Kapitel 42

137 4 2
                                    

Carolines Sicht:
In Steffis Jeans und einem Pullover von ihr stehe ich in der Küche und koche Kaffee für uns vier zum Frühstück. Ich such gerade nach einem Löffel, als Roman wütend in die Küche läuft.
„Warum hast du mir davon nicht erzählt?!", fragt er mich. Ich kann nicht raushören, ob er mehr enttäuscht oder mehr wütend ist über dieses „davon". In seiner Hand kann ich mein Handy erkennen, das er schließlich auf die Küchentheke knallt. „Wie lange weißt du schon davon?"
„Wovon sprichst du?", frage ich sichtlich verwirrt.
„Die neue Methode, die deinen Krebs heilen kann! Wieso hast du die nicht ausprobiert?", ich sehe den Schmerz in Romans Augen.
„Hast du in meinem Handy geschnüffelt?!", schreie ich ihn aufgebracht an. Es ist ein Schutzmechanismus...
„Lenk nicht vom Thema ab!"
„Hey, was ist denn hier los?", Steffi kommt auf uns zu.
„Halt dich da raus!", schreit Roman sie an.
„Hör auf, rumzuschreien, Roman", kommt jetzt auch Heiko dazu.
„Verschwindet!", in Romans Augen brennt ein Feuer der Wut.
Heiko zieht Steffi von ihm weg und verlässt mit ihr die Küche. „Beruhig dich und hör auf so zu schreien", warnt er nochmal, ehe er weg ist.
Roman dreht sich wieder zu mir und verschränkt die Arme ineinander. „Rede."
Ich forme meine Augen zu Schlitzen. So nicht.
„Wenn du aufhörst, mich anzuschreien", sage ich schließlich.
„Caroline, jetzt komm raus mit der Sprache", zischt Roman immer noch wütend.
„Weißt du eigentlich, was diese Methode erfordert?! Wenn das nicht klappt, bin ich schneller tot, als wenn ich es sein lasse", Tränen bilden sich in meinen Augen. „Das will ich nicht, ok?"
„Wenn es klappt, bist du den Krebs los", Roman bleibt stur.
„Du hast doch gar keine Ahnung! Du weißt nicht, wie es ist, jeden Tag mit der Angst zu leben, es könnte der letzte sein. Dir fällt nicht jeder Atemzug schwer und wenn du krank bist, bist du krank, ich hingegen unterschreibe mit einer Grippe mein Todesurteil. Und obwohl das alles so schwer ist und ich mein Leben quasi aufgegeben habe, bin ich noch hier", platzt es aus mir heraus. „Ich könnte mich auch einfach umbringen, um dem Scheiß ein Ende zu setzen. Aber ich tu es nicht! Denn mein Leben besteht aus mehr als nur meinen Hobbies. Ich habe Familie, ich habe Freunde, ich habe dich! Ich habe Menschen, die es tatsächlich noch schaffen, mein Leben lebenswert zu machen und mir ein echtes Lächeln auf die Lippen zu zaubern - nicht nur dieses Fakelächeln für all diejenigen, die mich bemitleiden. Aber wenn du willst, dann kann ich es natürlich auch aufs Spiel setzten", ich greife nach meinem Handy und gehe in den Flur, um meine Schuhe anzuziehen. „Dann kann ich mich dafür entscheiden, nächste Woche zu sterben."
Roman schaut mir bloß perplex hinterher. Ich schaue ihm in die Augen: „Denn die Chance, dass es klappt, liegt nicht mal bei 10 Prozent."
Ich sehe noch, wie Roman schwer schluckt. Dann drehe ich mich weg, greife nach meiner Jacke und stürme aus dem Haus. Ich brauche dringend einen klaren Kopf.

The Destiny in your eyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt