Zeitreise [2/2]

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Das nächste, an das Sergio sich erinnern konnte, war, dass er auf seinem Sofa aufwachte. Verwirrt sah er sich um. Er war wieder in seiner Wohnung. Kein Anzeichen von Cris oder Gerard, er war allein.

„Ich schätze, du weißt, was du zu tun hast"

Dem Sevillaner war nicht aufgefallen, dass er sein Handy immer noch in der Hand hielt, weswegen er sich wegen der Stimme erschrak. Bevor er aber etwas erwidern konnte, war die Leitung erneut tot. Seufzend stand der Verteidiger auf. Er musste jetzt nach Turin kommen.

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Es hatte schon seine Vorteile ein weltweit bekannter Fußballer zu sein. Einer davon war es, einen Privatjet zu besitzen, der ihm samt Piloten quasi rund um die Uhr zur Verfügung stand. Deswegen war Sergio auch im Handumdrehen in der italienischen Großstadt.

Während seines Fluges nach Turin hatte der Sevillaner dauernd versucht, einen ordentlichen Schlachtplan zu entwickeln, doch immer wieder drifteten seine Gedanken ab. Das Bild von Gerard und Cristiano, die sich so nahe standen und sogar küssten, war zu präsent. Obwohl er nicht ganz verstand, war er wütend... und eifersüchtig. Vielleicht lag es an der Offenbarung des Katalanen, dass Sergio Gefühl hatte, der Blauäugige würde bereits zu ihm gehören. Aber konnte das überhaupt sein, wenn er selbst doch gar kein Interesse am Jüngeren hatte? Oder hatte er das doch, nur war es ihm erst jetzt bewusst geworden? Je mehr er sich mit dem Thema befasste, desto weniger verstand er sich. Es ergab einfach keinen Sinn. Vielleicht würde der Portugiese, vor dessen Haustüre er nun stand, die ganze Sache lösen, indem er ihm erklären würde, dass diese Szene nie stattgefunden hatte.

Es dauerte fast eine Minute, bis dem Sevillaner von einem müde aussehenden Cristiano die Tür geöffnet wurde.

„Sergio? Was machst du denn hier?", fragte dieser verwundert, während er seinen ehemaligen Kapitän musterte.

„Hallo, Cris. Darf ich rein kommen? Ich denke, wir haben etwas zu bereden"

Ohne auf eine Antwort des Portugiesen zu warten, drängte sich der Verteidiger in dessen Haus. Nachdem er Schuhe und Jacke ausgezogen hatte, folgte er diesem ins Wohnzimmer.

„Schön hast du's hier", merkte der Spanier, der sich kurz ungesehen hatte, an.

„Danke, aber deswegen bist du bestimmt nicht hergekommen", entgegnete der Hausbesitzer, nachdem er seinem Gast ein Glas Wasser vorgestellt hatte, welches dieser dankend annahm.

„Nein... Ich wollte mit dir über G- Piqué sprechen"

Der Schock, der in Cristianos Augen kurz zu sehen war, verschwand so schnell, wie er gekommen war. Und obwohl sich der Portugiese bemühte, sein Pockerface zu wahren, hatte Sergio ihn durchschaut.

„Was meinst du genau?"

„Hattet ihr mal was miteinander?", fragte der Sevillaner einfach heraus.

Ein Seufzend des Älteren war zu hören: „Wenn du schon so fragst, musst du es ja wissen. Woher?"

„Es ist also war... Alles? Also auch, dass er mich geliebt hat?", harkte der Verteidiger einfach nach.

„Wieso ‚geliebt hat'? Er liebt dich immer noch", war die traurige Antwort.

„Aber was war das mit euch? Wenn er mich wirklich liebt, wieso hat er dann eine Affäre mit dir?", wollte der Spanier vorsichtig wissen.

„Weil er den Gedanken, du würdest seine Gefühle nicht erwidern, eher vergessen konnte, wenn er bei mir war"

„Also war es rein körperlich?"

„Nein"

„Nein... Weil du ihn liebst?"

„Nein, weil ich ihn geliebt habe... Aber ich habe gelernt weiter zu ziehen, denn ich habe gesehen, wie sehr es einen zerstören kann, wenn man sein ganzes Leben vor jemandem davon rennt... Er hat das nie gelernt..."

„Das heißt?"

„Das heißt, dass ich jetzt glücklich bin. Ja, Geri wird immer jemand Besonders für mich sein, aber manche Dinge sollen einfach nicht sein..."

„Wusste er, dass...?"

„Nein, zumindest habe ich es ihm nie gesagt... Vielleicht hat er es geahnt, aber wir haben nie darüber gesprochen..."

Sergio nickte. Langsam wurde ihm die Szene verständlicher.

„Danke", sagte er deswegen nach einer Weile des Schweigens, bevor er aufstand.

Der Portugiese tat es ihm gleich. Wortlos begleitete er den Jüngeren noch zur Tür. Gerade als Sergio durch diese hindurch gehen wollte, sagte der Ältere noch ernst und mit fast schon drohendem Unterton:

„Egal was du jetzt vorhast, versprich mir bitte, dass du ihm nicht weh tust, ja? Er hat deinetwegen schon genug leiden müssen, da musst du nicht auch noch Salz in die Wunde streuen"

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Verwirrt ging Gerard zur Tür. Es war bereits spät und er erwartete keinen Besuch, weswegen er auch eigentlich nicht öffnen wollte. Doch da das Klingeln nicht stoppen wollte, sah sich der Katalane dazu gezwungen, aufzumachen. Der Verteidiger staunte nicht schlecht, als vor ihm ausgerechnet Sergio Ramos, der Mann, den er schon seit Jahren insgeheim liebte, vor ihm stand.

„Hallo, Gerard. Ich hoffe, ich störe dich nicht irgendwobei?", fragte der Sevillaner. An seiner Stimme konnte der Katalane nicht festmachen, was der andere von ihm wollen könnte.

„Ähm nein... Komm rein", gab dieser schließlich von sich, bevor er zu Seite trat, um den Braunäugigen reinzulassen.

„Kann ich dir was anbieten?", fragte Gerard, um die unangenehme Stille zu unterbrechen.

„Nein, danke"

Leicht nickend nahm der Katalane dies zur Kenntnis. Er war leicht überfordert mit dieser Situation.

„Wieso hast du nie was gesagt?"

„Hm?", fragte Gerard verwirrt nach.

„Wieso hast du nie gesagt, dass du mich liebst? Ich wäre im Traum nicht darauf gekommen, dass ausgerechnet du Gefühle für mich haben könntest"

„Woher weißt du's dann?", wollte der Jüngere darauf bloß traurig seufzend wissen.

„Ist das wichtig?"

„Wenn du mir gleich das Herz brichst, möchte ich schon wissen, wem ich das zu verdanken habe"

„Wer sagt denn, dass ich dir das Herz brechen werde?"

„Ach komm, wieso solltest du sonst auf einmal hier auftauchen? Kitschige Liebesgeständnisse gibt es nur in Filmen und Büchern und außerdem wäre das überhaupt nicht dein Stil"

„Ja, da stimme ich dir zu. Trotzdem ist nicht alles nur schwarz und weiß"

„Was meinst du denn jetzt damit?", fragte Gerard verwirrt.

Als Antwort hauchte Sergio dem Größeren einen schnellen Kuss auf die Lippen, der so schnell war, dass der Katalane keine Zeit hatte, die Situation richtig zu begreifen.

„Ich weiß nicht, was ich fühle. Also schon, dass du ein attraktiver Mann bist und du ein toller Kumpane sein kannst, aber ob das wirklich Liebe ist? Ich will nichts überstürzen, aber ich wollte dir zeigen, dass ich bereit wäre, es zu versuchen. Vielleicht haben wir ja eine Chance?"

„Ja, vielleicht..."

„Ich kann mir vorstellen, dass du dir nach all den Jahren mehr erhofft h"

Nun war es Gerard, der seine Lippen auf die des Älteren legte und sie zu einem, dieses Mal sehr langen, Kuss verband.

„Du redest zu viel", hauchte ihm der Katalane ins Ohr.

Ein tiefes Lachen, das Gerard fast sofort Gänsehaut bescherte, entkam der Kehle des Sevillaner.

„Dass gerade du das sagen musst"

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Alternate Universes (Serard)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt