Kapitel 1.

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Nora

„Da bist du ja!"

Erschrocken klappe ich das Buch zu und blicke auf. Meine beste Freundin Katie lässt sich neben mich auf die Bank plumpsen und wischt sich erschöpft über die Stirn.

„Wie kann es Anfangs Oktober noch so heiss sein?", beklagt sie sich, schnappt sich meine Lektüre und wedelt sich damit hektisch Luft zu.

„Also ich mag Sommer", gestehe ich und streiche mein blaues Sommerkleid über den Knien glatt.
Ich liebe es, Kleider zu tragen. Vor allem Sommerkleider. An lauen Tagen wie heute, gibt es nichts Angenehmeres, als den kühlenden Wind um die Beine zu spüren. Wenn es nach mir ginge, könnte das ganze Jahr über Sommer sein.
Da ist meine beste Freundin aber offensichtlich ganz anderer Meinung.

„Ich freu mich jetzt schon, wenn es endlich schneit", murrt sie weiter und wedelt noch heftiger mit meinem Buch herum.
„Dann musst du mich im Schnee eingraben, bis ich Jack aus Titanic Konkurrenz mache, okay?"

„Gib mir jetzt lieber Shakespeare zurück, er hat dir nichts getan", lache ich und schnappe mir den Lesestoff zurück.

„Du willst wirklich, dass ich ersticke, oder?", fragt Katie gespielt empört und tut so, als ob sie keine Luft mehr bekommen würde.

„Tut mir leid, du Verrückte, aber ich muss bis morgen noch den ganzen ersten Akt durcharbeiten", meine ich gleichgültig und schlage das Buch wieder auf. Ich blättere herum, bis ich die Seite gefunden habe, bei der Katie mich unterbrochen hat. Ich komme aber nicht weit, den schon meldet sich meine Freundin wieder zu Wort.

„Wie kannst du jetzt überhaupt lesen? Bist du denn gar nicht nervös?" Katie richtet sich etwas auf und sieht mich auffordernd an.

Ich verdrehe die Augen.

Was für eine dumme Frage. Natürlich bin ich nervös.

Nein, das wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Ich mache mir beinahe in die Hosen vor Angst.
Aber das sie mich jetzt daran erinnern muss, hilft mir auch nicht gerade weiter.

„Warum sollte ich den nervös sein?", frage ich trotzdem gestellt ahnungslos und muss grinsen, als Katie vor Entsetzten nach Luft schnappt.

„Du machst wohl Witze? DU hast heute ein Date mit Leon Brand. DEM Leon Brand. Aber gut, tu ruhig so, als ob es das Normalste auf der Welt sei."

Ich lache glucksend und verdrehe die Augen über die Empörung meiner besten Freundin.
„Katie, beruhige dich. Ich bin nervös. Ich bin unglaublich nervös, sogar. Ich mach mir beinahe in die Hosen."

„Du trägst gar keine Hose", stellt sie, mit einem kurzen Blick auf mein Kleid, schnippisch fest.
Ich grinse nur.

„Weisst du denn schon, was du anziehst? Ich würde dir ein Kleid empfehlen oder den grünen Overall, den wir neulich beim Shoppen entdeckt haben, der sieht klasse an dir aus.
Und was für Schuhe? Hohe Schuhe?
Oder nein, vielleicht die schwarzen Sandalen, die stehen dir so gut! Und tu mir einen Gefallen und benutz nicht diesen blassen Lippenstift, den- ."

Katie redet sich ganz schön in Rage, wie immer, wenn es darum geht mich für einen speziellen Anlass einzukleiden.

Ich weiss genau, wie das enden wird. Nämlich gar nicht.
Katie hat die unglaubliche Fähigkeit, stundenlang über das selbe Thema zu quatschen.

Pausenlos.

Höchste Zeit für mich, sie zu unterbrechen.

„Ich weiss noch nicht was ich anziehen soll, okay. Und nenn es bitte nicht immer so."

Zwei Sterne am NachthimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt