Kapitel 22

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Schlitternd kam ich um eine Ecke, während mir Antiope mit wild flatternden Ohren und laut bellend folgte. Die Person hinter der Ecke sah ich erst, als es zu spät war. Ich konnte zwar noch stoppen, doch der Welpe hinter mir, stolperte über die viel zu langen Ohren, fiel mir genau in die Beine und somit landeten wir beide unsanft auf dem Boden und nahmen Granger gleich noch mit.
„T'schuldige. Antiope ist nicht gut im laufen." Der Hund gab ein zustimmendes Bellen von sich, während er versuchte, sich auf die Füße zu kämpfen. Dabei waren mal wieder die Ohren auf dem Weg, weshalb der Welpe auf den Hintern plumpste.
„Irgendwann fällst du noch wegen deiner Ohren eine Treppe runter." Ich stellte den Welpen wieder auf die Pfoten, achtete darauf, dass sie nicht auf den Schlappohren stand und wandte mich dann an Granger, welche ebenfalls wieder aufstand. Sie murmelte irgendwas vor sich hin, doch da ich mein Gehör nicht verbessern konnte, verstand ich kein einziges Wort.
Ich musterte das Mädchen neugierig. Sie war ohne Weasley und Potter unterwegs, was wirklich selten vorkam. Den Büchern, welche auf dem Boden verteilt lagen, nach zu urteilen, wollte sie wohl lesen, was sie durchaus öfter tat.
Neugierig musterte ich die Titel, doch mir fiel kein Buch ein, welches ihnen ähnlich sah. Nichts wirklich Überraschendes, schließlich vermiet ich den Kontakt mit ihnen. Wenn nicht gerade ein Schulbuch vor meiner Nase lag, würde ich es wohl nicht erkennen.
Es würde schon ausreichen, wenn Granger mit einer anderen Ausgabe herumlief, wo das Cover und die Schrift anders aussahen, damit ich ein Buch nicht mehr als eines, der mir bekannten, erkannte. Doch viel interessanter als die Bücher, war ihr Blick, als sie einmal in meine Richtung sah. Eine Mischung aus Trauer, Entschlossenheit und Reue waren in ihnen zu sehen. Eine Kombination, die ich von mir schon sehr gut kannte.
„Na, die Bibliothek ausgeraubt?" Ich begann der Gryffindor dabei zu helfen, die Bücher aufzusammeln.
„Was?" Sie ließ vor Schreck die gesammelten Bücher wieder fallen.
„Das war ein Scherz." Bei den zwölf Göttern, Sarkasmus war für Granger wohl ein Fremdwort. So viel zu: Lesen bildet. Ich sammelte die Bücher auf, drückte sie dem Mädchen in die Hand, dann wandte ich mich wieder an den Hund.
„Komm, Fellknäuel. Ab nach draußen. Bevor uns Granger noch mit ihrem Bücherwahn ansteckt." Der Hund sprang wild bellend in die Luft. Beim Aufkommen auf dem Boden waren die Öhrchen mal wieder unter den Pfoten, weshalb der Welpe ein drittes Mal in wenigen Minuten ausrutschte. Ich seufzte leise. Warum hatte ich mich noch einmal dazu bereit erklärt, auf den Hund aufzupassen?
„Smith, kann ich dich mal etwas fragen?"
„Du kannst alles fragen. Jeden jederzeit. Du solltest nur nicht erwarten, auf all deine Fragen eine Antwort zu bekommen." Ich wurde verwirrt angesehen. Offensichtlich wusste Granger nicht, ob es jetzt die Aufforderung war, die Frage zu stellen oder ob sie es lieber lassen sollte. Sie entschied sich wohl dafür, dass sie lieber riskierte, auf eine gestellte Frage keine Antwort zu kriegen, als auf eine Ungestellte.
„Hast du auch von Black ein Geschenk erhalten?" Meine Gedanken glitten zu den drei Zetteln, die ich aus der heulenden Hütte mitgenommen hatte. Bisher hatte ich das Lesen noch aufgeschoben. Doch geschenkt hatte mir Black die Schriftstücke nicht. Ich hatte sie eindeutig geklaut.
„Nein, habe ich nicht."
„Oh, tut mir leid."
„Dir tut es leid, dass Black mich nicht umbringen will?" Dieses Mädchen war doch wirklich komisch.
„Du gehst also davon aus, dass es ein erneuter Mordanschlag auf die drei war?" Ich zuckte mit den Schultern.
„Wenn man davon ausgeht, dass Black die drei umbringen will, muss man davon ausgehen, dass er ihnen kein schönes Weihnachtsfest damit wünschen wollte." Die Gryffindor nickte leicht, während sie nachdenklich einen Fleck an der Wand anstarrte. Komisches Mädchen.
Antiope und ich hatten gerade zehn Meter zwischen uns und Granger gebracht, als diese sich vorsichtig räusperte.
„Smith, was denkst du denn?" Ich musste leicht lächeln. Hatte da jemand meine Taktik durchschaut, nicht meine Gedanken preiszugeben? Offensichtlich hatte ich Granger ein wenig unterschätzt. Ich ließ das Lächeln verschwinden, bevor ich mich zu meiner Klassenkameradin umdrehte.
„Worüber soll ich etwas denken?"
„Über Black. Du hast gesagt, wenn man davon ausgeht, er wolle sie umbringen. Also muss es auch noch die Ansicht geben, er würde sie nicht umbringen wollen und man müsste am Ende zu einem anderen Schluss kommen. Also welcher Ansicht folgst du?" Ich zögerte kurz. Meine nächsten Worte würden sicherlich nicht gefallen finden. Doch Lügen würde ich definitiv nicht und Granger, ohne eine Antwort stehen zu lassen, wäre einer Antwort gleich.
„Wenn er wirklich das Ziel hat, die drei umzubringen, dann geht er ziemlich unklug vor. Er versetzt bei eigentlich völlig aussichtslosen Aktionen das ganze Schloss in Alarmbereitschaft, riskiert, erwischt zu werden, und gute Gelegenheiten lässt er einfach verstreichen. Ich meine, wer kommt bitte auf die bescheuerte Idee während Halloween in den Gryffindorturm einzubrechen, um einen Schüler umzubringen? Wir waren alle beim Festessen. Selbst wenn er nicht wusste, welcher Tag war, dann wäre er in einen vollbesetzten Gemeinschaftsraum gerannt. Alle Schüler Gryffindors zusammen, hätten ihn mit Sicherheit aufhalten können. Wenigstens bis Hilfe eingetroffen ist. Wenn er Potter umbringen wollen würde, warum hat er ihn dann nicht morgens umgebracht, als alle ernstzunehmenden Gegner in Hogsmeade shoppen waren? Potter ist alleine durchs Schloss gestromert. Ein super Ziel. Entweder hat Black einfach den Verstand verloren oder wir liegen falsch, was seine Motive angehen. Jetzt entschuldige mich. Antiope muss mal nach draußen und alleine fällt sie nur eine Treppe herunter." Mit diesen Worten drehte ich mich endgültig von Granger weg.

Hexagramm - SchlangenbrutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt