Kapitel 9 - Von majestic Thorin und den Trollhöhen

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Die erste Pause, die auch in den Filmen vorkam, legten wir am Fuße der Wetterberge ein, irgendwo in der Nähe der Wetterspitze. Es war bereits der späte Abend des sechzehnten Mais, als wir das Lager dort aufschlugen. Wie ihr schon merkt, würde es viel zu lang dauern, wenn ich wirklich jede Übernachtung bis ins kleinste Detail aufschreiben würde, also sind wir hier wieder acht Tage nach der Übernachtung in Bree.
Am Fuße der Berge waren wir wieder geschützt genug, um Feuer zu machen, um das Fíli, Kíli und ich noch saßen, während viele andere bereits schliefen.
Wie zum Beispiel Bombur, der lautstark schnarchte und dabei Fliegen ein und ausatmete.

Mein Blick schweifte vom rauchenden Gandalf einige Meter weiter wieder zu den Brüdern, die ebenfalls ihre Pfeifen in Händen hielten.
„Ihr wisst aber schon, dass rauchen ungesund ist, oder?", fragte ich in die Runde.
„Sagt wer?", lachte Fíli und nahm einen weiteren Zug.
„Die Wissenschaft. Noch nie was davon gehört, oder?", antwortete ich, worauf die beiden sich anguckten und leise lachten.
„Find ich nicht lustig", murmelte ich.
„Willst du auch mal?", kam es dann von Kíli und er hielt mir seine Pfeife hin.
„Ew, nein!" Ich verzog das Gesicht, kuschelte mich in Kílis übergroßen Mantel, den ich vor über zwei Wochen bereits für mich beansprucht hatte und drehte meinen Kopf weg. Bilbo war gerade zu Myrte geschlichen und streichelte sie am Kopf, während er einen Apfel aus seiner Tasche holte. Thorin lehnte am Felsen wenige Meter weit weg vom Feuer und war im Sitzen eingedöst. Hätte ich eine Kamera oder mein Handy dabei gehabt, hätte ich davon gern ein Foto gemacht.

„Bei Mahal, bekomme ich den eigentlich irgendwann wieder zurück?", fragte Kíli und deutete auf seinen Mantel, den ich eng um meine Schultern geschlungen hatte.
„Unwahrscheinlich", grinste ich. „Selbst Schuld, wenn du ihn mir gibst."
Plötzlich war aus der Ferne ein Kreischen zu hören; Fíli und Kíli sahen auf und auch Thorin schreckte aus seinem Dösschlaf hoch. Dabei stand ihm der blanke Horror ins Gesicht geschrieben, als wäre er von einem schlimmen Alptraum erwacht.

„Was war das?", flüsterschrie Bilbo, der von Myrte abgelassen hatte und besorgt zu uns ans Feuer kam.
Das Kreischen war erneut zu hören, kam diesmal aber von mehreren Quellen.
„Orks", antwortete Kíli.
„Orks?", wiederholte Bilbo und machte dabei ein Gesicht, als hörte er zum ersten Mal von etwas, das die Welt zerstören könnte.
„Halsschlitzer. Dutzende sind da draußen. In den leeren Landen wimmelt es von ihnen", erzählte Fíli ruhig, als würde er eine Kindergeschichte vorlesen.
„Sie schlagen kurz vorm Morgengrauen zu, wenn alles schläft. Schnell und leise, niemand schreit. Nur sehr viel Blut", ergänzte Kíli, dessen tiefe Stimme dabei beruhigender klang als sie bei dem Inhalt sollte.
Dann sahen die Brüder sich an und mussten leise lachen.
„Haltet ihr das für lustig?", wurden sie sofort von Thorin angemeckert, der inzwischen aufgestanden war. „Haltet ihr einen Orkangriff bei Nacht für einen Scherz?"
„Wir haben uns nichts dabei gedacht", sagte Kíli kleinlaut.
„Nein, habt ihr nicht." Thorin kam an Bilbo vorbei, der ganz im Bann seiner Majesticness zu stehen schien. „Ihr wisst nichts von der Welt."
Er drehte uns den Rücken zu, den Blick starr auf den Abgrund der Klippe gelegt.

„Nimm's ihm nicht übel, mein Junge", begann Balin, der zwischen ein paar Bäumen hervor kam und sich zu uns ans Feuer setzte.
Ich kuschelte mich noch weiter in den warmen Zwergenmantel, lehnte mich an der Gebirgswand zurück und schloss meine Augen, um Balins Geschichte zu lauschen und sie mit jedem Detail vor meinem inneren Auge zu sehen.
„Thorin hat mehr Grund als die meisten, die Orks zu hassen. Nachdem der Drache den Einsamen Berg an sich gerissen hatte, forderte König Thrór das uralte Zwergenreich Moria zurück. Doch unser Feind war bereits dort. Moria war von Orkscharen eingenommen worden, angeführt vom abscheulichsten ihres gesamten Volkes; Azog... Der Schänder. Der riesige Gundabadork hatte geschworen, Durins Geschlecht auszulöschen. Als erstes enthauptete er den König.
Thráin, Thorins Vater, trieb der Kummer in den Wahnsinn. Er verschwand. Ob gefangen oder getötet, niemand wusste es. Wir waren ohne Anführer. Niederlage und Tod kamen über uns.
Ja, und dann sah ich ihn; einen jungen Zwergenprinzen, der dem bleichen Ork die Stirn bot. Allein trat er diesem schrecklichen Widersacher entgegen; mit zerfetzter Rüstung, nichts als einem Eichenast als Schild in Händen. Azog der Schänder bekam an jenem Tag zu spüren, dass das Geschlecht Durins nicht so leicht zu bezwingen ist.
Unsere Truppen sammelten sich und drängten die Orks zurück. Unser Feind war besiegt. Doch kein Fest feierten wir und keine Lieder sangen wir in dieser Nacht, denn zu viele Tote hatten wir zu beklagen. Nur wenige von uns hatten überlebt. Damals sagte ich mir; diesem einen will ich folgen. Diesen einen kann ich König nennen."

Mittelerde... Ernsthaft?! //Hobbit ff Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt