Dexter's P.O.V.
Als ich meine Augen wieder aufschlug war es bereits dunkel geworden. Ich hörte Andrews gleichmäßiges Atmen, er saß noch immer zusammengekrümmt auf dem Stuhl neben meinem Bett, mein Buch lag aufgeschlagen auf seinem Schoß. Verwundert runzelte ich die Stirn, wieso war er nicht einfach gegangen, nachdem ich eingeschlafen war? Ich spürte einen leichten Stich in der Brust, als mir der Gedanke kam, er könne über mich gewacht haben. Es rührte mich und das wiederum beunruhigte mich. Ich gewöhnte mich bereits jetzt an die fürsorgliche und liebevolle Art des Blonden. Aber ich gehörte nicht in sein Leben, ich würde ihn mit in den Abgrund ziehen.
Doch ich war nun einmal nicht annähernd so stark, wie ich hätte sein müssen, um jetzt einfach zu verschwinden. Nein, ich war nicht nur schwach, sondern auch unglaublich egoistisch. Ich wusste, dass ich Andrew nicht so schlafen lassen konnte, ich musste ihn ins Bett bringen. Und gerade weil ich ein so wahnsinnig eigennütziger Mensch war, brachte ich ihn nicht in sein Zimmer. Ich schob es auf die Tatsache, dass ich krank war, auch wenn mir nicht einmal mehr übel war, aber ich wollte in dieser Nacht einfach nicht alleine sein. Also hob ich ihn hoch, legte ihn in mein Bett und deckte uns beide zu. Kurz lag ich mit offenen Augen auf dem Rücken und starrte an die Zimmerdecke, dann seufzte ich auf und gab mich für heute vollständig meiner unsäglichen Schwäche und Selbstsucht hin und legte meine Arme um Andrews Körper. Ich zog ihn an meine Brust, strich ihm leicht über den Rücken und schloss endlich meine Augen. Als sein Arm sich im Schlaf wohl reflexartig ebenfalls um mich schlang, setzte mein Herz für einen Schlag aus. Wenn ich ihm Gefängnis eines wirklich vermisst hatte, dann war das Nähe und diese gab mir der hübsche Junge und ich nutzte das schamlos aus.
Als ich morgens wieder aufwachte, lag ich alleine da. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass Andrew nicht bleiben würde. Im Prinzip war ich ein Fremder für ihn, ein Fremder, der auch noch vier Jahre älter war als er. Schuldgefühle und Reue holten mich ein. Wie musste sich das für ihn angefühlt haben? Ich hatte ihn einfach zu mir gelegt und ihn auch noch umarmt, obwohl er mich nicht richtig kannte! Wie sollte ich damit klar kommen, wenn er jetzt Angst vor mir hatte? Und viel schlimmer, wie sollte er selbst damit umgehen? Es war unendlich übergriffig von mir gewesen, einen Schlafenden so zu benutzen!
Mir war bewusst, dass ich ihm die Situation erklären und mich entschuldigen musste. Am besten würde ich danach gehen, dann würde ich gar nicht erst wieder in die Lage kommen, ihn bedrängen zu können. Außerdem würde ich mich langsam wirklich um einen Job bemühen müssen, um wenigstens etwas Geld zu verdienen. Wenn ich nicht in absehbarer Zeit etwas finden würde, konnte ich fest damit rechnen, dass ich bei Red landen würde. Red hatte Mittel und Wege mich zu rekrutieren, ob ich das nun wollte oder nicht.
"Andrew?", rief ich, während ich das Zimmer verließ, um den Blonden zu suchen, "Andrew, wo bist du? Bitte, lass mich das erklären, es tut mir ehrlich lei-"
Ich brach im Satz ab, als ich den Flur betrat, wo Andrew mit äußerst gequälter Miene an der offenen Haustür vor einem rothaarigen Jungen stand.
"Andy? Ist das dein Ernst?! Wer zur Hölle ist das?! Und was tut ihm leid? Hat er dir wehgetan? Mann, Andrew, jetzt sag doch endlich mal was!", der Rothaarige war jetzt vollkommen aufgebracht und offensichtlich sowohl wütend, als auch besorgt. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich zum ersten Mal Darren gegenüber stand.
"Dexter! Geht's dir wieder besser?", fragte Andrew mich und musterte meine Gesichtsfarbe, um zu überprüfen, ob ich noch immer krank aussah.
Darren schien zu explodieren: "Es reicht mir! Andrew, du erklärst mir jetzt sofort, was zu Hölle hier los ist! Ich dachte, du bist totkrank, will mal nach dir sehen, weil ich mir verdammt nochmal Sorgen mache und dann willst du mich nicht reinlassen und plötzlich kommt der Typ da an!"
Bei seinen letzten Worten deutete er anklagend auf mich und ich wollte ihm gerade etwas antworten, doch der Blonde kam mir zuvor: "Das ist Dexter, er ist... der Sohn von einer Freundin von Mum und er ist zufällig gerade in der Stadt und-"
"Andrew, lass den Scheiß!", unterbrach ich ihn und ging auf die beiden Jungen zu, "Darren, richtig? Du kommst jetzt erstmal rein, wir müssen das nicht auf der Straße besprechen!"
Misstrauisch beäugte Darren mich, doch dann trat er tatsächlich ein, zog seine Schuhe aus und folgte Drew und mir in die Küche. Wir setzten uns an den Tisch und ich bemerkte, wie Andrew schon wieder dabei war, zu überlegen, was er seinem besten Freund erzählen könnte, um bloß zu verheimlichen, dass ich nicht der nette Junge von nebenan war.
Aber ich hielt davon nicht viel, weswegen ich die Stimme erhob: "Ich bin Dexter, Dexter Jones, ich bin einundzwanzig Jahre alt und hab momentan keine Bleibe, weil ich am Donnerstag erst aus dem Gefängnis gekommen bin..."
Hi:)
Tut mir leid, dass das Kapitel erst jetzt kommt! Ich hab es schon vor ein paar Tagen geschrieben und wollte es eigentlich gestern hochladen, aber ich war abends so müde, dass ich einfach ins Bett gefallen bin und es im Eifer des Gefechts vergessen hab. Deshalb kommt es jetzt ein paar Stündchen zu spät...
Ich hoffe mal, es gefällt euch trotzdem!Schönes Wochenende, eure c_in_medias_res <3

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Dexter Jones
ספרות נוערDexters Leben war noch nie einfach, doch als der Einundzwanzigjährige nach vier Jahren aus dem Gefängnis kommt, scheint er am Tiefpunkt angekommen zu sein. Perspektivlos wie er ist, versucht er sich über Wasser zu halten. Doch seine Lage verändert s...