Nymphedora sah belustigt auf mich herab, während ich sie mit einem Engelsgrinsen bedachte.
„Ich habe mir meine Hand verstaucht." Meine Privatlehrerin schüttelte belustigt den Kopf.
„Deshalb wurde ich angerufen."
„Ich meinte, ich könnte die paar Meter nach Hause auch laufen. Damit du nicht extra hierhin fahren musst."
„Die paar Meter fahre ich auch eben. Na los, ab ins Auto mit dir. Und mach ein Drama daraus, damit jeder dir abnimmt, dass du in den nächsten Tagen kein Ballett mehr tanzen kannst."
„Ich kann mit einer verstauchten Hand-" Nymphedora lachte leise. Sie nahm es mir nicht ab. Zu Recht.
„Ich habe mir praktischerweise nicht meine Zeichenhand verletzt", erkläre ich stolz.
„Was ein praktischer Zufall." Der Sarkasmus in der Stimme der Aurorin war kaum zu überhören.
„Ja, ich weiß. Ein wenig Glück muss man im Leben haben. Und ich habe heute mit Jo zu Mittag gegessen."
„Habt ihr ein nettes Gespräch geführt."
„Nein, sie hat gelesen und ich gezeichnet. Auch wenn es damit eigentlich falsch herum ist. Weil ich jetzt die Position von Adina einnehme, müsste ich beim nicht Reden lesen und Jo müsste als ich zeichnen."
„Jo ist nicht du und du bist nicht Adina. Daher solltet ihr es beibehalten, dass du zeichnest und sie ließt."
„Glaube ich auch."Nymphedora öffnete die Haustür.
„Wir sind wieder zurück." Im Haus hörte man Schritte.
„Oh, meine arme Charlotte!" Prudence Cunningham kam mit besorgter Mine angerannt.
„Ich habe mir nur meine Hand verstaucht. Nichts Schlimmes." Dem Blick meiner Adoptivmutter nach zu urteilen, war es ein Weltuntergang. Was ich nicht nachvollziehen konnte.
„Wir fahren gleich ins Krankenhaus. Du armes Mädchen."
„Wir brauchen nicht ins Krankenhaus. Die Schulkrankenschwester hat sich meine Hand angeguckt. Die ist verstaucht."
„Nein, wir fahren ins Krankenhaus." Ich sah hilfesuchend zu Nymphedora. Zwar hatte ich keine Angst, meine Simulation würde auffliegen, allerdings wollte ich meinen Nachmittag nicht damit verschwenden im Krankenhaus rumzuhocken. Lieber wollte ich wieder raus in das Ghetto, um Jo und ihre beiden Brüder besuchen zu gehen.
„Finden sie es nicht ein wenig übertrieben, wegen einer diagnostizierten verstauchten Hand den ganzen Nachmittag im Krankenhaus zu verbringen? Vielleicht sollten sie Charlotte lieber von ihrer Überraschung erzählen." Neugierig sah ich wieder zu meiner Adoptivmutter. Eine Überraschung interessierte mich wesentlich mehr als das Krankenhaus dieser Stadt.
„Henry und ich haben dir einen Hund gekauft. Mrs Whittaker hat uns erzählt, du hast in deiner alten Schule, immer mit einem gespielt hast. Wir dachten, es würde dich freuen, wenn du hier wieder mit einem Spielen könntest. Er ist im Wohnzimmer." Auch wenn der dritte Satz nicht ganz die Realität widerspiegelte, fing ich an, breit zu grinsen.
„Danke." Bevor noch jemand reagieren konnte, rannte ich in das Wohnzimmer. Auf zu meinem ersten richtigen, eigenen Haustier.
Neugierig sah ich mich im Wohnzimmer um. Mein Blick glitt an dem kleinen Körbchen hängen, welches in einer Ecke stand. Ein richtig kleiner Fellball lag darin zusammengerollt. Jedenfalls im Vergleich zu Antiope. Der Hund brauchte vielleicht ein Drittel des Platzes, welcher Antiope immer für sich beansprucht hatte.
„Na, was bist du denn für ein kleines flauschiges Ding." Ich kniete mich vor den Korb, weshalb das Tier darin den Kopf anhob. Er wirkte irgendwie zu groß für seinen restlichen Körper.
„Oh, du bist aber ein süßer, kleiner flauschiger Welpe." Ich kraulte das Tier liebevoll hinter den rotblonden Ohren. Die obere Hälfte des kugelrunden Kopfes war in dieser Färbung, der Rest des Hundes war hellblond fast schon weiß.
„Er ist kein Welpe, sondern schon ein erwachsener Hund." Ich drehte mich wieder zu Prudence Cunningham um, welche ebenfalls in diesen Raum gekommen war.
„Aber er ist so winzig."
„Ein Zwergspitz. Sie bleiben so klein. Ich habe auch ein paar Handtaschen gekauft, in denen du ihn draußen setzen kannst und Kleidung für ihn."
„Kann er nicht laufen?"
„Er ist kerngesund. Ansonsten hätten wir ihn nicht von den Züchtern gekauft." Ich sah die Frau verwirrt an. Was sollte ich mit einer Tasche für das Tier, wenn es laufen konnte? Dann sollte der Hund doch auf seinen kleinen winzigen Flauschepfötchen mit mir durch die Gegend trappeln.
„Wie heißt er denn?"
„Du kannst ihm einen Namen geben."
„Ja, aber muss vorher doch einen Namen gehabt haben."
„Jetzt lebt er bei uns, also kriegt er einen neuen Namen." Ich seufzte leise. Diese Logik konnten auch wirklich nur Pflegeeltern verfolgen. Ein neues zu Hause bedeutete automatisch man solle einen neuen Namen, eine neue Identität annehmen. Doch ein Name änderte am Ende gar nichts.
„Er erinnert mich an einen Teddybär. Ich nenne ihn Bärchen. Kann ich mit ihm spazieren gehen? Bitte."
„Nur im Garten."
„Aber Hunde brauchen Bewegung. Eine kurze Runde durch den Garten reicht bestimmt nicht aus. Kann ich nicht richtig mit ihm Gassi gehen?"
„Dann nimm Miss Whittaker mit. Ich bin dagegen, dass du dich irgendwo alleine rumtreibst." Ich grinste breit.
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Hexagramm - Schlangenbrut
FanficDreizehn Nymphen, drei Verschollene und eine Entführte. Dreizehn fast ausgerottete Familien, doch dadurch auch zwölf Jahre Frieden. Rona Smith scheint auf den ersten Blick mit den Ereignissen von vor zwölf Jahren nichts zu tun zu haben. Die Namen Ca...