Überarbeitet
Ich bin so überrascht davon, dass ich einfach meinen Mund öffne. Es ist eine Kurzschlusshandlung, die Logik, die Dad mir mit den Jahren eingeprügelt hat. Wenn ich es geschehen lasse, wenn ich das mache was er will und mich nicht wehre, dann geschieht mir nichts. Also lasse ich zu, dass Drugs mich küsst. Seine Lippen sind rau, seine Zunge warm und glitschig. Er zwängt sie in meinen Mund, während seine Hände beginnen meinen Hintern zu kneten. Ich spüre sein Piercing, das ein kalter Fremdkörper in dem Kuss ist, und halte die Augen geöffnet. Drugs hat seine geschlossen. Er stöhnt leise. Seine Zähne knabbern an meiner Unterlippe, seine Finger drücken gegen meinen Hintern. Ich atme tief durch die Nase aus, was Drugs dazu bringt, sich von mir zu lösen.
Mein erster Kuss.
Langsam wische ich mir mit dem Handrücken über den Mund und ich sehe, dass Drugs enttäuscht ist. Seine Hände verschwinden von meinem Hintern. Ich weiß nicht, was er sich erwartet hat, aber ich kann es ihm nicht bieten. Ich bin viel zu feige, um selbst die Initiative zu ergreifen. Außerdem habe ich Angst, auf was es hinauslaufen könnte. Obwohl ich es nicht will, muss ich mir vorstellen, wie es wäre mit Drugs zu schlafen. Schmerzhaft. Demütigend. Wie immer. Die Tränen steigen mir in die Augen und ich wende mich ab, verlasse Drugs und suche mir einen Weg durch die Menschen von ihm weg.
Irgendwie wünsche ich mir, dass er mir folgt, selbst wenn ich nicht weiß, was ich dann sagen sollte. Aber er tut es nicht. Er bleibt stehen, ruft nicht mal nach mir und als ich schließlich beim Ausgang angekommen bin, habe ich meine dumme Hoffnung schon längst verworfen.
Die Luft draußen ist kalt und schwül. Der Regen hat aufgehört, die Straßen sind nass und leer. Ich bin der einzige, der mitten in der Nacht durch die Stadt irrt. Wohin soll ich jetzt? Ich laufe weiter, während in meinem Kopf die Fragen kreisen. Wieso? Wieso hat er das getan? Wieso bin ich so überrascht davon? Wieso finde ich das ganze so schlimm? Ich wusste es doch, dass er mich mag. Dass er auf mich steht. „Verdammt", murmle ich. Ich habe gehofft, dass Kinkys Menschenkenntnisse genauso kaputt sind wie sie selbst. Dass sie Recht behalten hat bereitet mir Übelkeit. „Verdammt, verdammt, verdammt." Die Tränen rinnen meine Wangen hinunter, aber ich wische sie nicht weg. Stattdessen laufe ich schneller, bis ich endlich bei der Unterführung bin.
Ein Auto rast an mir vorbei ich verlangsame meine Schritte, als ich sehe, dass sich drei Gestalten an der Mauer zusammengekuschelt haben. Es sind Mädchen, Panda, Worry und L8er. Ein dunkler Schatten liegt in L8ers Rücken und wedelt müde mit dem Schwanz als ich mich zu ihnen auf den Boden sinken lasse. Ich streichle Blut über das Fell, kraule sie hinter den zurückgeklappten Ohren und presse meine Stirn an ihre. Der Geruch nach nassem Hund und Dreck den sie ausströmt ist mir egal und auch, dass sie beginnt mir das Gesicht abzuschlecken. Ich nehme sie an den Vorderpfoten und ziehe sie auf meinen Schoß, wo sie sich hinlegt und ihren großen Kopf unter meinen Arm schiebt. Sie schnauft.
„Dein Herrchen ist wirklich ein Arschloch", murmle ich in ihr Ohr und sie gibt ein Brummen von sich. Mit ihren schweren Pfoten auf meinem Bein und ihrer Nase an meinem Arm schließe ich die Augen und versuche, etwas Schlaf zu bekommen.
Als Drugs zurückkehrt, ist es schon Morgen. Ich begrüße ihn nicht, starre ihn bloß an und hoffe, dass er mit mir redet. Aber das scheint er nicht vorzuhaben, er weicht meinem Blick aus und setzt sich in einigen Metern Entfernung von mir auf den Boden, wo er sich eine Zigarette anzündet. Heute gibt es kein Kuscheln, nur dreckiges Fell unter meinen Fingern. Eigentlich sollte mich das nicht stören, ich habe fünfzehn Jahre lang alleine geschlafen, ich sollte daran gewöhnt sein. Trotzdem will ich nichts anderes tun, als zu Drugs zu krabbeln und mich an ihn zu kuscheln. Mein Gesicht in seinem Pulli verstecken und seine leise Stimme hören. Ich beiße mir auf die Unterlippe bis ich Blut schmecken kann und mache die Augen zu.
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Have you lost your fighting spirit?
Novela JuvenilAusgegrenzt, ungewollt und einfach nur verarscht; so fühlen sie sich. Der Abschaum, wie sie sich selbst manchmal nennen, zu schlecht für die Gesellschaft, zu gut zum Sterben irgendwie. Sie treiben auf der Oberfläche mit einem Fuß am Grund. Wer sie s...