35 -Gemüselasagne-

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Dexter's P.O.V.

"So, ich mach mich dann auf", ich lächelte schief. 

"Du hast doch noch gar nicht gefrühstückt!", vehement schüttelte Drew den Kopf.

Ich seufzte leise: "Meinst du nicht, wir haben deinen Dad für heute schon genug gereizt, Baby?"

Trotzig reckte mein Freund das Kinn empor: "Er muss sich eh an dich gewöhnen!"

Darauf erwiderte ich nichts. Ich hielt es nicht für besonders schlau, Liam so zu provozieren, aber Drew würde sowieso nicht locker lassen. Also trottete ich dem Blonden hinterher in die Küche und machte mich auf das Schlimmste gefasst.

"Morgen, Jungs!", gerührt stellte ich fest, dass Samantha dabei war, vier Teller auf den Tisch zu stellen. Offenbar hatte zumindest sie mich eh schon eingeplant.

"Morgen", gab ich lächelnd zurück.

"Guten Morgen", Liams Stimme ließ mich herumfahren. Er lächelte ziemlich bemüht, aber immerhin schmiss er mich nicht direkt wieder raus. Das war schon mehr, als ich erwartet hatte.
Das Frühstück war angespannt, weder Liam noch ich sprachen viel. Ein wenig erleichtert machte ich mich schließlich auf den Weg zur Arbeit, während Andrew zur Schule ging.

Abends saß ich grübelnd in meinem leeren Zimmer auf dem Boden. Ich musste das Red-Problem lösen, so viel stand fest. Ich hatte nicht vergessen, dass er mich hatte beschatten lassen und noch immer bereitete mir der Gedanke, Drew könne ihm ins Visier geraten, heftige Kopfschmerzen. Aber ich wusste beim besten Willen einfach nicht, was ich tun sollte. Ich konnte gegen Red rein gar nichts ausrichten. Auch wurde ich den Gedanken nicht los, dass er irgendetwas mit mir vorhatte, denn ich verstand nicht, weshalb er mich sonst nicht in Ruhe ließ. Wenn ich für ihn ein so großes Risiko darstellen würde, dass er mich beschatten lassen musste, würde ich längst am Grund eines Hafenbeckens verrotten. Doch ich lebte. 
Ich klammerte mich an meinem Klappmesser fest. Es ergab keinerlei Sinn, doch noch immer fühlte ich mich irgendwie sicher, fast behütet, solange ich dieses verfluchte Messer am Körper trug. Als ob die Stichwaffe irgendetwas gegen die Waffen der heutigen Zeit auszurichten vermögen würde. Und dennoch gehörte das Messer zu mir. 

Ein zögerliches Klopfen an der Tür ließ mich zusammenschrecken.

"Ja?"

Joyce, eine meiner Mitbewohnerinnen streckte ihren Kopf durch die Tür: "Hey, ich wollte was kochen. Hast du vielleicht Lust, mir Gesellschaft zu leisten? Wir kennen uns ja noch gar nicht richtig, Sara kommt auch in einer halben Stunde, sie ist gerade noch beim Sport..."

Eigentlich wollte ich allein sein. Ich brauchte einfach Zeit für mich, auch wenn ich bei Andrew vielleicht eine Ausnahme machte, so war ich doch in gewissem Maße ein Einzelgänger. Trotzdem nickte ich, ich verdankte den beiden Mädchen viel, vielleicht mehr, als sie überhaupt wussten: "Klar..."

"Soll ich dir helfen?", fragte ich von meinem Platz am Küchentisch aus, während die Rothaarige bereits emsig Gemüse klein schnitt. 

"Gerne! Wenn du das schnell fertig machst, stell ich den Backofen schon mal an!", zufrieden summte sie zu einem Lied aus dem Radio mit und suchte im Schrank nach den Nudeln für unsere Gemüselasagne. 

Ein wenig ungeschickt führt ich die Arbeit des zierlichen jungen Frau fort. 

"Und du arbeitest jetzt bei dieser Gärtnerei?", fragte sie.

"Ja... Ist noch ein bisschen ungewohnt und anstrengend, aber es macht mir ehrlich Spaß. Was genau studierst du eigentlich?"

"Jura! Ist auch anstrengend!", sie lachte, "vor sämtlichen Prüfungen hasse ich mich dafür, dass ich mich ernsthaft für Jura entschieden hab, aber irgendwie liebe ich es auch."

"Ich kann's mir vorstellen", murmelte ich und reichte ihr das Holzbrettchen mit den Paprikastücken, die Joyce in die Pfanne kippte. 

Eine Weile hielten wir weiterhin Smalltalk, sie erzählte mir einige Geschichten aus der Uni. Alles in allem war sie mir ziemlich sympathisch. Nachdem wir die Auflaufform in den Backofen verfrachtet hatten, setzten wir uns wieder an den Tisch und die Unterhaltung wurde langsam persönlicher.

"Hast du eigentlich Freunde?", sie runzelte verärgert die Stirn über ihre eigene Frage, "Sorry, das kam jetzt irgendwie falsch raus, ich meinte, ob du irgendwelche Freunde hast, weil du doch erst so kurz wieder draußen bist..."

Ich lachte leicht über ihr rotes Gesicht und fühlte mich sofort an Drew erinnert: "Na ja, nicht wirklich... Ich hab einen Freund, aber keine Kumpel oder so."

"Einen Freund-Freund?", überrascht hob sie die Brauen.

"Ja, einen Freund-Freund", gab ich ruhig zurück.

"Versteh mich nicht falsch, ich hab damit überhaupt kein Problem oder so! Ich hätte nur irgendwie nicht erwartet, dass du auf Männer stehst...", beeilte sie sich zu erklären.

Ich lächelte milde: "Ist schon okay. Hab relativ lange ein Geheimnis draus gemacht..."

"Woraus?", meldete sich plötzlich Sara, die gerade die Küche betrat.

"Offenbar hat unser Mitbewohner hier einen Freund", grinste Joyce.

"Oh, freut mich für dich, Dexter. Du kennst nicht zufällig auch noch einen für mich?", Sara lachte und deutete an sich herunter, "Ich seh mal zu, dass ich aus den verschwitzten Klamotten raus komme! Ich bin gleich wieder da, muss nur kurz duschen..."

"Okay.", Joyce lächelte ihrer besten Freundin zu und richtete sich dann wieder mir zu, "Wie heißt er denn?"

Unwillkürlich stahl sich ein Lächeln auf meine Lippen: "Andrew..."

"Und wie ist er so?"

Ich erzählte ihr ein wenig von Drew. Joyce erzählte mir im Gegenzug, dass sowohl sie als auch Sara single waren und berichtete auch die ein oder andere Geschichte von Ex-Freunden, als Sara wieder zu uns stieß. Irgendwann war auch endlich das Essen fertig. Das Radio lief noch immer im Hintergrund. Als die Nachrichten kamen und ich die Worte "Polizei" und "Drogenboss" herausfilterte, wurde ich hellhörig.

"Kannst du bitte kurz lauter drehen?", fragte ich Sara. Sie nickte und drehte am Lautstärkekopf herum, solange bis man jedes Wort deutlich hören konnte.

"... von einem großen Durchbruch in der Drogenbekämpfung. Ein hiesiger Drogenboss wurde heute morgen verhaftet. Ein Sprecher der Polizei teilte mit, der Mann sei in viele illegale Geschäfte verwickelt gewesen. William S., auf der Straße auch als "Red" bekannt, habe unter anderem mit Drogen- und illegalem Waffenhandel und Prostitution zu tun. Am kommenden Freitag...", wie versteinert saß ich da. Konnte es sein, dass mein größtes Problem sich von selbst erledigt hatte? Entschlossen sprang ich auf, ignorierte die verwirrten Gesichter von Sara und Joyce. Ich musste mich selbst davon überzeugen, dass er weg war. 


Hi :)

Langsam aber sicher neigt sich die Geschichte dem Ende zu... Ich denke, es werden noch etwa ein, vielleicht auch zwei, Kapitel und dann der Epilog kommen. 
Lasst gerne eure Feedback da. ;)

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende, eure c_in_medias_res <3 

Dexter JonesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt