fortyfive

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Als ich am Montag in die Schule kam, freute ich mich schon Ethan zu sehen.
Wir hatten uns seit Samstag nicht mehr gesehen, aber zwischendurch geschrieben. Wobei er jedes Mal komisch und uninteressiert geschrieben hatte, was mich wiederum verunsichert hatte.
Also stand auf meine to do Liste Ethan zu fragen ob alles gut bei ihm war und außerdem noch mit Brady zu sprechen. Seit Freitag hatte ich so viel zu tun gehabt, dass ich gar nicht mehr an ihn gedacht hatte.
Dabei hatte ich vermutlich ein totales Chaos hinterlassen, als ich ihn einfach geküsst hatte. Ich hatte mit seinen Gefühlen gespielt und das war nicht in Ordnung.

In der ersten Stunde hatte ich Mathe, zusammen mit Ethan aber ohne alle anderen.

Wie immer kam er zu spät, platzte zehn Minuten nach dem Klingeln in den Unterricht. Bis auf den angepissten, teilnahmslosen Blick wirkte er wie immer. Er trug die blaue Hose, das weiße Hemd und den blauen Blazer, der zur Schuluniform gehörte und sich eng an seine Schultern schmiegte, aber als er sich auf seinen Platz setzte, erhaschte ich einen Blick auf seine linke Gesichtshälfte und musste mir von innen auf die Wange beißen, um nicht laut nach Luft zu schnappen.
Ethan hatte ein blaues Auge und seine Unterlippe war an einer Stelle aufgeplatzt. Das blaue Auge war nicht mehr geschwollen und die Haut drumherum nicht aufgeplatzt, aber man konnte deutlich das fette Veilchen erkennen, dass sich bereits langsam lila - grün färbte.

Natürlich erkannten das auch die anderen Schüler, die sofort begannen zu tuscheln.
Aber da Ethan eben Ethan war, ließ er nur seine Tasche mit einem lauten Knallen auf den Boden fallen, woraufhin Stille herrschte.

Er entschuldigte sich nicht, was typisch für ihn war.
Die Carrington's regieren diese Schule.
Miss Harkley sagte nichts dazu, stockte nur kurz in ihrer Bewegung, machte aber dann weiter mit dem Unterricht.

Ethan saß an dem Einzeltisch neben mir, also starrte ich ihn so lange an, bis er seinen Blick auf mich wandte. Einen Moment sah er mich genauso an wie die anderen, aber dann spannte er seinen Kiefer an, schloss kurz die Augen und ließ einen Blick auf seine Gefühle zu. Plötzlich wirkte er nicht mehr unnahbar, sondern sah aus wie ein kleiner Junge. Ich hatte das Gefühl, dass mein Herz gleich zerbrach.
Was auch immer passiert war, das hatte Ethan mitgenommen.

,,Willst du reden?", flüsterte ich, darauf bedacht, dass niemand es hörte.
Einen Moment überlegte Ethan, bevor er mit den Schultern zuckte. Ich seufzte leise.
,,Wollen wir rausgehen? Ich kann mir eine Ausrede überlegen", schlug ich vor.
Ethan schüttelte kaum merklich den Kopf.

,,Das kann auch bis nach der Stunde warten, Ginger", erwiderte er dann, woraufhin ich ihn skeptisch ansah, aber dann nickte.

Die Stunde zog sich wie ein zähes Kaugummi und als sie endlich vorbei war, stieß ich meinen Atem aus und packte so schnell zusammen wie es ging.
Ethan dagegen ließ sich Zeit, packte seine Sachen langsam zusammen und wartete bis alle Schüler aus dem Raum gingen. Er wartete sogar bis Miss Harkley ging. Eigentlich war es ziemlich verantwortungslos von ihr noch nicht mals zu fragen, ob bei Ethan alles okay ist, aber wer wusste schon warum die Lehrer an der Saint dies und jenes machten.
Die meisten von ihnen wurden von Eltern der reichen Schüler bestochen.

Ethan stand endlich auf und ging dann in Richtung Tür, blieb dann aber auf halbem Weg stehen.
,,Lass uns schwänzen", schlug er leise vor. Seine Stimme war kratziger als sonst, so als hätte er lange nicht mehr gesprochen oder zu viel geschrien.
Ich öffnete den Mund, schloss ihn dann aber wieder. Wenn ich weiter so machte, konnte ich mir die Harvard abschminken und dann sofort einen unteren Platz in der Firma von Dad einnehmen.
Aber anstatt abzulehnen, stimmte ich zu. Ich konnte Ethan unmöglich alleine oder sitzen lassen und die eine Stunde die ich schwänzte war nicht schlimm.
Er brauchte mich, also war ich für ihn da.

the great VictoriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt