Chapter Fourty-Six {Doris Vergangenheit}

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Die Tage rasen nur so dahin. Nur noch vier Konzerte und dann ist die Tournee endlich vorbei.

Die Stimmung im Tourbus ist extrem angespannt. Der Ruhm hat auch seine dunklen Seiten. Seit Tagen graben die lästigen Rockmusik-Journalisten in unserem Privatleben herum, versuchen alles herauszufinden und zu veröffentlichen. Unser Manager tut sein Bestes, aber auch er stößt an seine Grenzen. Erst heute Morgen gab es eine halbstündige Diskussion über Adam. Sie haben herausgefunden, dass er als Tellerwäscher arbeitet, um über die Runden zu kommen, und dass er eine ziemlich normale Kindheit hatte. Er verabscheut seinen Vater und hat den Kontakt zu ihm abgebrochen. Sie belagern seine Mutter und verfolgen sie auf Schritt und Tritt.

Der Gedanke daran, wenn sie meinen Namen erwähnen, lässt mich erstarren.

Eine große schwarze Wolke schien über uns zu schweben, als sie am Abend am Strand über uns berichteten. Sie hatten uns heimlich verfolgt, gefilmt, fotografiert und jeden unserer Schritte akribisch dokumentiert. So erfuhren sie von Maria, dem Streit zwischen Adam, Colin und Doris und sogar davon, dass ich die Nacht in einer Bar mich komplett abgeschossen hatte. Ein Kerl hatte versucht, mich zu überreden, mit ihm mitzugehen.

Das Schlimmste für mich war... Ich konnte mich an nichts davon erinnern.

Ein kleiner Videoclip zeigte mich weinend, betrunken und kaum bei Verstand am Telefon. Es stellte sich heraus, dass ich Matt mitten in der Nacht angerufen hatte, um ihm zu sagen, dass ich mit dem Fremden mitgehe und die Tournee abbrechen werde. Ich wollte nicht mehr nach New York zurückkehren, sondern ein neues Leben in Miami beginnen. Mit sanften Worten konnte Matt mich überzeugen, in den Bus zu steigen und mich auszuschlafen.

Der Blick, den Colin mir zugeworfen hat, wird für immer in meinem Gedächtnis bleiben. Seine Enttäuschung über mein Verhalten ist förmlich greifbar und seine kalte Art mir gegenüber lässt mich frösteln. Doch es gibt noch etwas anderes, etwas, das mir Sorgen bereitet. Seit meinem Auftritt mit Mason auf dem Festival haben sich die anderen von mir abgewandt, meiden mich und gehen mir aus dem Weg.

Ich habe das ungute Gefühl, dass sich hinter all dem mehr verbirgt.

Aber auch er ist nicht unfehlbar. Zwischen ihm und Doris gab es viele Gespräche, die von Bedeutung waren. Doch mit einem einzigen Satz hat Colin mir das Herz gebrochen.

Doris saß mit Tränen in den Augen auf einer alten Mauer, ihr Gesicht vergraben in den Händen. Vor ihr stand Colin, der sie mit einem ratlosen Blick ansah. Sie wiederholte immer wieder die Frage: "Warum sie und nicht ich?" Colin konnte keine klare Antwort finden und antwortete schließlich mit den Worten: "Es ist noch nicht unsere Zeit gekommen." Er nahm ihre zitternden Hände in seine und hob sanft ihr Gesicht an, um ihre Tränen wegzuwischen. Als er sie dann beschützend in die Arme nahm, schien die Zeit stillzustehen. Während sie gemeinsam verweilten, zog sich alles in mir zusammen und meine Welt brach in Stücke. Nach diesem intensiven Moment lachten sie plötzlich, und mir wurde noch mehr bewusst - an diesen Abend, verschwendete er keine Sekunde an mich.

Adam ist der Einzige, der unter all dem wirklich leidet. Er kämpft darum, die Band zusammenzuhalten, auch wenn es ihn viel Kraft kostet. Aus Liebe zu Adam schwieg ich, als wir gemeinsam die Aufnahmen ansahen. Ich biss mir schmerzhaft auf die Lippe und hielt die Tränen zurück. Colin beobachtete mich, doch ich konnte nicht einmal die Kraft aufbringen, ihm in die Augen zu sehen. Wir sind wie leblose Figuren, die sehnsüchtig die Sekunden zählen, um endlich voneinander zu fliehen.

Und jetzt sitzen wir hier, unsere Blicke fest auf den Fernseher gerichtet. Die Nacht ist schon fortgeschritten, als plötzlich der Name Doris fällt.

Es fühlt sich an wie eine Hexenjagd!

"Hallo, mein Name ist Roxy und herzlich Willkommen. Wir haben euch versprochen, euch über eure Lieblingsband aufzuklären. Und nun werden wir euch die bewegende Geschichte von Doris, der Bassspielerin, näherbringen."

Ihre Augen flackern nervös zwischen Colin und dem Bildschirm hin und her, erfüllt von Unsicherheit und Angst.

"Nach unermüdlichen Recherchen drangen wir tief in die tragische Vergangenheit von Doris ein. Ihre Mutter verließ die Familie, als Doris gerade mal zwei Jahre alt war, und ihr Vater, einst ein Beschützer, wurde zum Verräter. Bereits im zarten Alter von vier Jahren wurde Doris von ihrem eigenen Vater allein gelassen und missbraucht, während er für seine grausamen Taten im Gefängnis landete. Die kleinen unschuldigen Augen von Doris sahen Dinge, die kein Kind jemals sehen sollte, und ihr Herz begann schon früh zu brechen.
In der Einrichtung für misshandelte Kinder fand Doris zwar Schutz, aber die Narben ihrer Vergangenheit waren tief und schmerzhaft. Als sie älter wurde, fand sie Zuflucht in der rebellischen Welt der Punks, doch auch dort fand sie keine echte Erlösung. Der Sog der Drogen zog sie immer tiefer in die Dunkelheit, bis sie schließlich auf den harten Straßen landete und die Schule vernachlässigte. Einsam und verloren hatte sie außer ihrer Band niemanden, der sie verstand.
Es war Colin und Adam, die ihre Freunde und Beschützer wurden, die sich nicht abwendeten, als Doris auf den Straßenstrich geriet. Sie kämpften mit ihr, für sie und gegen die Dämonen ihrer Vergangenheit. Die Rettung schien unerreichbar fern, doch Doris kämpfte weiter. Schließlich, nach vielen Monaten des Leidens und der Entbehrung, gelang es ihr, den Mut aufzubringen, sich ärztliche Hilfe zu suchen und ihren Zuhälter anzuzeigen. Es war ein Akt der Befreiung und des Triumphs über die Dunkelheit, der Doris wieder Hoffnung und Stärke schenkte."

Mein Herz fühlt sich an, als wäre es in tausend kleine Stücke zersplittert, wenn ich daran denke, was ihre unschuldige Seele alles ertragen musste. Ich wage es nicht, sie direkt anzusehen, aus Angst vor dem unermesslichen Schmerz, den ich in ihren Augen sehen könnte. Stattdessen lausche ich dem leisen Knistern von Colins Shirt, als er auf sie zugeht. "Komm, lass uns an die frische Luft gehen."

"Und Morgen wird es eine ausführliche Enthüllung über den Sänger und Schöpfer der Band geben. Es wird so viel preisgegeben, dass es euch Tränen in die Augen treiben wird."

Voller Ärger schalte ich den Fernseher aus und werfe die Fernbedienung mit voller Wucht in die Ecke. "Was für eine Scheiße!!!" Fauche ich, wische mir die Tränen aus dem Gesicht und Stürme in meinen abgeschiedenen Bereich.

Is It Love - ColinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt