24.Kapitel

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*P.o.V. Clarke*

“Mit Abby ist alles okay, sie ist im Krankenhaus. Ihre Schicht ist gleich zu Ende.”
“Oh okay, gut”, hatte ich aufgeatmet und auf mein Glas herunter gesehen, ehe ich den Inhalt leicht geschwungen hatte.
“Ich rufe an, um dir etwas mitzuteilen.”
“Und was?”
“Indra hat mich kontaktiert.”
Augenblick hatte ich die Frau vor mir gesehen, die sich mit dem Fall ‘Finn Collins’ befasste und sich in den letzten Wochen darum gekümmert hatte, dass er in U-Haft blieb und hoffentlich auch so lange weitermachte, bis sie ihn entsprechend verurteilen würden.
“Was hat sie gesagt?”
“Er wurde auf Kaution rausgeholt.”
Ich hörte ihn sprechen, aber nahm seine Worte nicht mehr auf, nachdem er das durchgegeben hatte.
Mein Körper fühlte sich mit einem mal so taub an. Meine Bewegungen fühlten sich so an, als würde ich mich in Zeitlupe bewegen, als ich versuchte zu verarbeiten, was er mir da durchgegeben hatte.
‘Was?’
Ich fühlte meinen Herzschlag verlangsamen, aber dafür lauter schlagen. Das Pochen, das in meinen Ohren immer lauter wurde, übertönte Marcus' Stimme. Schwer schluckend ballte ich meine Hand zur Faust, nur um damit festzustellen, dass das Weinglas nicht mehr in meiner Hand war.
‘Das ist ein Scherz, oder?’
Ich schloss meine Augen und atmete tief durch.
‘Hätte ich damit rechnen müssen?’
Langsam entspannte ich meine Hand und ließ sie schließlich sinken, sodass ich seitlich meinen Oberschenkel berühren konnte.
“Wie?”, fand ich meine Stimme wieder und unterbrach damit Marcus' Aussage.
“Das konnte Indra mir nicht sagen. Clarke-”, aber ich unterbrach ihn irritiert: “Wie? Warum konnte sie dir das nicht sagen? Sie ist diejenige, die sich mit dem Fall beschäftigt hat!”
“Ja, ich weiß. Hör zu, ich setze mich ran, Clarke. Okay? Dann-”
“Ich kümmere mich selbst drum. Danke fürs Bescheid geben, Marcus”, zwang ich mich zu einem Lächeln, obwohl ich fühlte, wie zittrig ich war.
“Liebling?”
Und ich atmete tief durch. Marcus verwendete nicht sehr oft Spitznamen, das war Moms Spezialität.
“Lexa ist bei dir?”
“Mhm”, nickte ich.
“Atme tief durch, du bist nicht allein”, sprach er ruhig, “Soll ich mit Abs rum-”
“Nein, danke, Marcus. Ich muss- Ich melde mich, okay?”
“Alles klar.”
“Bis später”, schluckte ich leicht.
“Wir lieben dich, Clarke.”
“Ich euch auch”, damit legte ich auf, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, mir nochmals gut zuzureden.
Ich ließ das Handy in meiner Hand sinken und atmete tief durch.
‘Ich hätte damit rechnen müssen’, ging es durch meinen Kopf.
     Es war still um mich herum, während ich zur Fensterwand starrte, welche sich parallel zu meinem Standpunkt befand. Ich hatte diese Aussicht geliebt, seit ich eingezogen war. Die Räume waren hoch in diesem Haus, weshalb wir uns höher befanden, als es für dieses Stockwerk üblicher war. Ich sah also nicht nur die Hochhäuser und das Treiben des Großstadtlebens, sondern auch die Brücke, welche Stadtteile miteinander verband und die Wälder, welche die Stadt eingrenzten. Nur lag jetzt alles im dunklen Blau, übergehend ins Schwarz, da die Nacht näher lag als der Tag. Aber es war eine wolkenlose Nacht, welche uns bevorstand. Entsprechend würden wir demnächst - und es wird nicht mehr lange dauern - Sterne sehen, welche über uns hinweg schweben werden.
   “Clarke?”
Schritte durchbrachen die angenehme Stille und zogen mich zurück in die Realität und weg von der Unendlichkeit des Universums.
‘Rae?’
Ich kannte ihre Tonlage zu gut, weshalb ich kurz meine Augen schloss und schließlich fragte: “Wer hat dir Bescheid gegeben?”
“Momma”, erwiderte sie.
“Wer weiß es noch?”
“Kann ich dir nicht sagen, ich bin sofort hochgekommen. Aber wenn es demnächst klingelt oder O reinkommt, dann wäre deine Frage beantwortet”, ihre Schritte stoppten, aber ich fühlte keine Hand an meinem Arm, worüber ich ziemlich erleichtert war.
Ich brauchte gerade für einen kurzen Moment meinen Freiraum.

*P.o.V. Lexa*

Clarke schob ihr Handy in ihre hintere Hosentasche, ehe sie mit ihrer Hand durch ihre Haare fuhr.
“Dieses Arschloch wurde auf Kaution rausgeholt”, hatten Raven mir Minuten zuvor zugemurmelt, “Abby hat mich kontaktiert.”
‘Fuck’, war meine stumme Reaktion gewesen, ehe wir uns einige Sekunden angestarrt und letztlich zurück zu Clarke gesehen hatten.
Jetzt hatte sie den Anruf mit Marcus beendet und starrte auf irgendeinen Fleck am Horizont.
Selbst Ravens stockender Versuch auf sie zuzugehen stoppte.
“Okay”, atmete Clarke nach einer gefühlten Ewigkeit aus, “das Universum kann ja nicht immer auf meiner Seite sein.”
Ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite, ohne von ihr abzusehen. Diesbezüglich trafen diese blauen Augen auch direkt auf meine, sobald sie sich umdrehte und sprach: “Immerhin hat es zugelassen, dass wir beide zueinander finden.”
Ich lächelte leicht: “Das kannst du damit nicht in Relation setzen.”
“Eine andere Reaktion würde es auch nicht wettmachen”, nickte sie mir zu.
“Erzähl das mal deinem Weinglas, Clarkey”, wandte Raven ein und steuerte auf die Kücheninsel zu.
“Das war die erste Reaktion”, presste sie leicht ihre Lippen aufeinander, “Ich werde morgen Indra kontaktieren und mich erkundigen. Vielleicht hat sie trotzdem irgendwas erreichen können.”
Nickend sah ich von ihr zu Raven, welche das Geschirrtuch gezogen hatte und zu der Blauäugigen herüber ging.
“Lass das, ich mach-”
“Oh nix da! Nachher greifst du wieder in eine Scherbe und-”
“Das war ein Unfall. Du warst nicht mal da-”
“Na und?! Meinst du, ich lasse es zu, dass du dich wieder seinetwegen verletzt? Ich kümmere mich um die Scherben- Ende!”, kniete sich Raven auf den Boden und begann die groben Scherben auf das Tuch zu legen.
Ich ging derweilen zur Spüle und schnappte mir eine Küchenrolle, damit ich die Flüssigkeit auftupfen konnte.
“Ihr braucht das- Urgh!”, schüttelte Clarke den Kopf, als sie realisierte, was ich vorhatte.
“Setz dich, Clarke”, hielt ich neben ihr, küsste ihre Wange und lächelte, “und entspann dich.”
“Ich kann das allein.”
“Das wissen wir”, strich ich mit meiner freien Hand über ihr Handgelenk, bevor ich unsere Finger miteinander verschränkte, “aber das brauchst du jetzt nicht. Nimm dir ein neues Glas und setz dich.”
Sie atmete tief durch und nickte schließlich sanft, ehe sie sich zu einem Lächeln rang, wie ich unschwer erkannte.
“Bekomme ich auch einen?”
Clarkes Finger fuhren über meinen Nacken, als sich unsere Lippen trennten und wir uns anschmunzelten.
“Natürlich, Rae.”
Während ich mich also zu ihr kniete und ein Papiertuch von der Rolle löste, hockte sich Clarke schräg hinter ihre beste Freundin, schlang ihre Arme um deren Oberkörper und gab ihr einen Schmatzer auf die Wange.
“Da werde ich ja eifersüchtig”, biss ich auf meine Zunge.
“Solltest du auch, wir kennen uns nämlich schon länger”, neckte Raven und steckte mir ihre Zunge entgegen.
Ich lachte auf und schüttelte den Kopf, während Clarke nur grinste.
‘Ablenkung ist jetzt das Beste, was ihr passieren kann.’

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