Kapitel 30

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„Was hast du dir dabei gedacht?" Nymphedora kam in mein Zimmer gestürmt. Verschlafen rieb ich mir über die Augen. Eigentlich hatte ich gerade noch friedlich in meinem Bett gedöst, nachdem ich die letzte Nacht noch solange draußen gewesen war.
„Könntest du dich dabei etwas spezifizieren? Ich habe keine Ahnung, was du genau meinst." Mir wurde eine Zeitung auf den Schoß geklatscht. Neugierig musterte ich die Bilder. Eines zeigte die kleine Apotheke, in die ich mit Juan und Jordi eingebrochen war. Ich vermute mal, die Aurorin war auf die Idee gekommen, dass ich bei diesem Einbruch beteiligt war. Doch nur für den Fall, dass sie es nicht wusste, würde ich mich wohl besser dumm stellen.
„Eine Zeitung."
„Der Einbruch in der Apotheke."
„Was ist damit?"
„Drei Teenager. Einer davon vermutlich ein Mädchen, welches wohl an einer Regenrinne eine Hauswand hochgeklettert ist und mit einer Steinschleuder die Reifen eines Streifenwagens zerschossen hat. Ach ja, und vom Dach ist sie auf magische Art und Weise verschwunden. Dadurch sind die drei Einbrecher entkommen. Du warst dieses Mädchen! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Hätten dich die Polizisten erwischt, was hätten wohl die Cunninghams gemacht? Reicht es nicht, dass du dich eh schon ständig mit ihnen streitest, weil du keine Hausaufgaben machst und die Ballettstunden schwänzt?" Unsicher spielte ich mit meinen Fingern. Eigentlich war ich davon ausgegangen, Nymphedora würde es besser aufnehmen, falls sie von meiner Straftat erfuhr.
„Ich-", wollte ich mich gerne erklären.
„Nein, du bist ab jetzt still. Ich habe dir offensichtlich in den letzten Tagen zu viel durchgehen lassen. Ab jetzt verlässt du dieses Haus nicht mehr, bevor du nicht sämtliche deiner Hausaufgaben erledigt hast. Und wenn ich noch einmal höre, dass du dich in diesem Ghetto rumgetrieben hast, gehst du gar nicht mehr raus. Hast du mich verstanden?"
„Aber-"
„Spar es dir, Patricia Prim! Ich will nichts mehr hören." Die Aurorin drehte sich wütend von mir weg. Mit eiligen Schritten lief sie in Richtung Tür. Diese knallte sie hinter sich zu. Ich rollte mich wieder in meinem Bett zusammen. Offensichtlich verstand mich Nymphedora genauso wenig wie alle anderen hier. Dabei war ich wirklich davon ausgegangen, sie würde es tun.

Stubenarrest war wesentlich entspannter und lustiger, als ich gedacht hätte. Vor allem im Vergleich zum Nachsitzen. Niemand beobachtete jeden meiner Schritte, niemand fragte mich alle paar Sekunden, ob ich jetzt nicht doch mal meine Hausaufgaben machen wollte. Nur immer wenn ich mit Bärchen spazieren gehen wollte, kam die Frage, doch bisher wurde mir dieser Spaziergang noch nicht verwehrt. Es könnte auch daran liegen, dass ansonsten jemand anderes mit meinem Hund spazieren gehen musste.
Seitdem ich mich mit Nymphedora gestritten hatte, schien der Hund auch eine Abneigung gegen die Aurorin entwickelt zu haben. Man konnte von dem Minikuscheltier halten, was man wollte, doch es hatte viel Energie und war eine treue Seele. Damit hatte es sich irgendwie in mein Herz geschummelt.
Thema Bärchen, langsam wurde es mal wieder Zeit mit dem kleinen Hund raus zu gehen. Ich legte meinen Stift zur Seite, mit welchem ich gerade gemalt hatte.
„Komm mit, du kleines Kuscheltier. Zeit für unseren Spaziergang im Garten." Ein glückliches Bellen war die Antwort. Kaum hatte ich meine Zimmertür geschlossen, ging schon die von Nymphedora auf. Die Aurorin sah mich mit verschränktem Armen an.
„Wo willst du hin?"
„Bärchen muss raus. Ich gehe eine halbe Stunde mit ihm in den Garten wie immer."
„Hast du deine Hausaufgaben wenigstens angefangen?" Ich schüttelte den Kopf. Das hatte ich selbstverständlich nicht. Immer die gleichen dummen Fragen. Nymphedora glaubte wohl an den Spruch, nach dreimal Fragen ändert sich die Antwort.
„Dein Vater hat einen Kunden bei sich. Sei am besten ein wenig leiser, wenn du in der Nähe von dem Büro bist." Ich nickte leicht. Aufmerksamkeit von meinem Adoptivvater wollte ich wahrlich nicht.
Vor seinem Geschäftspartner würde er mir zwar nicht die Hölle heiß machen, doch ich würde mit Sicherheit heranzitiert werden, damit ich mich auf vernünftige und charlottehafte Art und Weise vorstellen konnte. Sobald der Kunde weg war, würde dann die Standpauke folgen. Das musste ich nicht herausfordern.
Die Cunninghams würde ich sowieso nicht wieder loswerden. Sie hatten mich ab jetzt am Hals und ich sie. Nicht einmal die Option mich ins Internat abzuschieben hatten sie, solange ich unter Polizeibewachung stand. Also wäre jegliche Provokation unnötig.

Hexagramm - SchlangenbrutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt