sich an dem Geländer fest und blickt gegen die Sonne, die hinter ein paar Wolken über dem Nichts, verschwindet.
„Wie immer der Erste, Silence." ertönt eine tiefe Stimme, als sich drei Paar Schritte von hinter ihm nähern. „Wieso so unhöflich, Duke. Freut ihr euch denn nicht mich zu sehen." sobald sich Lucifer umdreht, sieht er die drei anderen Gamemaster in ihren dunklen Umhängen, die Kapuzen tief in die Gesichter gezogen. Dennoch erkennt Lucifer jeden der drei anhand ihres Auftretens.
Duke steht ohne Zweifel in der Mitte, den er hat seinen Kopf aufrecht und seinen Rücken durchgestreckt. Links neben ihm steht Mariko. Sie schaut wie fast immer auf den Boden, um den Blicken anderer etwas auszuweichen. Auf der rechten Seite steht somit Nero. Er hat das unscheinbarste Auftreten der drei, da man nie weiß was er gerade plant.
Anhand dieser Anzeichen spürt Lucifer schon, das irgendetwas nicht stimmen konnte. Ohne sich etwas anmerken zu lassen, lächelt er fröhlich aus sich heraus: „Was für ein Problem gib es denn, das ihr zuerst unser eigentliches Treffen abblasst und dann kurzfristig dieses hier organisiert?" „Dich!" kommt es wie aus der Pistole geschossen von Nero, welcher mit auf Lucifer zeigt.
„Hör zu, Silence." beginnt Duke mit der Erklärung. „Wir danken Kayaba sehr, das er dich ins Boot geholt hat. Ansonsten wären die ganzen Skills, Waffen und Gegner nicht so gut geworden. Doch wir müssen dich hier und jetzt beseitigen."
Lucifer lässt ein leises und dennoch verwundertes Lachen ertönen. „Beseitigen? Wieso denn? Ich habe doch nichts gemacht!" Dieses mal antwortet Mariko auf seine Fragen. „Kayaba hat dir Bilder mit unseren Gesichtern gezeigt, wir kennen jedoch deins nicht. Du warst nie an deinem vorgesehenen Arbeitsplatz, nur bei dir Zuhause hast du gearbeitet und die Daten dann an uns gesendet." Mariko schaut kurz zu Lucifer hoch. „Dein KI Yui, hätte auch gute Arbeit geleistet, wenn wir sie nicht blockieren müssten. Sie könnte nämlich als einzigstes noch einen Logout-Button dem Spiel hinzufügen. Nicht einmal du könntest mehr einen hinzufügen, da Kayaba dir deine Rolle als Gamemaster entfernt hat." Langsam begreift auch Lucifer, was die anderen zu ihm sagen. Nur um sich selber eine Bestätigung zu geben, öffnet er sein Menü mit dem Handschwung, nur um dann den fehlenden Butten zu sehen. „Und die Gamemaster werden in zwei Minuten nicht mit auf den großen Platz teleportiert, da wir ja schon alles wissen, oder?"
Mit einem Schweigen beantworten die anderen seine Frage. „Mir will aber nicht in den Sinn kommen, warum ihr mich dafür beseitigen müsst."
„Ganz einfach: Wer in Aincrad stirbt, stirbt auch in der Realität durch die Mikrowellenstrahlung des NerveGears" erklärt Duke kurz und prägnant. „Zugleich wird der Charakter von den SAO-Servern gelöscht. Der einzigste weg aus diesem Deathgame wird sein alle Gamemaster zu töten oder die hundertste Ebene von Aincrad zu erklimmen und den Boss zu besiegen."
„Jetzt lasst ihn uns schon endlich in den Abgrund stoßen!" ruft Nero dazwischen, bevor Duke noch mehr Erklärungen geben kann. „Er wird deine Predigt am Ende doch eh nicht brauchen." Nero zieht  ruckartig aus seinem Umhang ein einhändiges Schwert und geht mit einem Lächeln langsam auf Lucifer zu. Dieser erwidert das Lächeln nur leicht und steigt furchtlos auf eine der horizontalen Streben des Geländers, wissend das er jeden Moment sterben wird, sobald er auch nur leicht aus dem Gleichgewicht kommt.
„Dann werde ich euch die Arbeit, mich los zu werden, ein wenig erleichtern." Lucifer lächelt unbeholfen, durch seine Furcht vor dem Tot.
„In einem Kampf Drei gegen Einen hätte ich derzeit noch keine Chance, auch wenn ihr mich nur Stoßen könnt und sonst keinen anderen Schaden zufügt durch die Safezone."
Langsam schließt Lucifer seine Augen und breitet die Arme aus. „Wir werden uns bestimmt irgendwann wieder sehen." verabschiedet Lucifer sich, als er langsam seinen Schwerpunkt nach hinten verlegt und fällt.
Ein kalter Wind fliegt rauschend an Lucifer vorbei.
Er weiß nicht, wann das kalte Rauschen aufhören wird und er zugleich aufhört zu existieren.
Er sieht langsam sein Leben an sich vorbei ziehen, doch er sieht da nur die schlechten Taten von ihm.
„Habe ich so viel falsch gemacht?" denkt er sich
Sein Herzschlag verlangsamt sich von Sekunde zu Sekunde.
Er beginnt auch schon sich das Läuten von Glocken einzubilden.
Langsam kommt eine Melodie in seinen Kopf und er beginnt sie zu summen. Die Melodie eines Beerdigungsliedes.

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