Kapitel 15 - Kíli ist viel zu süß um echt zu sein

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Trotz dem Fakt, dass wir keine Ponys mehr hatten, schafften wir noch immer um die zwanzig Kilometer am Tag. Wir ließen einfach die Teepausen ausfallen, standen früher auf und gingen später ins Bett. Dabei musste man auch nochmal unsere kurzen Beine bedenken, theoretisch mussten wir also halb so schnell sein wie Großes Volk.

Am ersten Tag war ich nach kurzer Zeit auf Kílis Rücken eingeschlafen und wachte erst viel später auf, als der Rest der Zwerge lauthals schnarchte und die Sonne bereits ihre ersten goldenen Strahlen über die Gebirgskette sendete.
Ich hatte endlich mal wieder lange und viel schlafen können, war gut ausgeruht und bereit für einen neuen Tag des langen Wanderns.
Ich gähnte leise, streckte mich einmal ordentlich und drehte mich dann auf die Seite nach Osten, wo das Gebirge aufragte und die Sonne herüber lugte.
Wir waren nichtmal in der Nähe der Ostseite des Nebelgebirges, aber wir würden ja wahrscheinlich eh bald von Orks gefangen genommen werden und einen schnelleren Weg unter den Bergen hindurch finden. Wie sich später herausstellte, war das bald eher so siebenundvierzig Tage des Wanderns durchs Gebirge, die auch nicht wirklich Spaß machten.

Erst als ich meine Augen zusammen kniff, erkannte ich die Silhouette eines Zwerges dort vorn sitzen; er kehrte mir den Rücken zu und schien sein Gesicht der Sonne zuzustrecken.
Langsam rappelte ich mich auf und wanderte hinüber zu ihm. Als ich erkannte, dass er keinen Mantel wie alle anderen trug, wusste ich, dass es Kíli sein musste.
„Morgen", murmelte ich und ließ mich im
feuchten Gras neben ihm nieder.
Er schien aus seinen Gedanken gerissen worden zu sein, riss kaum merklich seine Augen weiter auf und sah überrascht zu mir rüber.
„Morgen", lächelte er dann.
Ich zog seinen Mangel enger um meinen Körper (hier oben war es doch ziemlich kalt, vor allem so früh morgens) und schloss noch einmal meine Augen, um die kühle Bergluft einzusaugen.
Es roch nach Frühling (obwohl bald schon Sommer war), Tau und Nebel. Als ich die Augen wieder öffnete, beobachtete ich, wie die orange-goldenen Sonnenstrahlen durch die Nebelschwaden oben auf den Bergen schien und den Tau auf dem Gras zum Schmelzen brachte.
Aus der Ferne ertönte Vogelgesang und hier und da ein paar lautere Schnarcher von Bombur.
„Hörst du das?", fragte Kíli leise.
„Was?", fragte ich zurück und sah mich um. Der Zwerg hob langsam seinen Zeigefinger und deutete auf ein paar Büsche, die ein paar Meter höher am Berghang wuchsen.
Bei genauerem Hinhören erkannte ich hohe Zwitscher- und Flöttöne, die alle anderen Vögel zu übertönen schienen.
„Ein Nachtigallen Männchen", erklärte er. „Im Frühling singen sie die Nacht durch, um Weibchen anzulocken und in der Morgendämmerung versuchen sie damit, ihr Revier zu verteidigen."
Ich nickte interessiert und schloss wieder meine Augen, um dem schönen Vogelgesang zu lauschen.
Die Sonne war inzwischen wieder ein Stück weiter aufgestiegen und schien direkt in mein Gesicht.
So saßen wir weiter im feuchten Gras, lauschten der Nachtigall, sahen den Sonnenaufgang und genossen den Moment. Bald legte ich meinen Kopf an Kílis Schulter, der nichts dagegen zu haben schien, da er das nur mit einem warmen Lächeln kommentierte.
Ich atmete tief ein, sog den angenehmen Duft des Prinzen in mir auf und kuschelte mich näher an seine Schulter. Mir fiel jetzt erst auf, dass er nach Frühling duftete. Genauer gesagt nach einem komfortablen Lagerfeuer auf einer wohlriechenden Blumenwiese im Frühling. Viel später wurde mir erst gesagt, dass das Wasser Bruchtals jedem, der darin badete, einen angenehmen Duft verlieh, der bei jeder Person anders war. Er sollte wohl individuell zu den Badenden passen und sogar ihr Schweiß roch danach. Das musste auch der Grund sein, warum niemand in Bruchtal stank. Also wirklich niemand. Dasselbe war jetzt auch bei den Zwergen der Fall. Bei mir hatte sich nichts geändert, schließlich roch ich dank den Valar in Mittelerde sowieso wie eine Märchenfigur.

Bald begann Kíli leise zu summen; eine beruhigende Melodie, die an Zwergenstädte der alten Zeit erinnerte, und mich fast erneut ins Traumland schickte.
„Können wir daraus ein Lied machen?", murmelte ich müde lächelnd.
„Hm?", machte er.
Ich setzte mich langsam wieder auf und öffnete meine Augen.
„Ich finde, wir sollten ein Lied schreiben. Und das ist die Melodie."
Sofort musste er grinsen. „Find ich gut."
„Cool", lächelte ich, und weiter hinten ertönte endlich Gähnen.
„Heute Abend?"
Ich nickte und wir beide standen auf; jetzt, wo alle wach wurden, würde es bald Frühstück geben.

Mittelerde... Ernsthaft?! //Hobbit ff Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt