Chapter Fifty {Tränen der Trennung}

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Seit einigen Tagen verweile ich nun in den vier Wänden meines Zuhauses, doch zwischen uns als Band herrscht eine ungewöhnliche Stille. Kein Wort wird ausgetauscht, keine Noten gespielt.

Es ist eine dieser tiefdunklen Nächte, als ich vor Colins Haus stehe. Ein sanftes Flimmern, erzeugt durch das Licht einer einsamen Kerze, verrät mir, er ist noch wach. Mein Herzschlag beschleunigt sich, ähnlich wie damals, als ich zum ersten Mal seinen Weg kreuzte.

Mit äußerster Vorsicht klopfe ich an seine Tür. Als sie schließlich aufschwingt, treffen sich unsere Blicke, schweigend, doch voller unausgesprochener Worte. Sein Anblick raubt mir den Atem, ich möchte nichts lieber als in seine Arme sinken und alles darum geben, zu wissen, was in diesem Moment in seinem Kopf vorgeht.

Mit einer kaum wahrnehmbaren Kopfbewegung lädt er mich ein, sein Heim zu betreten.

Die Tür schließt sich mit einem leisen Klicken, die Verbindung zur Außenwelt unterbrochen.

Schweigend geht Colin in die Küche. Keiner von uns scheint zu wissen, wie wir das Schweigen durchbrechen können. Als ich näher ins Wohnzimmer trete, bemerke ich die offene Tür zu seinem Schlafzimmer. Mehrere Taschen sind ordentlich aufeinandergestapelt. "Willst du Verreisen?"

"Ja." Haucht er kaum hörbar.

"Und wohin gehst du?"

"Ich kann es dir nicht sagen." Bleibt er vor mir stehen und in seinem Blick kann ich soviel Angst sehen. "Aber eines möchte ich, dass du weißt. Ich war noch nie so glücklich wie mit dir. Ich habe noch nie zuvor so intensiv für jemanden empfunden. Wenn ich könnte, würde ich für immer mit dir zusammen sein. Aber das ist nicht möglich."

"Was?" Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen und seine Worte hallen in meinem Kopf wieder.

"In den vier Wochen wurden wir auf eine harte Probe gestellt, Saraya! Und glaub' mir, wenn ich dir sage, es hat mich zerstört."

Tränen laufen über meine Wangen, seine Worte kann ich kaum noch wahrnehmen.

"Du hast meine Welt auf den Kopf gestellt! Vieles, so viel besser gemacht! Aber-"

"Aber was?"

"Es gibt einiges, was ich dir sagen muss. Und bitte, du musst mir glauben, es fällt mir nicht leicht." Er greift nach seinem Bier das auf dem Tisch steht und sieht mich an. "Ich wusste, eines Tages wird der Tag kommen, an dem du erfährst, was passiert ist. ICH, Raya, ICH wollte es dir sagen, sobald ich bereit dafür bin! Du solltest es so nicht erfahren!"

Zum ersten Mal sehe ich Colin weinen. So zerbrechlich, ängstlich, verzweifelt. Es bricht mir das Herz, den Mann so zu sehen, dem ich mich voll und ganz hingegeben habe. "Ich glaube, keiner von uns wollte es so. Aber vielleicht verstehst du jetzt, warum ich dir von meiner Vergangenheit noch nichts erzählt habe. Aber jetzt, wo es so ist wie es ist, können wir es gemeinsam durchstehen." Gehe ich auf ihn zu.

"Nein, das können wir nicht!"

"Bitte, Colin! Stoß mich nicht wieder weg von dir." Flehe ich.

"Als wir zurück nach New York gekommen sind, da ist etwas passiert."

"Wovon sprichst du?"

Er druckst einige Male herum, dann platzt es aus ihm heraus und für mich bricht eine Welt zusammen. "Dieser Kaisers... Dieser verdammte Bastard-" Er ballt seine Hände und beginnt zu zittern. "Er hat uns verkauft!"

"Was?" Sehe ich ihn verwirrt an.

"Er hat nichts unternommen, um uns zu schützen! Im Gegenteil, er hat die Idioten regelrecht ermutigt, uns zu zerfleischen!"

Ich bin so geschockt, dass ich mich setzen muss. "Wie-"

"Ich bin zu ihm, weil ich... dann habe ich ihn gehört, wie er mit jemandem telefoniert hat."

Ich starre ihn nur an, kann nicht glauben, was er gerade gesagt hat. Nur meine Tränen, die wie schwere Wassertropfen auf mein Dekolleté fallen, zeigen mein inneres Chaos.

"Und da ist noch etwas." Sieht er mich erneut an. "Ich werde die Band verlassen und... eine Solokarriere starten." Platzt es plötzlich aus ihm heraus und tritt sofort einen Schritt zurück, als hätte er eine Vorahnung, dass ich gleich explodieren werde.

"Das meinst du nicht ernst!" Springe ich auf.

"Kätzchen, bitte verstehe-"

"Ich soll was?" Unterbreche ich ihn. "Ich will es aber nicht verstehen, Colin! Du sagst mir gerade, dass du uns verlässt!!! Für eine Solokarriere!!!" Beiße ich die Zähne zusammen und versuche, nicht völlig abzudrehen.

Er fährt sich mit der Hand durchs Haar und seine Muskeln spannen sich an.

"Du lässt uns allein!!! DEINE BAND!!! Die du gegründet hast!!! In die du all deine Kraft gesteckt hast!!!"

"Ich habe keine Kraft mehr, Saraya!!!" Schreit er mich nun ebenfalls an und die Bierflasche scheppert gegen die Wand. "Ich habe keine Kraft mehr!" Zittert seine Stimme gebrochen.

"Denkst du, ich habe noch Kraft??? Glaubst du, mich hat es nicht zerstört??? Verdammt, Colin!!! Ich habe alles verloren!!! ALLES! Mein altes Leben, mein... Ich bin seit unserer ersten Begegnung ein Wrack gewesen!!! Ich wollte nicht mehr leben!!!"

"Du wolltest dich...?"

Der Schmerz in seinen Augen erdrückt mich, als er realisiert, was ich gerade gesagt habe.

"Aber du hast mir die Luft zum Atmen zurückgegeben! Mir gezeigt, dass das Leben lebenswert ist! Und ich habe dich dafür so unglaublich gehasst und im nächsten Augenblick so sehr geliebt! Du hast mich zerstört und wieder zusammengeflickt!!! Und ich wollte so oft gehen, aber ich bin nicht gegangen!!! Bin geblieben! Für Adam!!! Für Doris!!! FÜR DICH!!! Und jetzt willst du uns allein lassen und uns ersetzen???"

"So ist das nicht-"

"Wie ist es dann, Colin??? Wie???" Ich schubse ihn immer wieder von mir weg, als er versucht, meine Hand zu greifen. "Warst du deswegen bei Kaiser? Um ihm zu sagen, dass du dich verpisst? Und wie soll es nun weiter gehen??? Lässt uns wie Lämmer zum Schlachten zurück!!!"

"Denkst du, dass würde ich euch antun???"

"Ja das glaube ich!!! Denn immerhin wolltest du dich nicht einmal verabschieden und einfach abtauchen!!!"

Er packt mich am Handgelenk und zieht mich nah an sich ran. "Ich brauche Zeit für mich. Ich stehe kurz vor einem Zusammenbruch." Seine Worte ertrinken in einem Meer aus Tränen, und das bricht mir immer mehr das Herz. "Der Vertag mit Kaiser ist Geschichte Kätzchen. Also glaube mir, wenn ich dir sage, dass-"

"Bitte lass mich nicht allein." Flüstere ich und lasse den Kopf hängen.

"Du bist die erste Frau, Raya, die ich an mich heran ließ. Für die ich aufrichtige Gefühle gehegt habe. Glaube mir, dich zu verlassen und dich allein zu lassen, fällt mir nicht leicht."

Flehend sehe ich ihn an. "Bitte geh nicht."

"Ich muss."

"Bitte verlass mich nicht."

Er zieht mich an sich und seine Lippen küssen die Tränen auf meinen Lippen weg. "Ich werde immer bei dir sein. Im Sturm und Dunkelheit." Flüstert er leise und ich breche in seinen Armen zusammen.

"Wir sind wie Feuer und Eis." Drückt er mich fest an sich.

"Schwarz und Weiß-"

"Passen nicht zusammen-"

"Und sind doch beinahe gleich-"

"Nirgends daheim, immer allein-"

"Und doch bin ich die, die dich hört, wenn du schweigst."

Mit meinem Gesicht in seinem Shirt vergraben versuche ich, zu realisieren was hier gerade passiert.

"Ich komme wieder. Versprochen, Kätzchen."

Is It Love - ColinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt