Kapitel 25.

192 21 55
                                    

Nico

„Das kann man doch nicht essen!"

Beni wirft angeekelt seine Gabel zurück auf das Tablett und rückt mit dem Stuhl vom Tisch zurück, als würde sein Mittagessen ihn gleich anspringen.

„Was ist das überhaupt?"

Ich zucke gelangweilt mit den Schultern und wende mich wieder dem Buch zu. Beni seufzt frustriert.

„Kann ich was von dir haben?", bettelt er jetzt bei Kayla, die wie immer ihren eigenen Lunch mitgebracht hat.

„Na gut. Weil du es bist. Aber das ist ein krasser Liebesbeweis, einfach das du's weisst", meint sie übertrieben theatralisch.

„Willst du auch, Nici?"

Ich blicke auf und mustere das Sandwich, das mir Kayla bereitwillig entgegen hält.

„Nein...danke", gebe ich dumpf zurück und Kayla mustert mit besorgtem Blick das leere Tablet vor mir.

„Du musst aber was essen", beteuert sie. Wie immer lässt sie die fürsorgliche Mutter raushängen.

„Hab' keinen Hunger", murmle ich und vertiefe mich erneut demonstrativ in meinem Buch.

„Lass ihn, wenn er schlechte Laune hat, isst er nie was", höre ich Beni sagen und ich will gerade etwas erwidern, als sich plötzlich ein blondes Mädchen neben mich setzt. Sie kommt mir seltsam bekannt vor.

„Hey Leuteee", verkündet sie überschwänglich und grinst in die Runde. „Ich bin Katie, wäre es okay wenn meine Freundin und ich uns zu euch setzen? Ähm... die Kantine ist echt voll heute", erklärt sie und der Groschen fällt.
Das ist die Blonde die so oft mit Nora abhängt. Ich hatte vor einigen Tagen sogar kurz mit ihr gesprochen.

Ich werfe einen Blick durch die ziemlich leere Kantine und kneife misstrauisch die Augen zusammen. Doch in dem Moment erscheint Nora hinter Katies Rücken und hebt schüchtern die Hand.

„Hey", meint sie und ihre Wangen erröten leicht.

„Aber klar doch, hier ist noch frei!", trällert Kayla sofort und deutet auf den Platz neben ihr, gegenüber von mir. Ja Kayla, hier ist überall noch frei.

Geräuschlos lässt Nora sich auf dem leeren Platz nieder und es kommt mir so vor, als ob sie am liebsten im Erdboden versinken ,würde. Sie weicht ganz offensichtlich meinem Blick aus.
Barbie, alias Katie, wackelt aufgeregt mit ihrem Stuhl herum und beginnt dann ein angeregtes Gespräch mit Kayla und Beni über das ungeniessbare Kantinenessen. Da ich von Verschwörungstheorien über vergiftetes Mensaessen genug habe und Nora scheinbar beschlossen hat mich zu ignorieren, blicke ich wieder in mein Englischbuch. Ich lese nicht wirklich, ich blicke viel mehr.

Ich weiss nicht warum Nora und ihre komische Katie ausgerechnet zu uns sitzen mussten, aber Nora scheint die Situation äusserst unangenehm zu sein.

Wir hatten uns seit dem „Kuss", oder was auch immer da abging, nicht mehr gesehen, da sie es offenbar ganz schrecklich fand.

„Twelfth Night?"

Noras Stimme durchschneidet schroff meine Gedanken. Ich hebe zögernd den Blick und sehe direkt in ihre haselnussbraunen Augen. Aha, scheinbar will sie mich doch nicht mehr ignorieren.

„Hmm?", frage ich verständnislos und Nora nickt zu dem Buch in meiner Hand.

„Achso ja. Sind ja Hausaufgaben in Englisch", meine ich und sie hebt erstaunt eine Augenbraue. Die Situation erinnert mich an unser erstes Gespräch in meinem Zimmer vor einigen Wochen.

Zwei Sterne am NachthimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt