Ich hatte gerade die Treppe zu den Kerkern erreicht, als sich hinter mir jemand räuspert. Ich musste mich nicht einmal umdrehen, um die Stimme als Professor Snapes zu identifizieren.
„Professor Snape. Brauchen sie ein Hustenbonbon?" Ich versteckte meine Hände hinter meinen Rücken. Niemand sollte sehen, was ich mir selbst angetan hatte. Es zeigte nur, wie schwach ich mal wieder gewesen war.
„Professor Dumbledore sucht nach ihnen, Miss Smith." Das war keine überraschende Information. Wahrscheinlich wollte er mich persönlich dafür zur Schnecke machen, dass ich mich nun einmal so benahm, wie ich es nun einmal tat.
„Sicher, ich werde sofort zu ihm gehen." Ich wechselte die Richtung, um wieder die Treppe hinaufzulaufen.
„Miss Smith."
„Ja, Professor?" Ich drehte mich wieder zu Snape.
„Was wissen sie über ihre Familie?" Ich musterte kurz meinen Lehrer. Er wollte nicht wissen, was ich wusste. Es gab nur eine einzige Information, die ihm wirklich interessierte. Ob ich wusste, wer mein Vater war.
„Ich weiß, wer biologisch gesehen meine Familie ist, Professor." Der Lehrer sah nachdenklich zu mir.
„Warum verstecken sie ihre Hände?" Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Wie bitte, Professor?"
„Sie achten darauf, dass ihre Hände immer hinter ihrem Körper sind. Zeigen sie her." Er griff nach meinem Arm. Damit blieb mir keine andere Wahl, als ihm meine verletzten Hände zu zeigen. Der Zaubertranklehrer betrachtete sie kurz, dann gab er mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, ich solle gehen.
„Sie sollten zuerst Madame Pomfrey aufsuchen." Madame Pomfrey. Ich konnte mich nicht daran erinnern, diesen Namen jemals gehört zu haben. Was nach zwei Tagen auch nicht wirklich überraschend war. Doch wenn ich nach der Betrachtung meiner Verletzung zu ihr gehen sollte, war sie wahrscheinlich eine Heilerin.
„Ich muss nicht in den Krankenflügel, Sir." Der Lehrer ignorierte meinen Einwand einfach.
„Ich vermute mal, sie waren bisher noch nicht dort. Der Weg ist viel zu lang, damit er sich nach dem ersten Mal hören eingeprägt werden kann. Ich werde sie hinbringen." Der Lehrer drehte sich auf dem Absatz um. Er lief die Stufen herauf. Dabei wehte sein Umhang ein wenig.
Nur ziemlich zögerlich folgte ich Professor Snape. Er wirkte gar nicht sauer auf mich, sondern seltsam ruhig. Eine Tatsache, die mich ehrlich gesagt ziemlich beunruhigte. Ich kannte die Erwachsenen, die tobten, herumschreien, wütend waren, doch dass ich mich in die Scheiße ritt und die sogenannte Autoritätsperson ruhig blieb, war mir etwas Neues. Das konnte wohl noch interessant werden.Madame Pomfrey stellte sich als eine nette, ergraute Frau heraus, die Snape und mich kritisch musterte. Allerdings konnte sie bei keinem von uns offensichtliche Verletzungen entdecken. Meine Hände waren wieder hinter meinen Rücken versteckt.
„Was kann ich für sie tun?"
„Miss Smith, hatte eine Auseinandersetzung mit einer Wand." Einem Baum, doch trotz allem war es beeindruckend, dass er die Situation so gut durchschaut hatte.
In den blauen Augen der Krankenschwester sah man die Sorge um mich aufflackern.
„Setzen sie sich erstmal hin." Ich wurde vorsichtig auf ein Bett gesetzt.
„Dann zeigen sie mir mal ihre Hände." Offensichtlich war auch die Krankenschwester nicht auf den Kopf gefallen. Bisher war nach ähnlichen Anmerkungen gegenüber Ärzten und Krankenschwestern meistens die Frage gefolgt, wo ich denn verletzt wäre.
Nur ziemlich zögerlich hielt ich ihr die verletzen Körperteile hin. Sie zog scharf die Luft ein. Wahrscheinlich sah sie nicht oft jemand, der so stark und vor allem, solange irgendwo gegen schlug.
„Eine sehr hölzerne Wand offensichtlich." Sie musterte die Splitter in meiner Hand kritisch.
„Eine sehr baumige Wand", murmelte ich kleinlaut. Die Krankenschwester hatte ein liebevolles Lächeln im Gesicht.
„Das kriegen wir wieder hin." Sie musterte meine verletzten Hände aufmerksam.
„Die Knöchel sind gebrochen, die Haut darüber futsch. Nichts Wildes. Ein paar einfache Heilzauber und das Ganze ist wieder heil." Madame Pomfrey musterte mich kritisch, dann noch einmal meine Hände.
„Ich stimmte ihrer Prognose zu." Die Heilerin zog ihren Zauberstab heraus. Mit diesem zielte sie auf meine Verletzungen. Ein Zauber wurde gemurmelt, meine Hände fingen an zu kribbeln.
Im nächsten Moment sah meine Hand wieder so aus, hätte ich niemals gegen den Baum geschlagen. Vorsichtig ich wackelte ich mit meinen Fingern. Es ging wieder, also waren die Knöchel wieder heile. Die Schmerzen waren wieder verschwunden.
„Zur Sicherheit werde ich ihre Hände mit einer Heilsalbe einschmieren und sie bandagieren. Unterlassen sie bitte weitere Auseinandersetzungen in den nächsten Tagen, egal ob nun mit Wänden, Bäumen oder anderen Menschen. Und auch danach wäre eine Auseinandersetzung mit einem Boxsack eher zu empfehlen, als sich wieder mit einem Baum oder einer Wand anzulegen." Ich nickte leicht, um zu signalisieren, dass ich ihre Anweisungen zur Kenntnis genommen habe.
Wahrscheinlich würde ich mich an keine der Anweisungen halten. Anstelle einen Boxsack zum Wutabbau zu nutzen, würde ich mich wohl wieder an das Wenden, was gerade da war. Das waren nun einmal meistens Bäume, Wände oder Mauern. Auch der Rat die nächsten Tage nicht in Schlägereien oder Ähnliches verwickelt zu werden, würde mit Sicherheit spätestens morgen scheitern, wenn ich wieder mal bei Ares war.
Eigentlich trainierten wir meine Fähigkeiten mindestens einmal am Tag. Dazu gehörte nun einmal auch, dass ich mal mit meiner Faust nach ihm schlug. Nicht immer traf sie dann auch das gewünschte Ziel. Na gut, es traf nur selten das wirklich erwünschte Ziel. Ares wollte schließlich genauso wenig von mir vermöbelt werden, wie ich von ihm. Allerdings hatte er als Kriegsgott mit Tausenden von Jahren Erfahrung eindeutig einen Vorteil gegenüber mir.
So kam es oft, dass meine Faust nicht seine Nase, sondern ein anderes Körperteil im schlimmsten Fall sogar ein Teil seiner Rüstung, traf. Letzteres war besonders schmerzhaft. Meistens waren danach meine Knöchel mal wieder zertrümmert.
Ich hatte keine Ahnung, welche Materialien die Kobolde damals zur Fertigung genutzt haben, doch ich hätte auch gerne so eine. Aus zwei Gründen: Ares meinte immer, sie wäre mindestens so gemütlich wie ein Pyjama, was wirklich ein sehr gutes Argument dafür war, außerdem würde es mir mit Sicherheit helfen, wenn ich mich mal wieder in irgendeine Dummheit stürzte. Etwas passendes zum Anziehen würde mir auch sehr entgegenkommen.
Doch die Krankenschwester sah nur das Nicken und nicht die Gedanken dahinter, weshalb sie noch einmal meine Schultern tätschelte, bevor sie mich entließ.
DU LIEST GERADE
Hexagramm - Schlangenbrut
FanfictionDreizehn Nymphen, drei Verschollene und eine Entführte. Dreizehn fast ausgerottete Familien, doch dadurch auch zwölf Jahre Frieden. Rona Smith scheint auf den ersten Blick mit den Ereignissen von vor zwölf Jahren nichts zu tun zu haben. Die Namen Ca...