Kapitel 51

375 26 4
                                    

Vorsichtig tippte ich Adina auf die Schulter. Seitdem sie wusste, dass Sirius und ich Zusammenarbeiteten, war sie ziemlich angespannt. Die anstehenden Prüfungen trugen nicht gerade zu ihrer Entspannung bei.
„Rona, wenn es nicht absolut lebenswichtig ist, kann es warten", wurde mir mitgeteilt, ohne dass meine beste Freundin von ihrem Schulbuch aufsah.
„Es geht um Streuner", versuchte ich die Aufmerksamkeit zu kriegen.
„Du hast noch zwei Tage."
„Ich brauche mehr. Bitte."
„Und ich will mich nicht weiter damit rumschlagen. Vielleicht ist es dir noch nicht aufgefallen, aber in acht Tagen beginnen unsere Klausuren."
„Ich weiß. Remus hat kaum etwas anderes im Kopf. Er will vor mir verheimlichen, was in den Prüfungen dran kommt. Aber er ist dabei nicht sehr erfolgreich."
„Rona, nimm es mir nicht übel, aber die Lehrer räumen dir sämtliche Hindernisse aus dem Weg, was diese Abschlussprüfungen angeht. Mir nicht. Also nutze deine zwei Tage." Mit diesen Worten verschanzte sich die Wassernymphe wieder hinter ihren Lehrbüchern. Seufzend setzte ich mich neben Adina.
„Ist das dein letztes Wort?"
„Ja."
„Ich helfe dir beim Spicken."
„Ich will ehrlich meine Klausuren schaffen."
„Ich gebe dir die Hinweise, die Lupin von sich gibt."
„Ich betrüge nicht."
„Ich doch auch nicht. Ich höre zu."
„Rona, lass mich lernen. Mehr will ich nicht."
„Und ich will bis zum Schuljahresende Zeit."
„Nein."
„Ich gehe auch am Samstag mit dir in Hogsmeade shoppen. Du darfst mir neue Anziehsachen aussuchen. Und für Antiope passende Halsbänder." Adina legte ihre Lektüre wieder auf den Tisch ab. Stattdessen wurde ich nachdenklich angesehen. Ungeduldig wartete ich darauf, dass die andere Nymphe endlich ihre Entscheidung traf. Wahrscheinlich hieß es Kopf ab.
„Es ist dir wirklich wichtig, oder?"
„Ja, Streuner ist meine Familie."
„Die ist viel größer. Und alle anderen sind ein besser Umgang."
„Marlon und Streuner, sie sind meine Familie. Alle anderen sind Kiras Familie. Wenn Streuner –" Ich brach ab. Ich würde es mit Sicherheit nicht verkraften, wenn der ehemalige Askabangefangene von einem Dementor geküsst wird. Wenn ihm die Seele ausgesaugt wird. Ob sein Tod wohl der Auslöser meines Fluches war? Wie ich wohl auf Adina reagieren würde, wenn sie meinen Erzeuger verraten hatte und ich unter dem Fluch stand.
„Ende der Prüfungen. Das ist mein letztes Wort. Jetzt lass mich lernen. Zerbrich dir deinen Kopf über deine Probleme."
„Du wirst es nicht bereuen, Adina."

Ich lag gemütlich in der Sonne. Vor mir lag mal wieder ein Zeichenblock. Eine Dose mit Ingwerkeksen stand auf meiner linken Seite, eine Flasche mit Kürbissaft auf meiner Rechten. Jemand räusperte sich über mir. Neugierig drehte ich mich so, dass ich die Person erkennen konnte, welche sich genährt hatte. Professor Lupin stand neben mir und sah amüsiert auf mich herab.
„Was machst du da?"
„Ich zeichne. Heute ist Sonntag, also habe ich keinen Unterricht. Mehr noch. Mir wurde verboten, am heutigen Tage zu arbeiten."
„Und was machen deine Freunde?"
„Lernen. Sie sind ziemlich angespannt."
„Du nicht?" Ich schüttelte leicht den Kopf.
„Nee, die Lehrer verraten eh alle, was dran kommt. Einfache Psychologie."
„Ach ja, was kommt in Zauberkunst dran?"
„Aufmunterungszauber, das weiß der ganze Jahrgang."
„Und in Pflege magischer Geschöpfe?"
„Flubberwürmer. Nach dem Desaster mit Seidenschnabel hat Hagrid Angst uns irgendetwas anderes alleine betreuen zu lassen."
„Ja, der arme Seidenschnabel. Er war immer ein kleiner, lieber Hippogreif." Ein wehmütiger Gesichtsausdruck erschien auf dem Gesicht des Lehrers. Ich wartete ein wenig, ob er von sich noch weiter erzählen würde, doch als er es nicht tat, hakte ich ein wenig nach.
„Kanntest du Seidenschnabel als Baby?" Der Lehrer begann zu lächeln.
„Es war ein Schulprojekt. Wir sollten ab der sechsten Klasse Tierwesenbabys aufziehen. Eines von ihnen war Seidenschnabel. Genauer gesagt, zog ich ihn auf."
„Jetzt wird er hingerichtet. Das tut mir leid. Ich finde, Draco ist selber schuld. Man solle den Hippogreifen nicht hinrichten. Das ist barbarisch." Der Lehrer schüttelte amüsiert den Kopf.
„Die Zauberer sind in vielen Bereichen noch ein wenig traditioneller. Bis Newt Scamanders Buch über magische Tierwesen hat man alle als eine Art Ungeziefer gesehen. Nur ein Risiko, welches de Magier verraten könnte. Es war klar, sie würden Seidenschnabel zu Tode verurteilen. Dagegen können wir leider nichts machen. Ich habe mit Hagrid abgesprochen, dass ich ihn heute besuchen gehe. Begleite mich doch." Ich nickte begeistert.

Hexagramm - SchlangenbrutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt