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Ich nickte, lächelte und ging langsam auf die Leute in der hinteren Reihe zu ohne sie wirklich anzugucken.
Mein schlichtes Ziel war ohne einen wirklichen Schaden hierraus zu kommen. Mein Dad hatte nur noch mich und ich hatte nur noch ihn. Ich wollte ihn stolz machen, durch meine Anwesenheit, meinen Abschluss und meine Noten.
Schon seit ich denken konnte war ich immer darum bedacht meinen Eltern zu gefallen. Es war nicht einfach mit meinem Bruder Ridley um die Aufmerksamkeit und das Wohlwollen unserer Eltern zu kämpfen. Schließlich versuchte ich die ganze Zeit an Ridleys Leistungen und Charakterstärke heranzukommen, obwohl von Geburt an klar war dass er die Firma übernehmen würde, nicht ich.

Ich hörte von mehreren Seiten leises Gemurmel.
Genervt packte ich meine Sachen aus und stützte mein Gesicht in meine Hände.
Ein paar Minuten konnte man nur das Gerede der Schüler hören, während Miss Harkley durch ihre Unterlagen blätterte, dann schwang die Tür erneut auf.
Gelangweilt blickte ich auf. Mein Herz blieb einen kurzen Moment stehen. Blau- graue Augen, dunkelbraune, leicht gelockte Haare und ein verführerisches Grinsen. Das weiße Hemd welches zu der Schuluniform der Saint gehörte schmiegte sich eng an seine breiten Schultern. Er wirkte riesig, obwohl ich schon relativ groß war, überragte er mich mit Sicherheit noch um einen Kopf.
Kurz schluckte ich, dann wandte ich den Blick ab, als er mich mit blitzenden Augen musterte.
Fuck off, dieser attraktive Typ bedeutete Ärger. Das spürte ich bis hierhin.

,,Du lässt dich auch mal blicken? Setz dich, Ethan", sagte Miss Harkley, ohne aufzublicken.
Oh shit, ich saß auf Ethan's Platz.
,,Würde ich liebend gerne Miss Harkley, nur ist mein Platz leider von Ginger besetzt", sagte Ethan mit dunkler, kratziger Stimme.
Ich hörte sein Grinsen förmlich.
,,Stimmt." Miss Harkley seufzte.

Ich blickte auch auf, sah direkt wieder in die Augen von Ethan und atmete unauffällig tief ein und aus.
Es gab nichts was ich mehr hasste als die Art von Jungs die Ethan repräsentierte. Und ich hasste es ebenfalls, wenn man mich Ginger nannte. Rot- braune Haare waren nichts anderes als normale blonde Haare oder in Ethans Falls, dunkel braune, fast schwarze. Ich nannte ihn doch auch nicht Brownie.

,,Setz dich einfach auf Tucker's Platz. Es ist ziemlich unwahrscheinlich dass er heute auch noch aufkreuzt", sagte Miss Harkley dann seufzend.

,,Ich heiße Victoria", erwiderte ich, als er sich an den Einzeltisch neben mich gesetzt hatte. Ich weiß nicht warum ich ihn ansprach, vermutlich einfach weil mich seine arrogante Art nervte.
,,Was?", fragte Ethan nach und zog beide Brauen nach oben. Warum sah er nur so gut aus?
,,Ich heiße Victoria", wiederholte ich genervt und spürte langsam, wie ich meine nette Fassade fallen ließ. Entspann dich, Vic.
,,Und das interessiert wen?"
Arschloch.
,,Du hast mich Ginger genannt, jetzt kennst du meinen Namen. Also nenn mich auch so", versuchte ich es noch einmal.
,,Wie soll ich dich nennen? Ginger?", spottete er weiter.
Anstatt weiter Zeit zu verschwenden verdrehte ich nur die Augen und erwiderte nichts mehr darauf.
Er lachte wieder. Und sein Lachen war verdammt schön.

Den Rest der Stunde starrte ich nur nach vorne an die Tafel, achtete nicht darauf dass Ethan mal kippelte und mal mit dem Bein wippte, auch wenn es mich verrückt machte dass er keinen Moment still sitzen konnte.

Am Ende der Stunde flüchtete ich praktisch aus dem Raum.
Erstens: ich hasste Mathe, zweitens: Ethan's freche Kommentare Miss Harkley gegenüber und seine hibbelige Art nervten mich.

Auf dem Flur wollte ich gerade mein Geschichtsbuch aus meinem Spind holen, als ich ein Quietschen hörte.
Verwundert drehte ich mich um und blickte in die hellblauen Augen von Tracy.
Lachend fiel ich ihr in die Arme.
,,Gott, wie lange haben wir uns schon nicht mehr gesehen?", fragte ich lächelnd.
Es gab nur wenige Menschen bei denen ich mich wirklich freute wenn ich sie sah, einer dieser Menschen war Tracy.

,,Seit einem Jahr?", schätzte sie grinsend.
Ihre Haare glänzten und waren wie immer zu einem kurzen Bob geschnitten.

,,Was hast du jetzt?", fragte ich sie.
,,Geschichte, du?"
,,Ich auch."

,,Wie gefällt dir bis jetzt die Schule?", fragte mich Tracy und grinste breit.

,,Ganz gut. Ich meine, ich hätte auch nichts dagegen gehabt in Washington zu bleiben, aber hier ist es auch...okay."
Kurz überlegte ich.
,,Willst du heute Nachmittag vorbeikommen?", fragte ich sie.

,,Klar. Ich bin verdammt gespannt wie euer Haus aussieht, Zac hat mir schon davon erzählt."
Sie war gerade dabei ihren Lipgloss erneut aufzutragen, als ich sie aufhielt.

,,Zachary?", fragte ich geschockt nach.
Ich hasste Zac. Er war ein Fuckboy, Kiffer und arroganter Arsch zugleich. Außerdem war er dumm wie Scheiße. Ihn kannte ich ebenfalls seit meiner Kindheit, sein Vater war ein Geschäftspartner und guter Freund von meinem Dad und somit sah ich Zac ebenfalls immerzu auf Galas, Bällen und Charity Veranstaltungen.

,,Ja Zachary, der Kiffer Zac."
Tracy seufzte. ,,Ich hasse ihn auch, aber er gehört genau wie die Carrington's zu welche der Oberen hier. Also nimm dich in Acht. Ich sage nicht, dass du dich unterwerfen sollst oder so eine Scheiße, aber wenn sie dich hassen, bist du raus. Sie räumen alles und jeden aus dem Weg, der nicht in ihr Bild passt, besonders die Carrington's."

,,Du hast doch sonst so eine große Klappe", murmelte ich.

,,Habe ich auch, habe ich auch bei Zac. Aber bei ihm kann ich so sein, weil er niemals wirklich gegen mich sein wird. Genauso wie bei dir. Unsere Eltern mögen ihn, seine Eltern mögen uns. Problem gelöst."

the great VictoriaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt