the great Victoria

twentytwo

Am nächsten Tag sah ich niemanden der anderen vor dem Lunch, erst dann traf ich Brady, Gabby, Nick, Tracy und Hanna.
Erleichtert atmete ich aus, ließ meinen Rucksack auf den Stuhl neben mich fallen und setzte mich hin.
,,Hey."
Kurz schloss ich die Augen.

Der Tag war so verdammt anstrengend gewesen.
Dad und Ridley hatten beschlossen heute einen Familientag zu machen und das mussten sie mir unbedingt heute Morgen um 6 mitteilen, bevor sie beide in die Firma gefahren waren.
Und zu einem Familientag gehörte bei uns Thompsons auch ein Geschäftsessen.
Vermutlich brauchte Dad nur einen Grund mich dazu zu überzeugen, zu diesem verdammten Essen zu gehen. Und es kotzte mich an. Aber ich hielt die Klappe und stimmte einfach zu, wie so oft wenn es um die Wünsche von Dad ging.
Ich hatte keine Ahnung mit welchem der Geschäftspartner meines Dads wir heute Abend essen gehen würden, aber es war mir ehrlich gesagt auch egal. Ich wollte es einfach hinter mich bringen.

Gerade als Brady mich etwas fragen wollten, zog jemand den Stuhl neben ihm zur Seite und ließ sich darauf fallen.
Ich roch einen Schwall von Zigarettenrauch, einem gutriechenden Männerparfüm und einem ganz bestimmten Eigengeruch. Ethan. Etwas in meiner Magengegend zog sich zusammen, aber ich achtete nicht darauf sondern sah ihn einfach neutral an.
Seine braunen, fast schwarzen Haare waren heute noch unordentlicher als sonst, seine leichten Locken kamen mehr zum Vorschein. Außerdem wirkte seine Haut fahl und die Augenringe immer noch präsent.
Aber trotzdem sah er so gut aus wie immer. Ethan sah nicht einfach nur gut aus, er war auch wirklich attraktiv.
Die ersten Tage, vielleicht sogar die ersten zwei oder drei Wochen waren das härteste. Danach würde er über den Berg sein. Aber ich machte mir wirklich Sorgen, dass er rückfällig werden würde, obwohl es mich überhaupt nichts anging.
Aber im Gegensatz zu diesen Merkmalen schmiegte sich sein Schulhemd wie immer perfekt an die breiten Schultern und seine Kleidung wirkte makellos.
Genau wie die von Hanna und ungefähr jedem anderen der Schüler hier auf der Saint.

Wenn Ethan sich an unseren Tisch setzte, folgte kurz darauf immer Zac, dann Tucker und schließlich die ganze Football Mannschaft, inklusive der Cheerleader.
Zum Glück war das dieses Mal erst das zweite Mal, dass so etwas passierte.
Ethan schenkte mir ein Grinsen. Aber anders als am Anfang wirkte es weder spöttisch oder hämisch.
Es war ein süßes Grinsen. Eines, dass meinen Körper kribbeln ließ.
Das bemerkte auch Zac, der erst Ethan, dann mich ansah und schließlich wie ein kindischer Dummkopf einen Kussmund machte.
,,Wie gehts, Thompson?", fragte Zac und nahm sich ohne zu fragen ein Stück von Tracys Apfel.

Seine braun- blonden Haare waren wie immer perfekt mit Gel gemacht und sein Grinsen hatte diesen typischen Arschloch - Touch, den Zac aber generell an sich hatte.
Aber: er hatte sich seitdem ich hier angekommen war wenigstens etwas gebessert.
,,Super und dir, Zachary?", fragte ich, bevor ich einen großen Schluck Wasser trank.

Tracy schlug Zac's Hand weg, als er sich noch ein Stück Apfel nehmen wollte. Er grinste noch breiter.
,,Toll."
Dann lehnte er sich zurück und musterte Tracy. Das übliche also.

Mein Blick dagegen schweifte zu Ethan und ich sah ihn an, solange bis auch er seinen Blick auf mich richtete.
Seine grau - blauen Augen wirkten unendlich erschöpft und ich verzog mitleidig das Gesicht.
Kurz sah ich mich um, um zu überprüfen ob jemand uns ansah.
Hanna hatte beide Brauen nach oben gezogen und langsam breitete sich ein Grinsen auf ihrem hübschen Gesicht aus.
Es war wirklich nicht das, wonach es aussah.

Kurz darauf kam aber auch schon die geliebte Zara an unseren Tisch.
,,Ethan." Sie klang erfreut. Ich hasste die Tatsache, dass sie so unendlich perfekt aussah. Aber wenigstens verhielt sie sich nicht perfekt sondern absolut scheiße.
Als sie sich zu ihm herunterbeugte, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben, drehte ich meinen Kopf weg.
Ich hatte Ethan zu einer Ablenkung geraten und er hatte sie anscheinend ziemlich schnell gefunden.
Mir kam fast mein Lunch hoch, als ich ein lautes Schmatz - Geräusch hörte.
Scheiße, woher kam jetzt die plötzliche Übelkeit?

Ich schluckte meinen plötzlich aufkommenden Frust herunter und aß einfach weiter.
Brady bemerkte dass etwas nicht stimmte und sah mich besorgt an.
Tracy war mit Zac beschäftigt, Hanna mit Tucker, Ethan mit Zara und Gabby mit Nick.
Übrig blieben Brady und ich.
Schnell zwang ich mir ein Lächeln auf die Lippen.
,,Du schuldest mir noch einen Drink", sagte ich dann zu ihm.

Brady erwiderte mein Lächeln. ,,Wann immer du willst. Sag einfach Bescheid."
Erleichtert über die Ablenkung wollte ich gerade etwas erwidern, als jemand anderes für mich antwortete.
,,Am Freitag ist nach dem Spiel eine Party bei Erica. Du und dein Lover sind natürlich auch eingeladen", mischte sich Ethan spöttisch ein.
Es fühlte sich so an, als würde mir jemand die Luft zum Atmen nehmen. Warum zum Teufel war er wieder so ein Arschloch? Eben war er noch ganz normal.
Kurz atmete ich tief durch und schüttelte den Kopf.
Das musste ich mir wirklich nicht geben.

,,Ich hab echt keinen Bock auf eine Party voller arroganter Kids, du Brady?", fragte ich und sah Brady an.
Dieser schüttelte den Kopf. ,,Es gibt echt besseres", stimmte er mir zu und spielte mit.

Aufgeregt mischte sich nun auch Hanna ein.
,,Ihr müsst unbedingt kommen. Bitte, bitte, bitte."
Sie verzog bettelnd das Gesicht und sah uns mit großen, dunklen Augen an.

,,Ihr habt mich schon letztes Mal überredet. Dieses Mal bestimmt nicht", bestand ich.
,,Und ich kann sowie so am Freitag nicht. Wir machen einen Wochenendtrip. Also bin ich raus", fügte Brady hinzu.
Überrascht sah ich ihn an.
,,Wohin?"
,,Meine Cousine heiratet, deswegen fliegen wir nach Michigan", erklärte er schulterzuckend.
,,Das ist echt weit", sagte ich erstaunt.

,,Loverboy ist sowie so weg, also komm einfach zur Party, Ginger", mischte sich Ethan ein.
Mit bösem Blick wandte ich mich zu ihm und sah, wie sein schelmisches Grinsen breiter wirkte.
Zara hing immer noch an ihm wie eine Klette.
,,Man, Ethan. Wenn sie nicht kommen will ist doch egal", quengelte sie und verdrehte die Augen.

,,Halt die Klappe, Zara. Ich rede nicht mit dir", knurrte er genervt.
Überrascht verzog ich das Gesicht und hätte fast gegrinst.
Aber nur fast.

,,Was auch immer, ich muss zu Wirtschaft", sagte ich nur und stand auf, ohne auf irgendjemanden zu warten.
Ethan sagte nichts, Hanna und Brady verabschiedeten sich noch schnell von mir und Tracy lief mir hinterher.

,,Warte doch mal, warum gehst du jetzt so schnell?", fragte Tracy verwirrt, als sie zu mir aufgeschlossen hatte.

Ich seufzte leise. ,,Ich musste schnell weg von Ethan. Er pisst mich total an", erwiderte ich ehrlich.

,,Ethan kann dir wirklich gefährlich werden. Ich bemerke, dass es dir immer mehr zusetzt wenn er so scheiße ist zu dir. Lass dich nicht darauf ein", sagte Tracy besorgt und legte mir eine Hand auf den Arm.

Ich seufzte. Wenn sie nur wüsste.