Wiedersehen

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Die Arme hat er auf der Lehne der Bank ausgebreitet und den Kopf lässt er auf der Hinterseite herunterhängen. Seine Blicke fallen zum klaren Nachthimmel, an dem die Sterne immer wieder funkeln. In Gedanken verloren wartet er so auf den nächsten Zug, der erst in einer halben Stunde kommt.
Absolute Stille herrscht am Bahnhof. Keine weitere Menschenseele hat sich dort hin verirrt. Auch hat Lucifer nicht die Kopfhörer für Fenrir im Ohr. Nur eine nicht einmal angezündete Zigarette hat er im Mund während er nachdenkt. Nachdenkt, was er getan hat. Nachdenkt, was er tun sollte. Nachdenkt, was er hätte tun können.
Ohne es wirklich zu realisieren, hört er wie sich ein paar zögernde Schritte in der Ferne ihren Weg zum Bahnhof beschreiten. Sein Blick bleibt in den Himmel vertieft. Auch das Paar Schritte bleiben an etwas gebunden, das sie sich in einem gleichmäßig langsamen Tempo nähern. Langsam streifen sie vor Lucifer vorbei und halten nach ein paar Sekunden dann an.
„Kennen sie das, wenn man irgendwo nicht hin geht nur weil dort jemand ist denn man kennt?" fragt das Mädchen. Ihre stimme ist etwas rauer als normal, doch Lucifer beachtet die Stimme nicht wirklich, sondern nur den Inhalt. „Nicht wirklich, warum fragst du?" antworte Lucifer und starrt weiterhin in den Himmel. „Ach," erwidert das Mädchen ein wenig nostalgisch, „meine Eltern haben mich zusammenstaucht weil ich zu einem Bestimmten Zeitpunkt nicht an einem bestimmten Punkt war, nur weil dort jemand ist, den ich schon seit langem nicht mehr gesehen habe. Ich weiß noch nicht mal ob er mich überhaupt erkennen würde." „Kommt drauf an in was für ner Beziehung ihr steht. Wenn es um eine Feindschaft geht oder Liebe erkennt man den anderen immer." erklärt Lucifer und hebt die eine Hand kurz von der Lehne hoch.
„Er hat meine Gefühle zwar immer erwidert, doch ich weiß nicht ob es auch so bleiben wird wenn er mich sieht." „Versuche es, solange du es noch kannst. Bei mir geht es nicht mehr, da meine Freundin verstorben ist." Leise genuschelt fügt er noch hinzu: „Und ich musste noch zusehen wie sie stirbt."
Bei der Erinnerung daran fällt eine einsame Träne über Lucifers Gesicht.
Einige Sekunden des Schweigens herrscht zwischen den beiden Passanten. Das Mädchen bricht dieses Ruhe dann. „Ich werde zu ihm hingehen! Ich werde mich mit ihm treffen und ihm erneut sagen was ich für ihn fühle, da er für mich die wichtigste Person ist!"
„Dann mach es auch wirklich. Es geht für dich schließlich um etwas bedeutsames." beflügelt Lucifer sie noch einmal.
Lucifer vernimmt das Knirschen ihrer Schuhe beim Umdrehen. „Ich danken ih..." Das Mädchen verstummt urplötzlich. Trotzdem, dass es ihn ein wenig interessiert warum sie in Schweigen gehüllt ist, weicht sein Blick nicht vom Nachthimmel ab.
Langsam nähert sich dann das Mädchen Lucifer und setzt sich wortlos neben ihn. Lucifer beachtet sie allerdings nicht, aus Gründen, von denen noch nicht einmal er was weiß.
Er spürt wie sie sich dann nach ein paar Sekunden zu ihn lehnt und sich an ihn schmiegt. Die überraschende Wärme und sachte Berührung holen ihn aus seiner Starre heraus. „Was machst du..."
Lucifer verstummt als er das kastanienbraune, lockige Haar auf seiner Brust sieht. Das Mädchen trägt zu einem rot-braunen Pullover eine einfache Leggings und schwarze, knöchelhohe Sneaker.
Lucifer fallen keine Worte ein zu dem, was er an sich gekuschelt sieht. Stattdessen erwidert er ihre Geste und hält sie an sich. Minuten lang verharren die beiden so und keiner wagt es auch nur ein Wort zu sagen. Niemand will den Moment ruinieren.
Lucifer versucht hin und wieder unbemerkt seine Zigarette wieder in Position zu rücken ohne das Mädchen los zu lassen, aus Angst.
Das Zeitgefühl völlig verloren macht er schließlich den ersten Schritt. „Ein halbes Jahr lang habe ich dich jetzt vermisst und für Tod geglaubt, Argo." „Ich habe mich nicht getraut dich zu suchen." Sie richtet sich langsam wieder auf, lässt ihn aber nicht los. „Bei mir war es zwar kein halbes Jahr wegen der ALO-Sache, dennoch ist es gefühlt eine Ewigkeit für mich." Unsicher lacht Lucifer. „Frag mich doch erstmal. Bei mir war das Gefühl länger. Dafür ist dieses Gefühl gerade um einiges Besser. Aber was machst du hier?"
„Ich bin schon früher nach dem Streit mit meinen Eltern hier her gekommen. Nachts ist hier niemand und es kommt auch kein Polizist vorbei, der einen dann aufgabelt." Sie lacht auch leise darüber. „Und wenn jemand hier ist konnte man fast immer mit der Person reden. Wieso bist du eigentlich hier?" kommt die Gegenfrage. „Naja," Lucifer ist unsicher was er sagen soll, „Ich hatte was in der Gegend zu erledigen und warte eigentlich auf den nächsten Zug um Heim zu kommen." „Sag doch einfach das ich dich mit einer Lüge hier hin geführt Habe!" kommt es von Fenrir aus Lucifers Hosentasche.
Argo kichert darüber herzlich „Naja, so oder so freue ich mich das du da bist." kommt es von ihr. „Stört es dich wenn ich mit zu dir komme? Meine Eltern gehen mir ein wenig auf die Nerven." „Willst du nicht deine Eltern darüber wenigstens Informieren, damit sie..." Argo dreht sich zu ihm um und schaut finster in seine Augen. „Erstens, ich bin Achtzehn wodurch sie mir nichts sagen können. Zweitens hat sie das nicht zu interessieren mit wem ich zusammen bin und wo."
Lucifer lacht vergnügt. „Zusammen nennst du das jetzt schon." Argos Wut wird schnell zu ihrer Verlegenheit. „Du weißt wie ich es gemeint habe." „Ich habe kein Problem damit." gibt Lucifer dann sein Einverständnis und Argo wechselt schnell das Thema, bevor es für sie nur noch peinlicher wird. „Seit wann rauchst du eigentlich?" „Schon seitdem ich bei der Mafia war, damals kam ich nur schwerer an Zigaretten. Intensiv wurde es erst durch deinen vorgetäuschten Tod." Lucifer bekommt für seinen Witz einen Schlag in die Seite. „Du weißt selber, wie es passiert ist." kommt es von Argo, die ihren Kopf wieder auf seine Brust legt. Lucifer legt seine Hand auf ihren Kopf und streichelt ihn sachte. „Das weiß ich und ich will dich nicht nochmal verlieren." erklärt Lucifer ihr. Argo schließt die Augen und genießt den Moment. „Ich dich auch nicht."

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