Mittelalter [3/4]

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„Das habe ich echt vermisst", keuchte Sergio, was Gerard zum Lachen brachte.

„Was?"

„Du bist entweder total aus der Übung oder einfach schon zu alt für mich, denn sonst wärst du wohl kaum so außer Atem. Stell dir mal vor, wie fertig du jetzt wärst, wenn du die ganze Arbeit hättest machen müssen", grinste der Katalane den Älteren an.

„Manchmal denke ich echt, du vergisst, dass ich dein König bin"

„Keine Sorge, Euer riesiges Ego lässt mich das nicht vergessen, Eure Hoheit", grinste der Katalane, während er sich vom Bett erhob. Sergio, der die Augen verdrehte, tat es ihm gleich.

„Ich habe gleich noch eine Sitzung mit dem Rat, kommst du auch?", erkundigte sich Sergio, während sich er und Gerard anzogen.

„Ich glaube kaum, dass ich da hilfreich sein könnte", murmelte der Größere.

„Wieso nicht? Du bist fast jedes Mal dabei", meinte der König daraufhin.

„Ja, aber da geht es um keine komplizierten Bündnisse mit anderen Königreichen, sondern um Themen, die Euer Volk direkt betreffen. Ich habe keine Ahnung von solchen Verhandlungen und würde euch nur stören", entgegnete daraufhin der Blauäugige.

„Du würdest uns doch auf keinen Fall stören", meinte Sergio sanft, während er den Arm um den Katalanen legte.

„Frag da mal lieber Iker und deine Gäste", murmelte Gerard bloß, was dem Monarchen ein leichtes Lächeln ins Gesicht zauberte. „Gut, der Punkt geht an dich"

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Wider aller Erwartungen kam es zu keinen zähen Verhandlungen. Beide Parteien hatten im Vorfeld klar gemacht, welche Dinge noch abänderbar waren und welche unantastbar. Dazu kam die beidseitige Kompromissbereitschaft, die vieles erleichterte.

So kam es, dass, als der Vertrag unterzeichnet war, die Nacht noch sehr jung war. Während die portugiesischen Mitreisenden noch ausgingen, blieb ihr König bei Sergio, mit dem er sich einen edlen Tropfen Wein gönnte.

„Wisst Ihr, Sergio, es ist beneidenswert, welch schönes Land Ihr doch hier habt! Die Felder sind fruchtbar, das Wasser ist sauber und es scheint immer die Sonne", schwärmte der fremde König.

„Danke, es freut mich, dass Ihr Euch hier so wohl fühlt", antwortete Sergio lächelnd.

„Sagt mir, wie geht es den Leuten hier?", erkundigte sich der Portugiese neugierig.

„Sie haben, was sie brauchen und sind, so weit ich es beurteilen kann glücklich", erklärte der Gefragte wahrheitsgemäß.

„Tut Ihr viel dafür, um sie von den Hexen fernzuhalten, oder habt Ihr solche Probleme hier im Süden nicht?", forschte der Ältere neugierig nach.

„Hier gibt es kaum Hexen und sollte mal ein Verdacht kommen, wird dieser eindringlich geprüft. Mir sind die Bedürfnisse und Probleme meines Volkes äußert wichtig, das müsst Ihr wissen", schilderte Sergio die Situation.

Leicht nickte Christiano, bevor er einen großen Schluck von seinem Kelch nahm.

„Ja, mir auch"

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Im weiteren Verlauf der Nacht zogen Gewitterwolken auf. Es donnerte und blitzte viel, weshalb Sergio auch kein Auge zu bekam. Seine Sorge galt den Bewohnern in der Stadt, da vorherige Gewitter oft Feuer und damit Tod und Verwüstung über diese Leute gebracht hatte.

Umso erleichterter war der König am nächsten Morgen, als sein Kontrollrundgang in der Stadt keine Verletzten oder Beschädigungen zum Vorschein brachte. Gut gelaunt ging der König daraufhin seinen Pflichten nach. Bald würde er die Portugiesen verabschieden und dann hätte er endlich wieder etwas Zeit für sich.

„Wir müssen reden! Jetzt!"

Erstaunt blickte der König von seinen Dokumenten auf. Er erblickte Iker, der neben Gerard sein wohl engster Vertrauter war.

„Iker, was gibt es denn so Dringendes?", erkundigte sich der König skeptisch.

„Ich habe Euch immer schon gesagt, dass jemand wie er, nichts am königlichen Hof und schon gar nichts bei den engsten Beratern des Königs zu suchen hat!", zischte der Ältere seinen König wütend an.

„Geht es jetzt etwa um Gerard? Er hat doch gar nichts getan und außerdem habe ich es dir schon unzählige Male gesagt, dass du nicht über ihn herziehen sollst! Er hat dir nichts getan", verteidigte der Monarch seinen Liebhaber.

„Hat Euch niemand darüber unterrichtet, dass", begann der Ältere, doch der König schnitt ihm das Wort ab.

„Geh! Geh und komm erst wieder, wenn du deine krankhafte Eifersucht Gerard gegenüber in den Griff gekriegt hast", schrie der Herrscher wütend.

Iker warf seinen König einen finsteren Blick zu, machte aber Anstalten den Raum zu verlassen. An der Tür hielt der Berater jedoch inne, drehte sich um und drehte sich zu Sergio.

„Ich habe mich nie darüber beschwert, dass er Euer Bettwärmer ist, denn das ist Eure Privatangelegenheit. Doch wenn Ihr Privates und Berufliches mischt, kommt es zu Problemen. Lasst nicht Euer gesamtes Volk für ihn leiden"

Mit diesen Worten verließ Iker den Raum. Eine Weile sah der König noch an die Stelle, an der sein Berater gerade noch gestanden war. Laut dessen Auftritt musste Gerard mal wieder in Schwierigkeiten stecken, doch darum konnte er sich nun nicht kümmern, denn es wurde langsam Zeit für die Abreise seiner Gäste.

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Schon von Weitem erkannte Sergio das wütende Gesicht Christianos. Der Ältere und dessen Gefolge schienen sehr aufgebracht, was den König beunruhigte.

„Meine Herren, ist etwas passiert?", erkundigte sich Sergio deshalb besorgt.

„Ja, allerdings! Der Vertrag ist ungültig! Wir wollen nichts mehr von Heuchlern und Lügnern wie Euch hören. Solltet Ihr jemals von Kastilien angegriffen werden, könnte Ihr euch sicher sein, dass auch Truppen aus dem Königreich Portugal auf deren Seite stehen werden", zischte König Christiano wütend.

„Was? Was ist denn passiert?", wollte der zweite König etwas geschockt wissen.

„Natürlich, Ihr wisst von alledem natürlich nichts, was für ein Zufall", zischte der Gefragte nur, bevor er flott auf sein Pferd stieg. Seine Gefolgsleute taten es ihm gleich.

„Erzählt mir doch wenigstens, was passiert ist", forderte Sergio.

Mehr als einen abfälligen Blick Christianos erhielt der König Granadas daraufhin nicht. Bevor noch irgendjemand etwas sagen konnte, galoppierten die Portugiesen davon.

Dass Sergios Laune dementsprechend schlecht war, war absehbar gewesen.

Der König verzog sich wortlos in seine Gemächer, in die er niemanden rein ließ. Dass dies Gerard nicht inkludieren würde, wussten alle, doch der Katalane kam nicht, was Sergios Unmut nur noch mehr schürte.

Isoliert von dem Rest des Königreiches bekam Sergio also nicht mit, dass auf der anderen Seite der Türen gerade Holz gesammelt wurde. Hätte er aus seinem Fenster gesehen, hätte der König gewusst, dass wieder einer brennen würde und hätte er daraufhin etwas um die Ecke gedacht, hätte er auch gewusst, dass es Gerards Leben war, das gerade am seidenen Faden hing.

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Alternate Universes (Serard)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt