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Gerade war ich dabei, mir meinen Lippenstift nachzuziehen, als die Tür zu der Damentoilette aufschwang. Überrascht sah ich, dass Zac sich zu mir gesellte und das wie immer nicht mehr ganz nüchtern.
Er betrachtete mich einen Moment aus seinen braunen Augen, bevor er leicht grinste und einen Schluck aus seinem Flachmann nahm.
,,Du solltest nicht so viel trinken", sagte ich dann leise zu ihm und fuhr damit fort, mich aufzufrischen.

,,Und du solltest aufhören zu versuchen jeden zu retten. Du hast deinen Job bei unserem Lieblings Arschloch Ethan getan, du musst das nicht auch noch bei mir machen", erwiderte Zac ungerührt.
Verwirrt runzelte ich die Stirn. Was war auf einmal los mit ihm?
Ich war mir ziemlich sicher dass ich es bereuen würde, Zac überhaupt zu fragen, aber ich drehte mich zu ihm um und musterte ihn prüfend.

,,Gehts dir gut?"

,,Natürlich", antwortete er prompt. Als er mir näher kam, kniff ich misstrauisch die Augen zusammen. Auch so war Zac nicht gerade die Person, der ich am meisten vertraute und jetzt in betrunkenem Zustand geriet ich noch mehr in Alarmbereitschaft.
Ich wandte mich vom Spiegel ab und lehnte mich gegen das Waschbecken, um möglichst viel Abstand zu haben.

,,Komm mir nicht zu nah, Zac." Warnend zog ich meine Brauen zusammen. Ich hatte keine Angst vor ihm, dafür kannte ich Zac viel zu lange - und auch wenn er ein Arschloch war, würde er mir niemals Schaden zufügen.

Er verharrte in seiner Bewegung und starrte mich einen Moment lang mit durchdringendem Blick an, bevor er seine Schultern hängen ließ und ihm alle Luft entwich. Das besorgte mich nur noch mehr.
,,Meine Mutter und mein Vater lassen sich scheiden", flüsterte er dann.
Ich hatte Zac wirklich selten, wenn nicht sogar nie so betroffen von etwas gesehen. Die Tatsache, dass ihn die Scheidung von seinen Eltern so traf, obwohl er sich sonst ziemlich wenig für alles andere in seinem Umfeld interessiert, überraschte mich.
,,Ich weiß nicht, wem ich das erzählen könnte außer dir, praktisch gesehen habe ich keine Freunde."

,,Komm her", sagte ich leise und hob meine Arme. Egal was für ein Arschloch er sonst war, gerade tat Zac mir einfach nur leid.
Er schloss die Augen, stellte seinen Flachmann auf die Ablage des Waschbeckens und umarmte mich. Meine Umarmung musste ziemlich schwach wirken, aber ich hab mir größte Mühe ihn so fest wie möglich mit meinen Armen zu umschlingen.
Seine Alkoholfahne war überdeutlich, als er seinen Kopf auf meiner Schulter platzierte und dort einen Moment lang verharrte.
,,Tut mir leid, dass sie sich scheiden lassen."

,,Dad hat was mit seiner Sekretärin. Was ist das bitte für ein beschissenes Klischee?" Einen Moment hielt er die Luft an, bevor er sie wieder ausstieß. Sein warmer Atem streifte mein Ohr und es war mehr als nur ungewohnt und unangenehm für mich, ihm so nah zu sein.
,,Wahrscheinlich hat er das Arschloch Gen an mich vererbt und deswegen bin ich so wie ich bin. Oder ich bin einfach von mir aus misslungen", fügte er resigniert hinzu.
Da wurde mir bewusst, dass jeder von uns mehr oder weniger mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen hatte. Auf den ersten Blick waren wir alle wahrscheinlich nur irgendwelche reichen Kids, die mit Daddys SUV oder Sportwagen in die Schule fuhren, aber wenn man genauer hinsah, wusste man, dass das alles nur Schein war. Und Zac versuchte das hinter einer Fassade aus Dummheit, Leichtsinn und Party Liebe zu verstecken.

Gerade wollte ich noch etwas sagen, als die Tür erneut aufschwang. Verwirrt runzelte ich die Stirn, als Ethan in der Tür stand. Hier war die Damentoilette, was machten die alle hier?
Ethan verharrte in seiner Bewegung und starrte abwechselnd mich und Zac mit zusammengezogenen Brauen an. Als ich den dunklen Blick in seinen Augen und die Art, wie ein Muskel in seinem Kiefer zuckte sah, wusste ich einen Moment lang nicht was ich tun sollte.
Zac löste sich von mir und sah Ethan an. Kurz herrschte Stille, dann kam Ethan vollständig herein und drückte die Tür hinter sich zu.
,,Was machst du hier mit meiner Freundin?", fragte er, wobei seine Stimme gefährlich leise war.

the great VictoriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt