Kapitel 18.

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Nora

Gedankenverloren kippe ich den abgemessenen Zucker in die Schüssel und rühre ihn unter die restlichen Zutaten. Im Radio läuft gerade irgend ein Song von Harry Styles und ich summe leise mit.

Mir geht es besser. Jedenfalls etwas besser, als noch heute Morgen.
Katie hat den ganzen Vormittag mit mir verbracht und wir haben uns einen Disney Film nach dem anderen reingezogen. In der Hälfte von Bambi hat sich Katie dann verabschiedet, da sie ihren kleinen Bruder im Kindergarten abholen musste.

Es ist zwar erst Mittagszeit, aber ich habe trotzdem unheimlich Lust auf Trost-Cookies, weswegen ich mir jetzt ein Blech davon backe.

Gerade lasse ich Billy den Schwingbesen ablecken, als mein Vater in die Küche spaziert. Er trägt noch seinen weissen Arbeitskittel und wirkt wie immer nach einer langen Nacht erschöpft.
„Hallo schöne Tochter, warum so früh zu Hause?", begrüsst er mich, als ich hinter dem Küchentresen auftauche. Da ich immer noch mein Pyjama trug, kann ich ihm schlecht auftischen, dass der Nachmittagsunterricht ausgefallen ist. Stattdessen entscheide ich mich für die halbe Wahrheit.

„Ich hatte heute echt Bauchschmerzen... weil, naja du weisst schon", erkläre ich und mein Vater nickt sofort verständnisvoll. Es ist echt clever von mir ihm von meinen Periodebeschwerden zu berichten, denn sofort will mein Dad nicht mehr genauer auf das Thema eingehen.

„Jetzt geht es dir besser?", fragt er mit einem flüchtigen Blick auf die Sauerei in der Küche und meine gepunktete Küchenschürze.

„Ja etwas. Hab' ein wenig gebacken um mich abzulenken", erkläre ich wahrheitsgetreu und beobachte wie mein Vater sich zwinkernd einen der bereits fertigen Kekse vom Blech schnappt.

„Mhh lecker. Ich leg' mich jetzt noch eine Runde aufs Ohr. Wir hatten letzte Nacht eine schwere Operation an einem Kind", erklärt er und fügt auf Grund meiner besorgten Miene schnell hinzu: „Keine Sorge, alles verlief blendend. Dem Mädchen geht es wieder bestens!"

So ist es eben, einen Arzt als Vater zu haben. Manchmal kommt er am Mittag nach Hause und hat gerade ein Menschenleben gerettet und an anderen Tagen... naja...

Als Arzt muss man emotional ziemlich viel verkraften können. Ein Beruf, der ganz sicher nichts für mich wäre.
Ich meine, ich habe mir vorhin bei Bambi die Augen ausgeheult. Ich bin extrem nahe am Wasser gebaut.

Ich beobachte, wie mein Vater den Arztkittel ablegt und die Treppe zu seinem Schlafzimmer hochsteigt.

Ich mustere meine mit mehlübersäten Hände und habe plötzlich überhaupt keine Lust mehr auf Cookies.

Zwei Sterne am NachthimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt