Andrew's P.O.V.
Dexter und ich hatten noch eine Weile mehr oder weniger schweigend in der Küche verbracht, bis er ein herzhaftes Gähnen nicht mehr unterdrücken konnte.
"Vielleicht sollten wir langsam mal Schlafen gehen, war ein langer Tag...", murmelte ich und erhob mich von meinem Stuhl.
Der Dunkelhaarige nickte und folgt mir zum Badezimmer, um die Zähne zu putzen. Irgendwie sah es lustig aus, wie der große, bemuskelte Mann da stand und babyblaue Zahnpasta an der Wange hatte. Stirnrunzelnd sah Dexter mich an, ging aber nicht auf das breite Grinsen ein, das sich in mein Gesicht geschlichen hatte. Während wir das Bad verließen, begannen einige Frage an mir zu nagen. Würde Dexter bei mir schlafen? Wäre es komisch, ihn danach zu fragen? Und was war das zwischen uns eigentlich? Dass ich in ihn verliebt war, konnte ich schon eine Weile nicht mehr leugnen, doch was war mit ihm? Ich beschloss, dass es zu spät und wir beide zu müde waren, um das alles noch heute zu besprechen. Nur eins musste ich jetzt wissen: "Dex? Würdest du bei mir schlafen? Du musst nicht, ich dachte nur, wegen neul-"
Er lächelte mich warm an, während er bereits nickte: "Klar."
Der nächste unangenehme Moment ließ allerdings nicht lange auf sich warten, schließlich wollte ich nicht in Jeans schlafen. Kurz überlegte ich, einfach den Raum zum Umziehen zu verlassen, doch diese Vorstellung erschien mir doch etwas kindisch, weswegen ich Dexter einfach den Rücken zu drehte und schnell meinen Schlafanzug überstreifte. Als ich ihn wieder sehen konnte, lag er bereits in meinem Bett, er trug nur Boxershorts und sein T-Shirt.
"Komm ins Bett, du musst morgen früh raus", brummte er leise.
"Was? Warum?", verwirrt zog ich die Stirn kraus und schlüpfte neben ihm unter die Bettdecke.
"Schule?! Das ist so ein Ort, wo schlaue Jungs wie du noch schlauer werden..."
Um ehrlich zu sein war ich froh, dass er mich immer noch aufzog, sich trotz unseres Gesprächs vom Abend nicht allzu viel von seiner Art mir gegenüber geändert hatte, na ja, vielleicht bis auf die Tatsache, dass er mich geküsst hatte, wogegen ich absolut nichts einzuwenden hatte. "Ich dachte eigentlich, ich könnte morgen hier bleiben und-"
"Vergiss es", schnitt er mir entschlossen das Wort ab, "Schlimm genug, dass ich dich küsse, obwohl du gerade mal siebzehn bist! Deine schulische Leistung wird nicht auch noch unter mir leiden! Und wenn ich dich hinbringen und abholen muss und dir bei dem Hausaufgabenmachen zugucke, du schwänzt nicht nochmal!"
Ich verdrehte die Augen: "Dass ausgerechnet du so eine Spaßbremse bist, hätte ich auch nie gedacht..."
"Damit kann ich leben", ich musste ihn nicht sehen, um zu wissen, wie er gerade guckt, weswegen ich einfach nur meinen Kopf auf seiner warmen Brust ablegte.
Dexter streckte sich, machte das Licht aus und strich mir leicht über den Rücken.
"Hast du dir einen Wecker gestellt?"
"Ja, hab ich, Dad..."
"Bei dir weiß man nie...", sein neckender Ton wurde sanfter, "Schlaf gut, Andrew..." Dann drückte er mir noch einen Kuss auf den Kopf und zog die Bettdecke so hoch, dass meine Schultern vollständig darunter verborgen wurden.
"Du auch!"
Als am Dienstag viel zu früh und viel zu laut mein Wecker zu Schrillen begann, brauchte ich einen kurzen Moment, um zu realisieren, dass der vergangene Abend nicht nur ein Traum gewesen war. Doch, da war eindeutig ein verschlafener Dexter, der mich müde anblinzelte. Seine Schwellungen im Gesicht waren größtenteils bereits wieder abgeschwollen, um sein linkes Auge hatte sich ein ganz schönes Veilchen gebildet, aber ansonsten sah er beinahe aus wie immer.
"Morgen", grummelte er, streckte sich gähnend, während mein Blick mal wieder an seinen Tattoos hängen blieben.
"Morgen... Haben die eigentlich alle eine Bedeutung?", ich konnte meine Neugier mal wieder nicht zurückhalten.
"Ja, aber es ist eindeutig zu früh für solche Gespräche! Du gehst ins Bad und packst deine Sachen, ich mach Frühstück, einverstanden?", ohne meine Antwort abzuwarten, stand er auf und verließ den Raum.
Seufzend machte ich mich fertig und folgte dem Mann schließlich in die Küche. Während ich aß sah ich ihm gerührt zu, wie er mir Brote für die Schule belegte und einpackte.
"Du bist süß...", murmelte ich.
"Süß? So hat mich noch keiner genannt", grinste er.
"Dann wurd's ja Zeit!", erwiderte ich, ging um den Tisch herum zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Ich könnte immer noch hierbleiben..."
Streng schüttelte er den Kopf: "Ich bring dich auch, wenn du willst, aber du gehst zum Unterricht! Ich weiß, dass es spannenderes gibt, aber Schule ist wichtig und außerdem bin ich hier, wenn du wiederkommst..."
"Versprochen?"
"Hoch und heilig!"
Es hatte etwas surreales, neben Dexter zur Schule zu laufen, doch ich hatte das dringende Gefühl, mich daran ohne Probleme gewöhnen zu können. Obwohl er wie selbstverständlich nach meinem Rucksack gegriffen und ihn für mich getragen hatte, hatte ich mich nicht getraut, seine Hand zu nehmen. Wir hatten die Frage, was das zwischen uns war, noch nicht beredet und ich wusste nicht, ob es ihm unangenehm wäre, mit mir händchenhaltend durch die Gegend zu laufen. Kurz vor der Schule verabschiedeten wir uns voneinander. Ich hatte mit mir gerungen, ihn dann aber doch geküsst. Jeder einzelne Kuss mit Dexter fühlte sich so unendlich gut an, dass ich immer dachte, besser würde es nicht gehen und doch wurde ich jedes Mal aufs Neue überrascht. Am liebsten hätte ich mich einfach nie wieder von seinen Lippen gelöst, doch er war beim Thema Schule unerbittlich.
"Du musst jetzt gehen, sonst kommst du zu spät! Grüß Darren von mir und pass auf dich auf, ja?"
"Mach ich! Und du pass auch auf dich auf! Für meinen Geschmack waren die Tattoos nämlich auch vor den blauen Flecken schon genug Farbe an dir..."
Hi:)
Ich hoffe, das Kapitel ist okay geworden, ich bin echt müde und hab's erst heute Abend geschafft, zu Schreiben. Das ist zwar zugegebenermaßen die Norm bei mir, aber normalerweise weiß ich vorher schon ziemlich genau, was ich schreiben will, nur dieses Mal hatte ich den Kopf echt mit anderen Sachen voll. Also, wie immer, ruhig her mit Feedback, nehme wie gesagt auch gerne Kritik an!
Viewanzahl am 30.08.2019: 152
Ich wünsche euch ein schönes und hoffentlich erholsames Wochenende, eure c_in_medias_res <3
DU LIEST GERADE
Dexter Jones
Ficção AdolescenteDexters Leben war noch nie einfach, doch als der Einundzwanzigjährige nach vier Jahren aus dem Gefängnis kommt, scheint er am Tiefpunkt angekommen zu sein. Perspektivlos wie er ist, versucht er sich über Wasser zu halten. Doch seine Lage verändert s...