Kapitel 30.

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Nora

Ich sitze im Schneidersitz auf der Couch und schaufle löffelweise Cornflakes in mich hinein. Billy hat sich zu meinen Füssen eingerollt und schläft friedlich.
Den restlichen Nachmittag habe ich damit verbracht auf der Couch zu liegen und das Fernsehprogramm durch zu zappen.
Schliesslich bin ich bei einer Wiederholung von „Das grosse Promi-Backen" stehen geblieben.

Fasziniert beobachte ich die riesigen Motiv-Torten der Promis und notiere mir im Kopf, selbst einmal so etwas zu backen. Oder es zumindest zu versuchen.

Ich ziehe mir eine Folge nach der anderen rein und merke gar nicht, wie die Zeit vergeht. Ich habe keine Energie dazu, aufzustehen und Hausaufgaben zu machen oder wenigstens irgendetwas zu unternehmen.

Erst als das Telefon plötzlich zu klingeln beginnt, werde ich ins hier und jetzt zurück verfrachtet. Mein Blick hastet zur Wanduhr. Der Zeiger steht auf 23:15 Uhr.

Besorgt rapple ich mich hoch und wecke dabei Billy auf, der etwas verwirrt auf die Füsse kommt. Benommen und schwanzwedelnd watschelt er um meine Beine.

Besorgt greife ich nach dem Hörer und nehme den Anruf entgegen. Wer zu Teufel ruft um diese Uhrzeit an? Vielleicht ist etwas passiert?

„Hallo?", murmle ich unsicher ins Telefon. Es dauert einige Sekunden bis der Anrufer antwortet.

„Nora? Bist du's?", höre ich die Stimme eines Jungen, die mir wage bekannt vorkommt.

„Ja, mit wem spreche ich da?", frage ich unschlüssig. Ich kann die Stimme immer noch nicht zuordnen.

„Oh, sorry, hier ist Beni", sagt die Stimme am anderen Ende der Leitung.

„Ich hab' deine Nummer aus dem Internet, weil Katie letztens erwähnt hat, dass dein Nachname Stern ist. Voll schöner Name übrigens... aber ich will nicht lange um den heissen Brei reden. Ich ruf' an um zu fragen, ob Nico bei dir ist", plappert Beni darauf los und ich versuche angestrengt seinen schnellen Worten zu folgen.

„Nein. Nico ist nicht hier. Warum sollte er?", sage ich und kann es nicht verhindern, dass meine Stimme leicht schnippisch klingt. Mein Kummer hatte sich im Laufe des Tages in Frust verwandelt und ich bin inzwischen echt  wütend auf Nico. Seine Reaktion in der Kantine war einfach daneben. Wenn er nichts mehr mit mir zutun haben will, soll er mir das gefälligst ins Gesicht sagen. Und warum war er dann gestern mit mir Pizzaessen?

„Weil...keine Ahnung. Ich hab' gehofft er ist bei dir. Er ist schon seit heute Mittag verschwunden", erzählt Beni, seine Stimme klingt besorgt und innert Sekunden bin ich hellwach. Mein Ärger ist wie weggewischt.

„Was?!", erschrocken schnappe ich nach Luft und suche nach den richtigen Worten. Aber die fallen mir nicht ein.

„Rick hat mir vorhin angerufen und wollte, dass ich Nico nach Hause schicke. Das Problem ist nur, dass Nico nicht bei mir ist. Er hat den ganzen Nachmittag über Schule geschwänzt und sein Wagen ist weg", erzählt Beni hastig.

Während ich ihm zuhöre, bewegen sich meine Füsse schon wie automatisch. Ich gehe in den Flur und ziehe mechanisch meine Winterstiefel an.

„Du weisst nicht zufällig, wo er sein könnte?", fragt Beni gerade, als ich mich wieder aufrichte.

„Ich... vielleicht hab' ich eine Vermutung. Ich mach mich gleich auf den Weg", antworte ich und suche nach einer passenden Jacke im Flur.

Zwei Sterne am NachthimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt