twentythree

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In dem Kursraum angekommen setzte ich mich auf meinen üblichen Platz, der neben Ethan war.
Er würde sowie so zu spät kommen.
Tracy saß neben ihren Partnerin und unterhielt sich angeregt mit ihr, während ich alleine rumsaß und mit meinem Handy rumspielte.

Fast hätte ich mein Handy fallen gelassen, als Ethan sich auf den Platz neben mir fallen ließ.
Mein Nacken kribbelte und mein Bauch zog. Aber ich blieb neutral und sah weiterhin auf mein Handy.
,,Wir haben noch zehn Minuten bis der Unterricht anfängt. Was machst du hier?", fragte ich unbeeindruckt.

Ethan seufzte. ,,Warum bist du jetzt so scheiße zu mir?", fragte er und wirkte selbst total genervt.
Überrascht sah ich hoch und sah dass er mich mit zusammengezogenen Brauen und angespannten Kiefer musterte. Irritiert registrierte ich, dass mein Hand zuckte, um über die kleine Falte zu streicheln, die sich zwischen seinen Brauen befand.

,,Ich bin scheiße zu dir?", fragte ich ihn und zog beide Brauen hoch. Wer hatte sich gerade wie ein Arschloch verhalten?
,,Warum machst du mich immer so dumm an wenn Brady dabei ist?"
Normalerweise konnte ich mich wirklich immer kontrollieren, aber bei Ethan ging das nicht. Dieser Typ brachte mich einfach jedes Mal auf die Palme.

Ethan verzog spöttisch das Gesicht und fast hätte ich ihm dafür eine geklatscht.
,,Brady ist lächerlich. Ich kann nicht anders, als ihn zu provozieren. Guck ihn dir doch mal."

Empört öffnete ich den Mund. ,,Brady ist wirklich nett."

,,Nett?" Ethan lachte spöttisch. ,,Nett ist ein beschissenes Adjektiv. Gibts nicht mehr über deinen Lover zu sagen?"

Ich verdrehte die Augen. ,,Erstens ist er nicht mein Lover. Und zweitens ist er nicht nur nett. Er ist lustig, sieht gut aus und hört echt gut zu."

,,Sicherlich. Aber Frauen stehen immer eher auf Männer wie mich", erwiderte Ethan überheblich. Was hatte das jetzt mit unserem Gespräch zu tun?
Und warum ließ ich mich darauf ein?

,,Mag sein. Aber bei Typen wie Brady bleiben Frauen. Bei Typen wie dir bleibt man ein paar Monate, vielleicht ein Jahr. Dann wirst du langweilig, weil du nicht mehr als ein Spielzeug bist", sagte ich ungerührt und sah zu, wie er unzufrieden die Brauen zusammenzog. Fast hätte ich gegrinst.

,,Wer sagt, dass ich jemanden will der so lange bei mir bleibt? Es ist einfacher, wenn es kürzer ist."
Und wie genau waren wir jetzt wieder zu diesem Punkt gekommen?
Ich seufzte.

,,Weißt du was? Es ist mir egal, Ethan. Mach was du willst." Kurz machte ich eine Pause und kramte in meiner Tasche herum. ,,Ich wollte dir helfen und das habe ich getan. Deine Ablenkung hast du gefunden. Du kommst schon klar", vollendete ich und holte meinen Kulli und einen Block raus.

Ethan erwiderte nichts, ich hörte nur mein laut klopfendes Herz.
,,Ich brauche wirklich deine Hilfe, Ginger. Ich habe es nie länger als einen Tag ausgehalten. Mit dir schaffe ich das", flüsterte Ethan.
Ich sah einen kleinen Moment lang in seine schönen Augen, dann schüttelte ich den Kopf.
Zu wissen, dass er meine Hilfe brauchte, fühlte sich gut an. Hier lief wirklich irgendwas schief.

,,Ganz sicher lasse ich nicht zu, dass du mich wie den letzten Dreck behandelst. Du kannst nicht einen Moment nett, dann scheiße, dann wieder nett sein."
Schnell sah ich mich um, aber niemand sah uns an. Ausnahmsweise tuschelte mal niemand, aber das auch nur weil alle selbst in ihren Gruppen beschäftigt waren und Ethan und ich nicht ohne Grund redeten. Schließlich mussten wir das wohl oder übel wegen unserer gemeinsamen Gruppe und so fand das niemand unnormal oder aufregend.

,,Das tue ich doch gar nicht. Brady pisst mich einfach an und deswegen war ich so. Außerdem bin ich verdammt noch mal gestresst, ich habe Kopfschmerzen und ich schwitze schon die ganze Zeit, was echt ekelig ist", erklärte Ethan leise.
Tatsächlich waren kleine Schweißperlen auf seiner Stirn. Er sah wirklich nicht gesund aus. Sofort kam Mitleid in mir auf.
Stöhnend schüttelte ich den Kopf.

,,Komm schon, steh auf", forderte ich, was Ethan stirnrunzelnd befolgte.
Einige Augenpaare folgten uns, als wir aus dem Raum gingen.
Ich hatte Mister Harkley gar nicht bemerkt. Dieser sah uns mit hochgezogenen Brauen und skeptischem Blick an.
,,Ethan und ich gehen in den Computerraum. Wir haben kein Datenvolumen mehr." Ich zwang mir ein Lächeln auf und eilte dann mit Ethan auf den Flur.

,,Was willst du machen?", fragte Ethan verwundert aber ging brav neben mir her.
Manchmal wunderte ich mich immer noch über seine Größe, denn er war einer der wenigen bei denen ich hochgucken musste. Er war einen ganzen Kopf größer als ich.

,,Also erstmal solltest du dein Gesicht mit kaltem Wasser waschen. Danach gehen wir erstmal was Essen."
Überrascht sah er auf mich hinunter und grinste leicht. Dann schüttelte er den Kopf.

,,Soll ich fahren oder fährst du?", fragte er dann.

,,Ich dachte du wüsstest die Antwort darauf mittlerweile." Ich lächelte leicht und sah zufrieden, dass Ethans Augen blitzten.
,,Natürlich fährst du."

,,Wir müssen uns beeilen. Ich scheiß darauf, wass Harkley von mir denkt. Aber ich glaube du nicht", sagte Ethan, als er den Knopf zum Entsperren des Jeeps drückte.

,,Lass uns zu Starbucks. Ich liebe den Kaffe und die Cookies dort", schlug ich vor, als ich wie selbstverständlich einstieg. Irgendwie kam mir all das hier schon unendlich bekannt und vertraut vor.
Mit Ethan zu essen oder mit ihm zu reden. Und auf der einen Seite gefiel mir das, auf der anderen Seite beunruhigte es mich.

,,Du hast doch letztens gesagt, dass gesundes Essen so wichtig ist", sagte Ethan provokant und schenkte mir ein schiefes Grinsen.
,,Fuck, ich hab vergessen mir das Gesicht zu waschen", stöhnte er, als wäre es das wichtigste auf der Welt.

Ich schüttelte lachend den Kopf. ,,Willst du Erfrischungstücher?", fragte ich rhetorisch und Ethan nickte ernsthaft.
Schmunzelnd holte ich die Erfrischungstücher mit dem Geruch von Rosen aus meiner Tasche und hielt Ethan sie hin.
Ungeschickt zog er mit seinen schlanken Fingern ein Tuch heraus und fuhr sich grob übers Gesicht.
,,Besser?"

,,Keine Ahnung. Ist es echt besser nach Erfrischungstüchern mit dem Geruch von Rosen zu riechen, als verschwitzt zu sein?", fragte er und fuhr sich durch die Haare.
Ein Muskel in seinem Bizeps zuckte, als er seine Hand entspannt auf seinem Bein ruhen ließ.
Grinsend zuckte ich mit den Schultern und lehnte mich entspannt zurück.

Kurz grübelte ich. ,,Warum magst du Brady nicht?", fragte ich schließlich.
Stirnrunzelnd registrierte ich, dass Ethan dass Lenkrad fester umklammerte. Was machte ihn so sauer?

,,Ich weiß dass du denkst dass er einer von den Guten ist. Ist nicht so, als hätte ich was schlechtes über ihn gehört oder sowas, aber irgendwie kommt er mir komisch vor. Und die Tatsache dass er immer versucht allen zu gefallen pisst mich an", erklärte Ethan ehrlich.
Überrascht sah ich ihn einen kleinen Moment lang an, sagte aber nichts.
,,Du solltest wirklich zur Party kommen, Ginger. Ich brauche jemanden, der mich ablenkt. Vom ganzen Alkohol und den Drogen", sagte er dann.

,,Ich bin sicherlich nicht da, um dich von irgendwas abzulenken. Du hast doch Zara."
Ich biss auf meiner Lippe herum und sah aus dem Fenster, als ich darauf wartete dass er antwortete. Hoffentlich waren wir bald bei Starbucks.
Und hoffentlich nahm Ethan meine Aussage nicht falsch auf. Nicht dass er dachte, dass ich eifersüchtig wäre.

,,Das einzig gute an Zara ist, dass sie gut aussieht. Mehr nicht. Sie stresst mich mehr, als das sie mir bei irgendwas hilft", sagte er knapp und bog in den Drive- In von Starbucks. Warum tat es so gut, das zu hören? Mich überraschte immer wieder, wie ehrlich und offen Ethan sein konnte, wenn er wollte. Und wie verschieden er sein konnte.
Eben noch war er ein absolutes Arschloch, dann war er provokant und jetzt wirkte er ganz ruhig und entspannt.
,,Ich brauche dich nicht nur als Ablenkung, Ginger. Wenn du kommst und uns beiden langweilig wird, dann gehen wir was essen oder so. Ich bezahle dann auch", schlug er vor und schenkte mir kurz ein schiefes Grinsen, was meinen Körper kribbeln ließ.
,,Versprochen."

Kurz überlegte ich. Es konnte doch echt nicht sein, dass er mich schon wieder überzeugt hatte.
Ich seufzte.
,,Na gut. Aber nur weil ich hoffe dass uns dann langweilig ist und wir essen gehen", grummelte ich gespielt, obwohl ich mich wirklich freute.

the great VictoriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt