Difficult decision

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„William, hast du eigentlich vor irgendwann in deinem Leben zu heiraten?“ Der Shinigami wurde rot und sah weg. Miyuku kicherte leise. „Tut mir leid, diese Frage war wohl etwas zu direkt“ Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr und lächelte ihren besten Freund an. „Weisst du, das war schon immer mein Traum gewesen. In einem schönen, weissen Kleid, zum Altar schreiten, auf dem mein zukünftiger Ehemann wartet. Das Gesicht vom Schleier verhüllt, mit einem Strauss Rosen in den Händen…“ und während sie weitererzählte, hatte sie die Augen geschlossen. William betrachtete sie. Das war also Miyukus Traum gewesen? Er bemerkte, wie seine Gedanken ebenfalls zum Altar schweiften. Mit Miyuku als seine Braut. „…und ich möchte eine Tochter haben“ hörte er sie sagen. „Eine süsse kleine Tochter namens Ai…weisst du, das bedeutet >Liebe<"

„Shinigami…“
Ais Beine haben nachgegeben. „Überrascht?“ fragte William. „Aus diesem Grund habe ich dich auch hierher geordert. Keine Angst, ich werde dich nicht…umbringen…“ Der Shinigami konnte die Furcht aus ihren Augen herauslesen. „Das darf ich nämlich nicht mehr.“ Wieder korrigierte er seine Brille. Doch Ai hörte ihm kaum noch zu. „Was noch…was noch…“ schrie sie in ihren Gedanken. „Was bin ich denn noch alles…?“ Sie sah zu William, der sie mit einem Eiskalten Blick bedachte. „Wenn du jetzt schon so schwach bist, wie soll aus dir eine richtige Shinigami werden…“
„ABER ICH WILL DOCH KEINE SHINIGAMI WERDEN!“ brüllte sie ihm entgegen. William liess sich jedoch nicht von dem beeindrucken. „Durch die Gegend zu schreien…ziemt sich nicht für eine Lady…“
„Ich bin im Gottes Namen auch keine Lady…“
„Schwöre niemals auf Gott, wenn du ein Dämon bist!“ zischte William auf einmal, was Ai einen kalten Schauder über den Rücken jagen liess. Sie verstummte. Was war denn auf einmal los? Sie verstand überhaupt nichts mehr. War sie jetzt ein Dämon, oder eine Shinigami?
William betrachtete seine Todessense. „Ich bin auch nicht höchst erfreulich darüber, aber Tatsache ist Tatsache und ich habe den Auftrag bekommen dich mitzunehmen.“ Ai schüttelte den Kopf. „Und wenn ich nicht will?“ sagte sie leise. „Wenn ich mich weigere dieses Leben zu führen…ich möchte nichts anderes als wieder ein Mensch zu werden.“ Tränen schwammen in ihren Augen. William schnaubte verärgert. „Du wirst nie wieder ein normales Leben führen können. Das ist gar nicht möglich…entweder Dämon oder Shinigami. Aber menschlich wirst du nie wieder sein!“
„Eine interessante Vorstellung“ ertönte auf einmal eine tiefe Stimme. Das Mädchen zuckte zusammen. Williams Blick wurde zunehmend zorniger. Man konnte einige Schritte hören, bis schliesslich Sebastian aus dem Dunklen hervortrat. Mit einem diabolischen Lächeln auf den Lippen. Leicht verbeugte er sich. „Verzeiht mir, wenn ich diese nette Unterhaltung gestört habe, aber ich denke ihr werdet nichts dagegen haben, wenn ich zuhöre“ Er ging auf Ai zu. „Ai, hat der junge Herr nicht ausdrücklich gesagt, du solltest das Anwesen ohne Begleitung nicht verlassen?“ Ai schwieg und biss sich auf die Lippen. Sie wollte nichts sagen. Sie wollte nichts hören. Alles war ihr zu viel. „Lange nicht gesehen, verehrter Mr. Spears.“ William formte seine Hand zur Faust. Was hatte er auch anders erwartet? „Schlechter Zeitpunkt, Dämon!“ zischte er, wobei er das letzte Wort voller Verachtung aussprach. Sebastian behielt sein Lächeln. „Ich denke nicht. Schliesslich bin ich hierher geeilt um Ai auf die Sprünge zu helfen. Sie ist gerade dabei ein vollwertiger Dämon zu werden und ich werde nicht zulassen, dass Sie diesen Prozess abbrechen. Ich habe ein grosses Interesse daran ihre Verwandlung mit zu verfolgen…“ und während er dies sagte, hob er Ai und trug sie auf seinen Armen. Das Mädchen starrte ins Leere, doch sie fühlte Sebastians festen Griff. Auf einmal wurde es warm. Sie schloss ihre Augen und legte den Kopf an seiner Brust. Ihre Arme umschlangen seinen Nacken. William, der das ganze natürlich mitbekam, spürte wie er innerlich brodelte. Doch nur, weil Sebastian ihn daran hinderte den Auftrag auszuführen. Er richtete seine Brille. „Ai wird sich ihrem Schicksal stellen müssen, das ist Ihnen doch sicherlich auch bewusst, oder?“ Er hob seine Augenbraue. „Selbstverständlich. Ich hatte ja so meine Vermutungen gehabt, was das Mädchen betrifft. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt, warum sie ihre dämonischen Kräfte unterdrückt. Aber jetzt kenne ich ja die Antwort“ meinte Sebastian und sah auf Ai herab. „Scheint so als würde die Shinigami in ihr diese böse Macht bekämpfen…“ sprach William leicht triumphierend und richtete seine Brille. Ai öffnete ihre Augen wieder. „Aufhören…“ flüsterte sie und begann leicht zu zittern. „Ihr sollt aufhören…Ich halte das nicht mehr aus. Ich will zurück“ Sebastian beugte sich leicht zu ihr. „Wir werden gleich zurückkehren“ sagte er leise. Ai blickte zu ihm hoch und sein Lächeln liess ihre Wangen erröten. Obwohl es jetzt eigentlich der komplett falsche Zeitpunkt war rot zu werden. Und vor allem der falsche Zeitpunkt wegzurennen. Eigentlich, so dachte sie, wäre jetzt die passende Gelegenheit mehr über sich selber zu erfahren. William war der Schlüssel zu allen verborgenen Geheimnissen ihres Lebens. Sie begann in Sebastians Armen zu zappeln. „Lass mich runter…“ rief sie, worauf der Butler erst einmal verwundert zu ihr herunter schaute. „Aber Ai…“ doch sie hatte sich schon selber befreit. „Ich muss es erfahren!“ dachte sie aufgeregt und schritt auf William zu. Ihre Beine waren weich wie Pudding, aber sie beherrschte sich so gut sie konnte. „William…du weisst mehr darüber, nicht wahr?“ Ihre Stimme zitterte. „Ich habe das Gefühl, dass du mich in und auswendig kennst. Dann sag mir bitte alles was du weisst. Hier und jetzt!“
Williams Gesicht blieb ausdruckslos. Sollte Ai es jetzt erfahren? Oder lieber später? Der Befehl lautete lediglich sie mitzunehmen. Mehr auch nicht. Das Funkeln in Ais Augen kam von den Tränen, die nun ihre Wangen herabkullerten. „Im 21. Jahrhundert hatte ich schreckliche Eltern gehabt. Sie schlugen mich wund, nannten mich des Teufels Kind, Ausgeburt der Hölle. Und ich hatte keine Ahnung gehabt, warum sie mir das alles an den Kopf warfen. Ich hatte mich gefragt, ob Eltern so seien. Normalerweise sind Vater und Mutter doch liebevoller zu ihren Kindern. Aber so etwas wie Liebe, habe ich nie erfahren“ Ai begann zu schluchzen.

"Eine süsse kleine Tochter Namens Ai…weisst du, das bedeutet >Liebe<."

 erinnerte sich William an Miyukus Worte. „Ich habe mir nichts Sehnlicheres gewünscht als Liebe zu empfangen, verstehst du mich William?“ fuhr sie fort. „Deshalb…Bitte, sag mir alles was du weisst.“ Sie sah ihn so flehentlich an, dass William sich von ihr abwenden musste. Hatte sie die Wahrheit überhaupt verdient? Immerhin war sie schuld gewesen an seinem Unglück vor 16 Jahren. Sein eiskaltes Herz begann schmerzhaft zu pochen. Es war Miyukus Gesicht in Ais. Es waren ihre Augen. Er würde sich ein ganzes Leben an sie erinnern, würde Ai sich immer in seiner Nähe aufhalten.
„Nein!“
Ai zuckte abermals zusammen. Ihr Atem stockte. „Was?“ hauchte sie. Hatte sie soeben richtig gehört? „William…aber warum?“ Der Shinigami drehte sich um. Sein Gesicht war wutverzerrt. „Das erzähle ich dir erst, wenn du dich den Shinigami angeschlossen hast.“
Das Mädchen schluckte ihren Zorn herunter, was dazu führte, dass sie nur noch mehr weinen musste. Sebastian, der die ganze Zeit abseits gestanden hatte, kam nun auf Ai zu und kniete sich zu ihr nieder. „Es bringt nichts, ein Spiel mit den Shinigami zu spielen. Du als Anfängerin wirst darin sowieso den Kürzeren ziehen. Und nun komm, der junge Herr fragt sich sicher schon wo wir sind“ Er zog das Mädchen hoch. Ai liess es zu. Mit ihren Gedanken war sie jetzt eh woanders. Ihr Blick fiel wieder auf William, der sie jedoch nur kalt anstarrte. „Du willst tatsächlich das abtrünnige Leben eines verruchten Dämons führen? Nun denn…es ist dein Wille.“ Er wandte sich ab und wollte gehen, blieb jedoch wieder stehen. „Falls du deine Meinung doch noch änderst, so rufe meinen Namen. Dann werde ich dich sofort holen kommen“ Mit diesen Worten verschwand William ins Nichts.
Ai spürte Sebastians Hand an ihrer Stirne. Er wirkte besorgt. „Warum? Sag mir Sebastian, warum?“ Doch der Butler wusste darauf keine Antwort.

Er sagte es würde nur einen Augenblick dauern. Doch Sebastian war nun schon seit einer halben Stunde verschwunden. Genervt sass sich Ciel auf seinen Arbeitsstuhl hin. Dieses Mädchen bereitete ihm Kopfzerbrechen. Seitdem sie hier in seinem Anwesen arbeitete, hatte er das Gefühl, Sebastian würde sich mehr um sie kümmern und sorgen. Er liess eine Schachfigur fallen. Es war die Königin. Starr ruhte sein Blick darauf. Königin? Jetzt wo er darüber richtig nachdachte…ja, er war der König. Sebastian war der Springer an seiner Seite. Doch Ai hatte sich nun eingemischt…Ai, die Königin, an die Sebastian ebenfalls interessiert war. Seine Hände formten sich zu Fäusten. „Nein, das darf ich nicht zulassen!“ War es gerade die Eifersucht, die ihn so plagte? Er hielt inne. Im nächsten Moment schüttelte er heftig seinen Kopf. „Sebastian ist der einzige der noch treu an meiner Seite geblieben ist. Ich werde nicht zulassen, dass ihn mir irgendjemand wegnimmt.“

Mit verweinten Augen lag Ai nun in ihrem Bett, Sebastian an ihrer Seite. Der Butler war die ganze Zeit über, in der sie geweint hatte, bei ihr gewesen. „Ob dieses Mädchen für die Dämonenwelt geschaffen ist?“ begann er zu zweifeln. Er verspürte, zu seiner Überraschung, keine Verabscheuung, obwohl sie, wie er soeben herausgefunden hatte, zur Hälfte Shinigami war. Warum war er nicht früher darauf gekommen? Ihre Kräfte als Shinigami versuchte ihre dämonische Seite zu vernichten. Ein Kampf, den das Mädchen tief in ihrem innersten fechten musste. Er konnte sich nur zu gut vorstellen, wie hart es für sie war. „Es ist schon spät. Ich muss meinem jungen Herrn noch Bericht erstatten“ dachte er. Als er feststellte, dass Ai eingeschlafen war, machte er sich leise auf und schloss vorsichtig die Türe um Ai nicht zu wecken. Seit wann war er eigentlich so rücksichtsvoll? Er schüttelte den Kopf über sich selber.
„Du kommst spät, Sebastian“ zischte Ciel wütend. Der Butler verneigte sich kurz. „Verzeiht, ich habe mich um Ai gekümmert.“
Das traf den jungen Earl und er wandte sich absichtlich von ihm ab. „Hast du wenigstens etwas Nützliches herausgefunden?“ Nur schwer konnte er die Wut in seiner Stimme unterdrücken.
„Oh, in der Tat, junger Herr.“ Und so begann Sebastian ihm von der Begegnung im Wald zu erzählen. Der junge Phantomhive hörte ihm aufmerksam zu und unterbrach ihn kein einziges Mal. Stattdessen keimte in seinem Kopf eine zündende Idee. Ja, so dachte er. Ein hinterhältiges Lächeln umspielte seine Lippen. Mit diesem Plan würden sich all seine Sorgen in Luft auflösen.

Das Heulen des Wolfes drang durch die Nacht. Der Wind brachte die Vorhänge sanft zum wehen. Ai erschauderte kurz. Mit einem Male riss sie die Augen weit auf. Ihre Pupillen leuchteten im wunderschönen grün…

Lucifers daughter (A Black Butler Story)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt