Chapter Six

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Matt setzt sich bedächtig auf den leicht abgenutzten Hocker neben mir und die Holzbeine quietschen leise unter seinem Gewicht. Ich lasse mich vor das alte, aber gut gepflegte Klavier nieder, dessen weißer Lack im gedämpften Licht des Raumes glänzt. Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich das letzte Mal für jemand anderen gespielt habe, und ich spüre eine Mischung aus Aufregung und Nervosität, die sich in meinem Magen zusammenballt. Ich atme tief durch, versuche, meine Gedanken zu ordnen und mich zu sammeln. Mit ernster Miene drehe ich mich zu ihm. "Du musst mir versprechen, dass du mit niemandem darüber sprichst."

Er nickt und seine Augen treffen meine, gefüllt mit Verständnis und Loyalität. "Du kannst mir vertrauen." Seine Stimme ist wie ein beruhigendes Flüstern in der Stille des Raumes.

Mit zittrigen Händen lasse ich meine Finger sanft über die kalten, elfenbeinernen Tasten des Klaviers gleiten. "Dieses Stück habe ich vor langer Zeit geschrieben." Erkläre ich flüsternd. "Es sollte eine Ballade werden."

Ein sanftes Lächeln huscht über sein Gesicht, als die ersten Töne durch den Raum schwingen. Sie sind weich, fast zart, und bilden einen starken Kontrast zu der Stille, die zuvor geherrscht hat. Trotz seiner Präsenz fühlt es sich an, als würde ich alleine spielen, als existiere nur ich und die Musik.

Mit geschlossenen Augen beginne ich leise zu singen, die Worte formen sich fast wie von selbst auf meinen Lippen. "Ich erwache für dich. Ich kann nichts spüren, ohne dich. Du befreist, du verzeihst. Ich ertrinke in dir. Spüre deinen Pulsschlag tief in mir. Du verstehst, weil du lebst. Was ist die Sonne ohne dein Licht? Was ist ein Bild ohne dein Gesicht? Ich habe das Leben verflucht. Allein zu leben versucht. Doch es geht nicht ohne dich." Jedes Wort, das ich singe, scheint eine Sehnsucht in mir zu wecken, die ich lange Zeitverborgen hatte.

Tränen sammeln sich in meinen Augen, als ich die Intensität der Gefühle spüre, die ich in diesem Lied ausdrücke. Mein Herz rast in meiner Brust, es fühlt sich an, als würde es jeden Moment zerspringen. Doch trotz der Emotionalität und der schmerzhaften Erinnerungen, die das Lied in mir hervorruft, höre ich nicht auf zu singen. "Ohne dich, kann ich nicht frei sein. Ohne dich, endlos high sein. Ohne dich, bin ich allein. Ohne dich, kann ich nicht fliegen. Ohne dich, endlos lieben. Ohne dich, kann ich nicht sein."

Mein Gesicht ist von Tränen benetzt, die unaufhaltsam über meine Wangen laufen und kleine, feuchte Spuren hinterlassen. Alte Erinnerungen an dunkle Tage kommen zurück, doch ich kämpfe dagegen an, versuche, mich nicht völlig von den Gefühlen überwältigen zu lassen. "Ich bete zu Gott, dass es nie endet, dass dein Feuer mich ewig blendet. Ich vermisse dich, zähle jede Sekunde. Ohne deine Gnade gehe ich zugrunde."

Jeder Ton, den ich spiele, ist erfüllt von Emotionen, jede Note drückt eine verborgene Sehnsucht aus. Ich fühle, wie meine Seele in der Musik zu schweben scheint.

Als die letzten Töne verblassen, öffne ich meine Augen und sehe, wie Matt neben mir steht. Sein Gesicht strahlt vor Bewunderung, seine Augen sind weich und voller Achtung. "Du darfst die Musik niemals aufgeben. Du bist großartig, Saraya."

Ich weiß, dass er recht hat, aber ich möchte nicht darüber reden. Die Gefühle sind zu roh, zu frisch. "Bier?" Frage ich, um das Thema zu wechseln.

Ich stehe auf, meine Beine fühlen sich wackelig an, und gehe zur Couch, während Matt am Fenster stehen bleibt. "Wegen Colin-" Beginnt er, aber ich unterbreche ihn. "Arbeitet er in der Firma?" Frage ich schnell, in der Hoffnung, das Gespräch in eine weniger emotionale Richtung zu lenken.

"Ja. Er ist vor ein paar Tagen aus China zurückgekehrt. Er war dort im Auftrag des Chefs." Matts Stimme klingt neutral, als würde er einen einfachen Fakt berichten.

Im Nachhinein betrachtet, hätte er ruhig dort bleiben können. Meine erste Begegnung mit ihn war alles andere als angenehm. Sein herablassendes Verhalten und seine beleidigenden Worte haben einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen.

Matt bemerkt meine Abneigung gegenüber Colin und lächelt kaum merklich. "Colin ist in Ordnung, gib ihm eine Chance."

"Du bist mein bester Freund, und würde alles für dich tun, aber ich weiß nicht, ob ich das überhaupt möchte. Oder ob er daran überhaupt interessiert ist, dass wir uns verstehen. Zumindest habe ich den Eindruck gehabt, dass er mich nicht in seiner Nähe will." Entgegne ich ihm seufzend und lege meine Füße auf den Tisch, versuche, mich zu entspannen und die aufkommende Spannung abzuschütteln.

"Sie geben am Wochenende wieder ein Konzert. Begleite mich noch einmal." Fleht er mich mit seinen leuchtenden Rehaugen an.

Es ist schwer, ihm etwas abzuschlagen, besonders wenn er mich so ansieht und ich weiß, wie wichtig es ihm ist, dass seine Freunde sich untereinander verstehen, also willige ich widerwillig ein. "Okay, eine letzte Chance. Danach könnte er von mir aus in Flammen stehen und es würde mich nicht kümmern." Knurre ich, eine Mischung aus Ärger und Resignation in meiner Stimme.

Matt lacht über meine Worte, sein Lachen ist leise und ein wenig gezwungen. ,,Du bist die Beste." Setzt er sich zu mir und legt seinen Arm um mich.

Is It Love - ColinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt