21 - Cruel world

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Überarbeitet

Kinky hat sich bei mir untergehakt und schlendert über die Einkaufsstraße und ich lasse mich einfach von ihr mitziehen. Sie grinst über's ganze Gesicht, pfeift irgendeine Melodie. „Wieso bist du so gut drauf?", frage ich, ohne mich wirklich für die Antwort zu interessieren. Es fühlt sich nur so an, als wäre ich ihr die Frage schuldig. Kinky beginnt zu kichern wie ein kleines Mädchen und hüpft auf und ab, wobei sie mir beinahe den Arm auskugelt. „Es ist sooo genial. Sie haben mich genommen!"

„Hä?", mache ich nur.

„Du Dummerchen. Dieses eine Puff meine ich." Sie wirkt, als würde sich tatsächlich darüber freuen. Ich kann sie nicht verstehen. Mir wird schon übel wenn ich an die normale Arbeit denke, das Ganze auch noch gegen einen Stundenlohn in irgendeiner Bar zu machen, wo ich nicht einmal weg kann, will ich mir gar nicht vorstellen. Sicherheitshalber lege ich mir die Hand auf den Magen, um den Lebkuchen unten zu behalten. „Der wollte nicht mal wissen wie ich wirklich heiße oder sowas. Ich musste nur vorführen und irgendwas unterschreiben, und ich war drin. Und die Bezahlung ist gar nicht mal übel." Ich nicke einfach nur und frage mich, wieso sie mir all das erzählt. Inzwischen sollte sie wissen, dass ich nicht gerne über dieses Thema rede, auch nicht mit ihr. Der Gedanke an Freier, selbst wenn es nicht meine eigenen sind, lässt mich schaudern. „Und jetzt erzähl mal, was du so getrieben hast", verlangt sie plötzlich und ich ziehe die Schultern hoch.

„Nichts", murmle ich, während ich meine dünne Gestalt in einem Schaufenster betrachte und das Gesicht verziehe. Ich sehe echt runtergekommen aus.

„Das kannst du mir nicht erzählen, Hase. Ich erfahre früher oder später alles, ich weiß, dass du dich von einem alten Sack hast abschleppen lassen. Aber wenn du nicht drüber reden willst ist auch gut. Aber ich will unbedingt wissen, wo du das da her hast." Sie drückt ihren Zeigefinger auf meinen Hals und die Stelle, die Drugs gestern markiert hat, fängt wieder an zu schmerzen. „Du kannst mir echt nicht erzählen, dass das kein Knutschfleck ist", sagt Kinky und lacht, als sie mein unglückliches Gesicht sieht. „Komm schon, musst dich nicht dafür schämen. Von wem ist der. Von deinem Kunden? Oder gibt es da etwas, das ich nicht weiß?" Sie wackelt mit den Augenbrauen und ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt, drehe den Kopf weg von ihr. Eigentlich will ich es ihr gar nicht sagen, aber das Wort ist über meine Lippen bevor ich darüber nachdenken kann. „Drugs."

Kinky macht ein angewidertes Geräusch und steckt sich den Finger in den Mund, als würde sie kotzen wollen. „Drugs? Dieser hirnamputierte Affe? Wie kommst du dazu?" Ich will mich nicht für Drugs rechtfertigen müssen, also kneife ich nur die Lippen zusammen und sehe Kinky finster an. Sie lacht ungläubig, fährt sich mit beiden Händen über's Gesicht, als würde sie es nicht fassen können. Dabei hat sie mir doch gesagt, dass er auf mich steht, dass er etwas von mir will. Ich verstehe nicht, wieso sie so schockiert ist. „Schätzchen, das ist echt eine beschissene Idee", versucht sie mir zu erklären. „Das einzige was dieser Hund von dir will ist Sex. Glaub mir, ich kenne ihn lang genug, ich weiß das. Er nutzt dich aus Husky, er will bloß mit dir schlafen, weil du klein und niedlich bist und genau sein Typ."

Am liebsten würde ich mir die Ohren zuhalten. Ich will das alles nicht hören, ich weiß selber gut genug, dass ich Drugs nicht trauen sollte. Aber ich kann nichts dagegen tun, ich fühle mich wohl in seiner Gegenwart und das kann ich auch nicht einfach abstellen. Also sage ich nur flehentlich: „Kinky" und sie unterbricht tatsächlich ihren Schwall von Schimpfwörtern. Stattdessen nimmt sie meine Hand, drückt sie kurz und sagt: „Versprich mir, dass du nicht mit ihm schläfst. Zumindest nicht gleich. Bitte?"

„Ja", sage ich, nur damit sie aufhört über dieses Thema zu reden. Und Kinky lächelt glücklich, greift meine Hand fester und zieht mich wieder hinter sich her, auf ein kleines Tiergeschäft zu. „Jetzt brauchen wir aber was, um von diesem Desaster an deinem Hals abzulenken." In dem Laden ist nicht viel los, die Verkäuferin blickt uns über den Rand ihrer Zeitschrift an, aber ich wende schnell den Blick ab. Es riecht nach Einstreu und Tierfutter. Kinky verschwindet zwischen den Regalen und ich stelle mich neben die Tür und starre auf meine Schuhspitzen. Irgendwann kommt sie zu mir und hält mir die Hand unter die Nase. „Rück mal zehn Euro raus." Als ich den Kopf schüttle, greift sie mir einfach in die Hosentasche und nimmt sich das Geld. „Hey!", sage ich, aber sie hat sich schon wieder grinsend abgewandt und ist zur Kasse gegangen.

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