Kapitel 47 - Die Schlacht der fünf Heere

527 31 7
                                    

Wir blieben noch lang genug auf der Mauer stehen, um zu sehen, wie die Elben in letzter Sekunde Seite an Seite mit den Zwergen in die Schlacht zogen. Das war ein wirklich beeindruckender Anblick, doch dann kamen Tod und Ruin, rotes und schwarzes Blut tränkte die Felder vor dem Berg.
Endlich verschwanden die ersten Zwerge zurück in den Hof, um dort hoffnungslos ihre Zeit abzusitzen.
Die Kampfgeräusche drangen bis zu uns hinter die Mauer. Hier saßen wir, betrachteten Gedanken versunken den Boden und mussten tatenlos zuhören, wie unsere eigene Sippe vor dem Tor abgeschlachtet wurde. Denn die Zwerge waren meine Sippe. Das sollte mittlerweile deutlich sein. 

„Wie lange noch?", fragte Fíli ungeduldig, der vor Kíli und mir nervös auf und ab ging.
„Ein paar Minuten?", riet ich.
Wie, um sich selbst kampfbereit zu machen, schwang mein Schwager sein Schwert im Gehen hin und her.
„Setz dich hin, Junge", brummte Dwalin, ehe er selbst aufstand und Richtung Thronsaal verschwand.
Die meisten hatten die schweren Rüstungen abgenommen, trugen aber noch immer Kettenhemden und leichtere Harnische. Kíli und ich, die wohl mit Abstand die leichtesten Rüstungen hatten, waren unverändert.
Plötzlich fiel mir auf, dass ich außer Dagnir keine weiteren Waffen bei mir trug.
„Fuck", murmelte ich, sprang auf und joggte ohne Erklärung tiefer in den Berg hinein, Richtung Wohnung.

Ohne viel darüber nachzudenken, schnappte ich mir zwei kleine, aber scharfe Küchenmesser, die ich zu Dagnir in den Gürtel steckte. Zur Sicherheit nahm ich noch ein etwas größeres und verstaute es in meinem Stiefel. Dann rannte ich zurück zum Hof. Bevor ich ankam, traf ich im letzten Korridor auf Thorin.
Er hatte seine Rüstung abgelegt und auf seinem Kopf saß keine Krone mehr. Dafür hatte er seine königliche Erscheinung zurückgewonnen; er strahlte Selbstlosigkeit, Großmut und Kampfgeist aus.
„Thorin!", entfuhr es mir überrascht.
Er blieb stehen und sah mich mit liebevollem Blick an, begleitet von Bedauern.
„Ich hatte gehofft, nochmal mit dir sprechen zu können, bevor alles endet", begann er. „Zuerst möchte ich klarstellen, dass ich nicht Herr meiner Sinne war. Und es tut mir leid. Aufrichtig."
Verstehend nickte ich.
„Ich glaube nicht, dass ich nach dieser Schlacht nach Hause komme."
Ablehnend schüttelte ich heftig den Kopf, und es bildeten sich wieder Tränen in meinen Augenwinkeln.
Thorin trat näher und legte mir tröstend die Hand auf die Schulter.
„Ich bin damit im Reinen. Aber darum soll es jetzt nicht gehen."
Er griff ins Innere seines Mantels und holte eine glänzende Kette heraus. Sie war silber, fast weiß, eigentlich. Der Anhänger reflektierte den Mond und die Sterne in seinen Kristallen, die fast aussahen wie Opale.
„Es ist Mithril. Es wurde einst in Moria gefertigt, zweifellos für eines der Königskinder. Ich kam nie dazu, es dir zu überreichen, aber es soll mein Verlobungsgeschenk an dich sein."
Sprachlos nahm ich die Kette an und ließ Thorin sie mir umlegen.
Väterlich strich er mir sanft über die Wange und sah mich weiter mit diesen liebenden Augen an. Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass mein leiblicher Vater mir je so seine Liebe gezeigt hatte.
Endlich hatte ich meinen gewählten Papa zurück, und jetzt stand er hier vor mir und sagte, er würde nicht nach Hause kommen.
Die erste Träne rollte.
Thorin schloss mich fest in die Arme; etwas, auf das ich so lange gewartet hatte, und jetzt konnte ich es kaum genießen. Ruhig weinte ich in seinen Mantel, und er fuhr mir tröstend durch die Haare.
„Ich will nicht lügen, also sage ich dir, wahrscheinlich zum letzten Mal, dass ich dich sehr in mein Herz geschlossen habe. Ich hätte niemals Kinder haben können, aber neben meinen Neffen kommst du dem wohl am nächsten. Wisse, dass du hier immer ein Zuhause haben wirst. Selbst, wenn die Raben den Berg verlassen und niemand aus meinem Gefolge mehr übrig ist, der sich an dich erinnert. Denn ich habe niedergeschrieben, wer du bist. Und die Zwergenkönige der Zukunft werden wissen, dass du dem Hause Durins angehörst. Nicht nur als eingeheirateter Prinzgemahl, sondern als dritter Erbe von Thorin Eichenschild."
An diesem Punkt heulte ich ordentlich und schluchzte, aber mein Papa war da und hielt mich fest im Arm. Eine Umarmung von Thorin Eichenschild war wahrlich eine der besten Sachen überhaupt.
Aber hier wusste ich, dass mein Plan niemals aufgehen würde. Nicht so, wie ich es wollte.

Mittelerde... Ernsthaft?! //Hobbit ff Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt