Kapitel 14

213 6 0
                                    

Carolines Sicht:
„Und wo gehen wir hin?", fragt Roman, während er zu mir aufschließt.
Ich dränge mich durch das Getummel der Menschen und achte gar nicht richtig darauf, ob Roman hinterher kommt. Viel mehr achte ich darauf, dass mich keiner erkennt und anspricht.
„Auf den Weihnachtsmarkt", nuschel ich die Antwort in meinen Schal.
„Im November?"
„Ja", ich nicke leicht und biege ab auf den Weihnachtsmarkt.
Ohne große Umwege gehe ich auf einen der Waffelstände zu und bestelle mir eine große Portion Mutzen.
„Möchtest du auch etwas Süßes? Oder ist dir lieber nach Grillwurst?", wende ich mich an Roman, während ich auf meine Bestellung warte.
„Ich nehme eine Waffel", erwidert dieser und lässt seine Zähne in einem Lächeln aufblitzen.
Ich bestelle noch eine Waffel mit Puderzucker dazu und nehme meine Mutzen entgegen. Sobald Roman seine Waffel hat, setzen wir uns abseits der Menschenmenge auf eine Bank.
„Woher kommst du eigentlich?", frage ich Roman neugierig.
Er schluckt seine Waffel runter und antwortet: „Aus Frankfurt."
Meine Augen beginnen zu leuchten, das weiß ich auch ohne Spiegel ganz genau.
„Frankfurt? Da wollte ich schon immer mal hin. Ich wollte da sogar studieren, bis...", ich beiße mir auf die Zunge. Fast hätte ich mich verplappert.
„Bis was?", hakt Roman nach.
Ich schüttel den Kopf: „Egal. Und warum seid ihr in dieses kleine Dorf gezogen? Das muss doch richtig langweilig für euch sein."
„Wir wollten einfach Ruhe. In der Großstadt war es uns zu hektisch. Wobei es hier grad nicht viel anders ist", erklärt Roman und grinst am Ende belustigt.
„Unser Weihnachtsmarkt gilt als einer der schönsten. Da kommen die Touristen teilweise ganz aus Italien. Frag mich nicht, was so besonders ist", erwider ich darauf verständnislos.
„Du sagtest, du wolltest studieren", wechselt Roman das Thema. „Was denn?"
Genau. Ich wollte... Es war mein größter Wunsch damals, nach Frankfurt zu ziehen und dort Medizin zu studieren. Ich wollte Kinderärztin werden, spezialisiert auf Krebs. Ich wollte anderen helfen. Was für eine Ironie...
„Alles in Ordnung?"
Erst jetzt bemerke ich, die Tränen, die sich in meinen Augen gesammelt haben. Ich setze ein Lächeln auf, blinzel die Tränen weg und nicke.
„Ja, ich war nur in meinen Gedanken vertieft. Ich würde gern Medizin studieren und mich auf Krebs spezialisieren. Meine kleine Schwester hatte Krebs, sie ist daran vor einem knappen Jahr gestorben...", es ist zumindest die halbe Wahrheit. Nur, dass ich nie eine Schwester mit Krebs hatte...
„Das tut mir leid", murmelt Roman und umarmt mich unerwartet.
Ich lasse es mir nicht anmerken, aber mir gefällt es so in seinen Armen zu liegen. Ich fühle mich sicher und geborgen. Als wenn der Krebs mir so nichts anhaben könnte. Doch so ist es leider nicht...
Ich löse mich aus der Umarmung und lächel schwach: „Ist schon in Ordnung. So langsam komme ich damit klar..."

The Destiny in your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt